Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
Uraufführung seiner neuen Polka ein Messer entglitt und sich die Klinge wie durch Zufall in den Hals des einzigen Flötisten bohrte? Plante er den Mord an mir, geschickt kaschiert durch eine künstlerische Darbietung – wie einst der Messerwerfer im Zirkus? Wie hatte Heini gesagt, würde der Titel der neuen Polka lauten? Böhmisches Blut!
Ramtata-tamtata-tam.
Vlad Vells Lächeln war verschwunden, nachdem Libuše ihr Flüstern beendet hatte. Verstohlen blickte er Heini Blättle an, der ihm gegenüber den Rest des Totenmahls verspeiste.
Man hatte halbe Hähnchen gereicht, und für Heini, der ja alles paarweise verschlang, lagen zwei ganze Hühnervögel auf dem Teller. Klar, zwei Halbe waren bekanntlich ein Ganzes und zwei Ganze wiederum ein Paar. Jantje van Faare und Friedrich C. Drey saßen am unteren Ende des Tisches und waren ebenso wie ich mit dem Abnagen von Hühnerbeinen beschäftigt. Keiner der beiden schien sich über das Fehlen von Elvis in irgendeiner Form Gedanken zu machen.
Ich klemmte meine Oberschenkel zusammen, denn wenn ich jetzt zur Toilette ging, würden mir die beiden Verdächtigen sicher entwischen.
Während der geschwollene Klarinettist den letzten Schlegel des vierten halben Hähnchens durch seine Lippen zog, um den kahlen Knochen danach zum Biomüll auf seinem Teller zu legen, zwinkerte er mir verstohlen zu.
Es durfte ihm nicht entgangen sein, dass ich bisher nichts gegessen hatte, und so hatte er vorsorglich ein Flügelchen des zweiten halben Hähnchens für mich aufgehoben. Mit fetttriefenden Fingern fischte er es jetzt unter dem Knochenberg hervor und warf es mir zu. Durch die mir eigene Geschicklichkeit gelang es mir, den Hühnervogelflügel aufzufangen, und ich nagte ihn genüsslich ab.
Mit dem vordergründigen Aufnehmen fester Nahrung konnte ich den eigentlichen Grund meiner Anwesenheit, nämlich das Taxieren der beiden Hauptverdächtigen, ohne Tarnung und Umschweife ausführen. Neben ihnen entdeckte ich den Fentilartur aus dem Allgäu und am nächsten Tisch all die anderen Musiker, denen ich bisher keine größere Beachtung geschenkt hatte, weil sie zu keinem der Ermordeten in engerer Verbindung standen.
War das ein Fehler?, fragte ich mich jetzt. Vielleicht hatte ich ja etwas übersehen, was Motiv oder Täter anging. Jetzt allerdings hatte ich keine Zeit, darüber nachzudenken, denn in jenem Moment stand plötzlich der Kommissar neben mir und neben ihm wiederum – wie sein Schatten – Dr. Smrt.
»Wo gibtf daf Effen?«, fragte Donner und deutete auf die halben Hähnchen in den Händen der beiden Flügelhornisten. Goli, unser kleiner Inspizient, deutete zum Grillwagen im Festzelt, an dem sich auf einem einsamen Spieß gerade noch ein letztes knusprig braunes Hähnchen drehte.
Im selben Augenblick, als sich der Kommissar und der Bestattungsunternehmer auf den Weg machten, stand auch Heini Blättle auf und schlug gezielt den Weg in Richtung Hähnchenbraterei ein. Weil er im Festzelt die bessere Orientierung hatte, würde er sein Ziel vor den beiden anderen erreichen, und ich freute mich schon heimlich über die langen Gesichter, wenn er dem Kommissar das Hähnchen als das Letzte seiner Art vor der Nase wegschnappte.
Heimlich schlich ich hin, um mir das aus der Nähe anzusehen. Das hätte ich besser bleiben lassen sollen, denn van Faare und Drey nützten meine Abwesenheit gnadenlos aus, um sich abzusetzen. Dies bemerkte ich jedoch erst später, und es sollte fatale Folgen haben.
Kommissar Donner hatte noch vor Smrt, aber nach Heini Blättle den Hähnchenspieß erreicht, von dem sich der Klarinettist gerade die letzten beiden halben Göckel gepflückt hatte.
»Ftop!«, hörte ich den Kommissar brüllen. »Daf Hähnchen ift befflagnahmt!«
»Ach nee«, hörte ich Heini jammern. »Und warum?«
»Beweifmittel!«, donnerte Donner.
»Rrichtig!«, pflichtete Dr. Smrt ihm jetzt bei. »Nachdem Vico Lahla vergiftet wurde, müssen wir sicherstellen, dass nicht die …«
»Vogelgrippe!«, half ihm Donner weiter.
»Rrichtig – die Vogelgrippe dafür verantwortlich gemacht werden kann. Ich werde daher die einzelnen Körperteile dieses Vogels eingehend sezieren und Stück für Stück auf grippale Infekte testen.«
»Und ich werde ihn tfuvor einer Leibefvifitation untertfiehen!«, ergänzte der Kommissar hungrig.
»Außerdem haben Sie schon gegessen, und vier halbe Hähnchen sind mehr als genug«, sagte Dr. Smrt und musterte Heinis Leibesfülle abschätzig. »Es könnte sein,
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