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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Glockengeläut – als zweiter Julius Caesar wurde er gefeiert. Dreizehn Triumphbogen trugen die Inschrift: »Julius dem II., dem Befreier und hochverdienten Vater«. Die Bolognesen brüllten: »Es lebe Julius, der Vater des Vaterlandes, der Erhalter der Freiheit Bolognas!« Und mußten alsbald erleben, daß ihnen der Befreier eine Zitadelle in die Stadt setzen ließ, eine Zwingburg, die sie schließlich ebenso zertrümmerten wie seine von Michelangelo geschaffene Monumentalstatue, ein mit Phidias' Werken verglichenes Bronze-Standbild – auf papalen Wunsch in dreifacher Lebensgröße –, woraus man dann eine Kanone goß, höhnisch »La Giulia« genannt. 35

Julius II. bekriegt mit Frankreichs Hilfe die Venezianer und mit Venedigs Hilfe die Franzosen

    Das nächste Opfer des Papstes wurde die mächtige Markusrepublik. Da der Rovere als Kardinal stets ihr Freund gewesen, hatte sie auch seine Wahl unterstützt. Doch gebot Venedig über einige Städte in der Romagna, die Julius beanspruchte: Ravenna, Faenza, Cervia, Rimini. In ihrem Entzug sah er, so unterbreitete er dem Dogen am 10. Januar 1504, eine »Beleidigung Gottes und Verlust Unseres Ansehens« und wollte eines Tages gar, wie er dem Botschafter Paolo Pisani zurief, die Beherrscherin der Meere »wieder zu einem Fischerdorf machen«.
    Schon 1504 hatte Julius II. seine Nuntien an die Großmächte Frankreich, Spanien und Deutschland geschickt, um sie der erwähnten Städte wegen gegen Venedig zu jagen; hatte er doch als Kardinal auch bereits König Karl VIII. zur Invasion in Italien getrieben (S. 329). Am 10. Dezember 1508 nun schloß er die Liga von Cambrai, vereinte er Ludwig XII. von Frankreich, Maximilian I., Ferrara, Mantua, Urbino und Florenz gegen die Republik. Und während darauf die französischen Heere und das päpstliche Kriegsvolk unter dem Nepoten Francesco Maria Rovere, Herzog von Urbino (S. 342), gegen Venedig vorrücken und er den Bann wider die Lagunenstadt schleudert, wird diese am 14. Mai 1509 durch die mörderische Schlacht bei Agnadello (Provinz Cremona) an den Rand des Ruins gebracht. 36
    Als Ludwig XII., der Kaiser und der Papst, dem man die begehrten Städte inzwischen ausgeliefert, Friedensangebote abschlagen, rät der Sohn des Dogen, Marco Loredano, bei den Türken Hilfe zu suchen »gegen den Henker des Menschengeschlechts, der sich dessen Vater nenne«. Doch im Februar 1510 verbündet sich Julius II. mit den Venezianern, da er nicht das stärkste Bollwerk wider die Türken zerstört haben, auch von den Großmächten nicht abhängen wollte und rief jetzt: »Wenn Venedig«, das er vor kurzem noch zu einem Fischerdorf zu machen gedachte, »nicht da wäre, so müßte man es erschaffen.«
    Er fiel von der Liga ab. Und hatte er sich zuerst Frankreichs zur Eroberung von Bologna bedient, so koalierte er jetzt in einer der für ihn typischen rasch wechselnden Allianzen mit Venedig gegen Frankreich, dem allein er seinen Sieg über Venedig verdankte, dessen Kardinal von Clermont er in härtester Haft in der Engelsburg hielt. Dazu gewann er im März 1510 die Schweizer, die ihm vertraglich sechstausend Krieger gegen jeden Feind garantierten, nachdem er ihren Bischof Matthaeus Schinner von Sitten, einen fanatischen Franzosenhasser, zum Kardinal ernannt hatte. Und er gewann Spanien, dessen König Ferdinand II. von Aragón er ohne Berücksichtigung der französischen Ansprüche im Juli 1510 mit Neapel belehnte.
    Trotz seiner Einkreisungspolitik freilich mißlang Julius der von ihm selbst mit großen Erwartungen angeführte Feldzug gegen den Herzog von Ferrara Alfonso d'Este, den dritten Mann Lukrezia Borgias, einen engen Verbündeten der Franzosen. Und im Mai 1511 nahmen diese Bologna ein, die Bentivogli herrschten wieder, das Volk zerschmetterte mehrere Bildsäulen des Papstes, warf seine Zwingburg nieder. Der Legat und Günstling Kardinal Francesco Alidosi, Julius' Liebling, ein habgieriger Gangster, der als Erzbischof der Stadt ein Schreckensregiment ausgeübt, vier Senatoren und viele Bürger hatte köpfen lassen, mußte fliehen. Dann wurde der mit Truppen heraneilende Herzog von Urbino, Francesco Maria, Julius' Neffe, geschlagen, wobei man die ganze Artillerie einbüßte. Auch Mirandola, erst unlängst erobert, ging wieder verloren. »Wenn der Herzog in meine Hände kommt«, schrie der Papst, »so will ich ihn vierteilen lassen.« Und als Kardinal und Herzog sich dann vor dem Pontifex gegenseitig beschuldigten, stach kurz darauf der Julius-Neffe den

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