Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
nicht bloß in Ungarn zur Ernährung eines Mönchs sechs bis acht Ackerknechte.
Es gab indes nicht nur die Leibeigenen, die Hörigen, sondern auch die fratres conversi, die Laienbrüder, auch laici, exteriores, illiterati, idiotae genannt.
Seit dem 5. Jahrhundert belegt und in den mittelalterlichen Schriften oft erwähnt, kontrastiert die Häufigkeit ihres Vorkommens wohl nicht ganz zufällig mit dem, was wir über sie wissen. Denn gab es auch verschiedene Formen von Konversen, im allgemeinen waren diese ohne klerikale Weihen und von der Abtwahl ausgeschlossen. Ihr Verhältnis zu den Mönchen, denen sie natürlich unterstanden, zu denen sie nicht aufsteigen konnten, war heikel, gespannt, nicht ohne Neid, Tücke. Es herrschte strenge Distanz. Man wohnte getrennt, aß getrennt, schlief getrennt, und auch für die Kranken beider Seiten gab es getrennte Räume. Gelegentlich kam es sogar zu Aufständen. Kurz, die Konversen waren eine Art »Klosterbrüder zweiter Klasse«, erbrachten aber »eine erhöhte Arbeitsleistung« (Rüther), weshalb man dafür gern kräftige Leute aus niederem Stand nahm, Söhne von Bauern, Handwerkern. 32
Die Mönche freilich, mit deren Kulturtätigkeit und sonstigen »Verdiensten« man bei uns bereits Kindern jahrhundertelang die Ohren vollbläst, führten immer häufiger ein ausgesprochen bequemes, faules und oft genug auch liederliches, im Mittelalter vielbeklagtes Leben. Selbst von den Cluniacensern, stets als führende Reformer herausgestellt, schreibt im 11. Jahrhundert ihr hl. Abt Petrus Venerabilis (natürlich aus dem Feudaladel; drei seiner Brüder sind ebenfalls Äbte, ein vierter ist Erzbischof von Lyon): »Müßiggang hat so sehr einen großen Teil der Unsrigen, am meisten aber die Bartbrüder in Besitz genommen, daß sie im Kloster und draußen mit Ausnahme von einigen, die lesen, und ganz wenigen, die schreiben, an den Wänden des Klosters herumlehnen und schlafen oder von Sonnenaufgang bis zum Niedergang, ja bis in die Nacht hinein, wenn sie es ungestraft können, den ganzen Tag mit leeren, müßigen Worten oder mit Schmähreden vergeuden.« 33
Mußten die Herren jedoch nachts ihren Schlaf unterbrechen, holten sie ihn gewöhnlich tagsüber nach. Man schlief den »Nachtschlaf«, etwa fünf bis neuneinhalb Stunden, sehr häufig auch einen »Morgenschlaf« und oft noch einen »Mittagsschlaf«, den der hl. Benedikt für den Sommer ausdrücklich vorgeschrieben. In Schlössern residierte allerdings noch kaum ein Abt, wie nicht selten später. Und obwohl es unter den Religiösen inzwischen meist mehr Laienbrüder, handfeste Männer für die Arbeit, als Mönche gab, ihr Verhältnis betrug etwa 3: 2 oder 3: 1, hielt man sich zusätzlich noch ganze Scharen weltlicher Diener (famuli), und auf Reisen wurden sogar einfach Mönche von einem Diener begleitet.
Man lebte herrschaftlich, feudal. Die »demokratische« Mönchära mit Aufstiegschancen aus allen Schichten war vorüber, für Äbte und Äbtissinen jetzt Reichtum und hohe Geburt wichtig. Sie wohnten in Palästen. Sie schätzten den Zuzug Wohlhabender, der Leute mit Besitz und Vermögen, versprachen ihnen ein angenehmes, standesgemäßes Leben, während man andere Mönche gelegentlich vertrieb, wie unter dem adligen Fuldaer Abt Ratgar, dessen Grab die deutschen Bauernkrieger 1525 demolierten. Unter Innozenz III. hatte Abt Wilhelm von Saint Omer zwei Abteien verschwelgt und sich gewaltsam in eine dritte gedrängt. Bernhard von Clairvaux eifert gegen Eitelkeit und Überfluß vieler Klöster, gegen das Unmaß an Essen, Trinken, an Kleidung, Bett- und Reitzeug, an Bauten. Und in einem altfranzösischen Text rät man einem reichen Grafensohn zum Klostereintritt ebendeshalb, weil er dann noch reicher werde. 34
Die frommen Herren – und Damen – separierten sich gern. Man liebte es, unter seinesgleichen zu beten. Schon die Regel Isidors von Sevilla erlaubte nur Freien die Klosteraufnahme. Später entstanden reine Adelsklöster, freiherrliche Klöster wie Zürich, Einsiedeln, Verden, Corvey, Quedlinburg. In der berühmten Benediktinerabtei St. Gallen sind aus der Zeit zwischen 1200 und 1419 der Familie nach 54 Mönchen bekannt, von denen 53 dem freiherrlichen Stand angehörten. Unter den Mönchen Reichenaus traf man im 14. Jahrhundert nur Söhne von Grafen und Freiherren. Erst seit dem frühen 16. Jahrhundert wurden dort auch Bürgerliche zugelassen. Viele kleinere Klöster hat der Adel sogar mit der Absicht auf Kinderversorgung gestiftet.
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