Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
durch das Hochreißen seines Arms und den Schrei das Ende des Stücks angezeigt und die Polka abgeschlagen. Das Orchester verstummte.
Ich atmete auf. Offensichtlich war meine Fantasie mit mir durchgegangen. Vlad Vell lachte befreit, und von weiß glänzenden Eckzähnen oder blutleeren Augen war nichts zu sehen. Das Publikum tobte und bekam die ›Alten Kameraden‹ gleich zweimal als Zugabe, da weitere Stücke nicht mehr in der Mappe waren.
Vlad Vell spielte dabei die Locke – also die achttaktige Schlagzeugeinleitung – so locker und flockig, dass mir all meine düsteren Gedanken auf einmal absurd vorkamen. Dieser Mann war weder Vampir noch Mörder. Ich hatte dem rumänischen Drumsylvanier unrecht getan.
Nach dem Konzert suchte mich Hauptkommissar Sepp Donner im Cateringraum auf. Seine Miene verriet nichts Gutes.
11 sprich: Beis – von Basedrum, Ausdruck für Große Trommel, richtig: Bassdrum.
Tubasack
»Haft du diefe tffechiffe Fängerin gefehen?«, blaffte er mich an.
»Tschechische Sängerin? Du meinst Libuše?«
»Ja, genau die!«
Ich verneinte. Wie sollte ich auch? Ich hatte die letzten drei Stunden auf der Bühne gesessen und die Pause sinnierend allein in meiner Garderobe verbracht.
Nach dem Konzert hatte ich mich mit Heini Blättle in den kleinen Raum unter der Bühne begeben, wo es noch eine Kleinigkeit zu essen gab, da ich ja vor der Mucke nicht am Catering teilgenommen hatte. Heini erklärte sich solidarisch und schaufelte sich zwei heiße Rote aus dem Wasserkessel auf den Teller. Da das Wasser inzwischen kalt geworden war, waren auch die Würste leicht abgekühlt, doch Heini hatte die gute Idee, sie für fünf Minuten in die Thermoskaraffe für Kaffee zu tauchen. Dass die Roten danach nach Koffein schmeckten, ließ ihn kalt, er tarnte den Geschmack durch scharfen Senf und schob sich die Würste als Paar parallel in den Schlund.
Kurz drauf war der Kommissar aufgetaucht.
»Habt ihr noch Kaffee da?«, hatte er gefragt und nach einem der Pappbecher gegriffen.
»Sicher!« Und schon schüttete Heini den Kaffee, in dem er soeben noch die Würste gebrüht hatte, in des Kommissars Becherlein. Der wunderte sich etwas ob der oben schwimmenden Fettaugen, was Heini mit dem Satz »klar, Fett schwimmt nun mal oben« kommentierte und genoss den Wachmacher, ohne dass ihm das Würstchenaroma etwas auszumachen schien.
Jetzt nahm er mich beiseite und flüsterte geheimnisvoll:
»Die ift verffwunden. Weg, Fpurlof!«
»Libuše spurlos verschwunden? Das glaube ich nicht. Dadurch würde sie sich ja erst recht verdächtig machen! Hast du drüben im ›Elchen‹ in ihrem Zimmer gesucht?«
»Klar. Überall. Nichtf tfu machen. Aber daf ift nicht fo fflimm. Wir haben intfwiffen einen anderen Verdächtigen!«
»Ach?«, fragte ich arglos. »Und darf ich fragen, wen?«
»Dich!«
Die Antwort traf mich wie ein Hammerschlag. Ich fühlte, wie meine Knie weich wurden, und mir schwarz vor Augen.
»Du bift der Eintfige, der bei allen Morden vor Ort war!«
Da hatte er recht. Ich war im Saal, als Langfried verschied, ich war auf dem Friedhof, als Eiibii das Zeitliche segnete, und man hatte mich in flagranti bei der Leiche Vicos erwischt.
»Und welchen Grund sollte ich haben, zwei Musiker und einen Sänger umzubringen?«
»Daf werden wir ffon noch herauffinden! Man munkelt im Orchefter, daff auch du waf mit Conftantfe hatteft und tfufättflich heimlich hinter der Libufe her bift. Vielleicht waren dir die beiden Mufiker im Weg? Und durch daf Gift in deinem Flachmann wollteft du von dir ablenken!«
»Ach nee, ich hatte was mit Constanze und bin auch noch hinter Libuše her?« Eigentlich entsprach das den Tatsachen.
»Und deswegen lege ich erst mal die beiden ehemaligen und aktuellen Liebhaber der Damen um, um freies Schussfeld zu haben?« Denkbares Motiv.
Donner nickte, holte tief Luft und sagte dann, wobei er jedes Wort betonte und mir beide Hände schwer auf die Schultern legte:
»Und waf nicht von der Hand tfu weiffen ift: Wir haben auf dem Flachmann deine Fingerabdrücke gefunden. Deine und die def Toten! Und wir wiffen, daff du ihm fogar angeboten haft, auf deinem Flachmann tfu trinken!«
»Logisch sind da meine Fingerabdrücke drauf, es ist ja schließlich auch mein Flachmann, du Arffloch!«, schrie ich, riss mich los und suchte mein Heil in der Flucht.
Der Kommissar griff nach seiner Dienstwaffe, vergaß aber, dass er noch den Kaffeebecher in der Hand hielt und kippte sich den heißen Inhalt über die
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