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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Beilegung des Konflikts zwischen England und Frankreich, um im Osten Krieg führen zu können.
    Dies mißlang, denn die Herren führten jetzt einen Kreuzzug gegeneinander, und als gute Christen führten sie ihn, auf beiden Seiten, mit Gott. Schon den Tag vor dem Gemetzel, einem der schlimmsten dieses Krieges, hatten sie nicht nur mit Schlachtvorbereitungen, sondern auch mit einem Gottesdienst verbracht, ein ehrwürdiger Brauch vor allen größeren christlichen Abstechereien. So waren erst wenige Jahre früher, 1351, vor dem berühmten Treffen »combat des trente« in der Bretagne die Ritter gleichfalls zu einer hl. Messe versammelt und lagen dann auf dem Kampfplatz so dicht übereinander, daß manche Leiche erst Tage später entdeckt worden ist.
    König Johann II. von Frankreich (1350–1364), der damals über das stärkste französische Heer des Jahrhunderts gebot, brannte auf das Blutvergießen. Denn hieß er auch später »le Bon« (was freilich bloß seine Verschwendungssucht betraf), so war Majestät, bei bescheidener Intelligenz, zuweilen etwas sprunghaft, jähzornig, brutal, alles andere als zum Beispiel ein Freund ordentlicher Gerichtsverfahren, wie schon seine erste Regierungshandlung zeigt. Ließ er doch den Grafen von Eu und Grafen von Guînes, einen allseits geliebten und bewunderten Mann, aufgrund eines bloßen Verdachts ohne Verhandlung enthaupten. Und ließ auch noch am 5. April 1356 in Rouen führende Adlige der Normandie liquidieren, wobei es ihm so pressierte, daß dies weder mit einem Gerichtsbeschluß noch an dem dafür vorgesehenen Ort und Galgen geschah. Plötzlich auf dem Weg dorthin befahl Jean le Bon anzuhalten und die Gefangenen zu köpfen. Ein eilends herbeizitierter Behelfshenker brauchte sechs Hiebe, um den Kopf Johanns von Hartcourt abzuschlagen, worauf der, samt sonstigen Häuptern, zwei Jahre, auf Lanzen gespießt, zur Schau gestellt worden ist.
    Sechs Hiebe, meine Güte, bedenkt man, was sich heute noch manchmal bei Hinrichtungen im Land der Menschenrechte abspielt, sind die sechs Hiebe von Johanns des Guten Ersatzexekutor not so bad as you think. Mutet doch auch anderes unter diesem König hochmodern an. Zum Beispiel seine Steuerquoten gleich für das Jahr der Schlacht von Poitiers: vier Prozent Steuer auf die Einkünfte der Reichen, fünf Prozent Steuer auf die der Mittelschicht und auf die niedrigsten steuerpflichtigen Einkommen zehn Prozent. 19
    Auch die Mentalitätsmischung des Herrschers aus Hab- und Rachsucht und demonstrativer Pietät ist heute noch nicht ausgestorben, diesseits wie zumal jenseits des großen Meeres. Und Jean le Bon hatte sie bereits von seiner Mutter, der lahmen Königin, geerbt, trotz ihrer guten Werke eine »grausame Herrin« genannt, »denn wen sie haßte, der war ohne Gnade tot«. Und auch ihr Sohn, der König, mischte auf seine Weise den Krieg mit Religion oder, anders gesagt, seine Hausmacht mit etwas Metaphysik. Er gründete den Orden vom Stern »zur Ehre Gottes und unserer lieben Frau, zur Erhöhung der Ritterschaft und der Vermehrung des Ruhms«, wobei die liebe Frau sogar im sternenbedeckten Ordensbanner prangte.
    Und jetzt, vor Schlachtbeginn, schrie König Johann seinen Kriegern zu: »Ihr habt die Engländer verflucht ... ... und wolltet eure Schwerter mit den ihren kreuzen. Da stehen sie vor euch! Erinnert euch an das Unrecht, das sie euch zufügten, und rächt euch für die Verluste und Leiden, die sie Frankreich zugefügt haben! Ich verspreche euch, wir werden mit ihnen kämpfen, und Gott sei mit uns!«
    Und an der anderen Front erhob Eduard von Wales seine Stimme, der »Schwarze Prinz« (was wahrscheinlich die Farbe seiner Rüstung betraf), König Eduards III. ältester, nun fünfundzwanzig Jahre zählender Sohn und Thronfolger, eine der berühmtesten, die Chronisten beflügelnden ritterlichen Gestalten der Epoche, »Die Blume der Ritterschaft«. Zwar ohne besonderes politisch-diplomatisches Talent, doch mutig, kultiviert, ein überragender Feldherr, auch Mäzen und um die Dynastie hochverdient.
    Vor allem natürlich durch Raub- und Verwüstungszüge, Aktionen, die nichts als Terror verbreiteten, reiner Terrorismus waren, sieht man eben davon ab, daß sie den »Feind« schwächten. Erst im Herbst des Vorjahres hatte er zwischen Bordeaux und Narbonne, in dem schönen Landstrich zwischen Atlantik und Mittelmeer, einen zwei Monate langen Beute-und Vernichtungskrieg geführt, Tag-für-Tag-Blutbäder, wie dort noch nie erlitten, und dies durch den

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