Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
verstümmelten seine Tonsur und übergaben ihn dem »weltlichen Arm«, nicht ohne daß sie ihm noch die mit »drey grewlich Teuffel« geschmückte Papiermütze des »Ketzers« aufgedrückt, »gar nahe eines ellenbogens hoch«, und verkündet hatten: »Wir übergeben deine Seele dem Teufel.« 21
Hus wurde fortgeführt, vorbei an seinen brennenden Büchern, durch eine riesige, den Weg säumende Menschenmenge. Beim Anblick des Scheiterhaufens fiel er auf seine Knie und betete laut: »Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, der du für uns gelitten hast, erbarm dich meiner.« Doch als er an Ort und Stelle deutsch predigen wollte, wurde es verhindert. Auch die drei, die böhmischen Reformprinzipien zusammenfassenden Reden, die Hus für Konstanz ausgearbeitet hatte, durfte er nie halten.
Man band ihn jetzt mit nassen Stricken an einen Pfahl und schichtete Holz und Stroh rings um ihn bis an sein Kinn. »Dann«, so Augenzeuge Peter von Mladenoviç, »zündeten die Henker den Magister an. Er sang darauf mit lauter Stimme zuerst: ›Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarm dich meiner‹; zum zweitenmal: ›Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarm dich meiner!‹ Und beim drittenmal: ›Der du geboren bist aus Maria, der Jungfrau.‹ Und als er zum drittenmal begonnen hatte zu singen, schlug ihm alsbald der Wind die Flammen ins Gesicht, und also in sich betend und Lippen und Haupt bewegend, verschied er im Herrn. Im Augenblick der Stille aber, bevor er verschied, schien er sich zu bewegen, und zwar so lange, als man zwei oder höchstens drei Vaterunser schnell sprechen kann. Als das Holz der genannten Bündel und Taue verbrannt war und immer noch eine Körpermasse dastand, die an der genannten Kette um den Hals hing, stießen darauf die Henker die genannte Masse zusammen mit der Säule zu Boden, belebten das Feuer weiter und zwar mit einer dritten Holzfuhre und verbrannten die Masse vollständig ... Da sie aber unter den inneren Organen sein Herz gefunden hatten, spitzten sie eine Stange nach Art eines Spießes an und befestigten am Ende das Herz, brannten es besonders und schüttelten es beim Verbrennen mit Stangen und machten schließlich jene ganze Masse zu Asche. Und auf Geheiß der genannten Herren, des (Pfalzgrafen) und des Marschalls, warfen die Henker sein Hemd zusammen mit den Schuhen ins Feuer und sagten dabei: ›Damit das die Böhmen nicht etwa wie Reliquien halten ...‹ Und so luden sie ... alles auf einen Wagen und versenkten es im nahen Rheinfluß.«
Nach dem Konstanzer Chronisten Ulrich Richental »nahm ihn der Henker und band ihn mit der Kleidung und mit allem an ein aufrechtes Brett, stellte ihm einen Schemel unter die Füße, legte Holz und Stroh um ihn, schüttete ein wenig Pech hinein und zündete es an. Da fing er zu schreien an und war bald verbrannt. Und da er verbrannt war, blieb die Inful (Ketzermütze) ganz. Da zerstieß sie der Henker, da verbrannte sie auch und es entstand ein übler Geruch; denn der Kardinal Pankratius hatte ein Maultier gehabt, das war an dieser Stelle gestorben und vergraben worden, von der Hitze öffnete sich das Erdreich, aus dem der Gestank herauskam.«
So konnte die Menge, gute Regie, noch etwas vom Hautgout des Teufels mitbekommen.
Die Konzilsväter feierten am nächsten Tag einen Dankgottesdienst. Und der katholische Theologe Brandmüller kommt noch im Jahre 1999 zum »guten Schluß« seiner Apologie zu dem Resultat: »Das Verfahren war gerecht und fair.«
Dagegen forderte 1965 der Archivar von Konstanz, Otto Feger, in einem offiziellen Aufruf, von Papst Paul VI. nicht nur die Rehabilitierung, sondern die Heiligsprechung von Hus – das Schlimmste, was ihm noch passieren könnte. Doch im Herbst 1990 animierte selbst Papst Johannes Paul II. in der Tschechoslowakei die Theologen, »den Platz« des »Magister Jan Hus unter den Reformatoren der Kirche« genauer zu bestimmen, und betonte auch seine »Unbescholtenheit des persönlichen Lebens und die Bemühungen um den kulturellen und moralischen Fortschritt der Nation«.
Rehabilitiert diese Kirche Hus? Das hätte sie nicht verdient! Und er erst recht nicht.
Und im nächsten Jahr verbrannte man Hieronymus von Prag, Hussens Freund und Mitstreiter.
Hieronymus hatte einst Hus versprochen, ihm bei Gefahr zu folgen, und war, obwohl selbst gebannt und von Hus eindringlich gewarnt, Anfang April nach Konstanz gekommen, das er jedoch, von Chlum und Dubá entsprechend unterrichtet, alsbald wieder verließ. Kurz vor
Weitere Kostenlose Bücher