Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
dass ich für Sie – sollten Sie das nächste Mordopfer sein – sonst einen XXXL-Schrein bereitstellen muss!«
»Darüber machen Sie sich mal keine Gedanken«, meinte Heini. »Ich wollte die eine Hälfte des Hähnchens ohnehin nur für meinen jungen Freund organisieren«, er deutete auf mich, »der nämlich nicht am Leichencatering teilgenommen hat. Und da er für den vergifteten Whisky ja schon als Vorkoster zur Verfügung stand, spricht ja wohl nichts dagegen, dass er auch das Hähnchen testet?«
Heini lächelte mir zu und reichte mir einen halben Hühnervogel. Ich schüttelte den Kopf, denn ich hatte ja schon ein Flügelchen.
Außerdem musste ich nun endgültig dringend aufs Klo. Doch Heini ließ nicht locker.
»Beiß rein, mein Junge und lass es dir schmecken!«, meinte er aufmunternd, »und wenn du nicht den ganzen halben Broiler schaffst, bring mir den Rest vorbei! Um die andere Hälfte kümmere ich mich schon mal!«
»Maultaschen wären mir ehrlich gesagt lieber«, raunte ich ihm leise zu, »geschmälzt und mit Zwiebeln. Meine absolute Leibspeise!«
Ich hielt das dampfende halbe Hähnchen in den Händen und überlegte, wie ich damit pinkeln konnte. Da ich wusste, dass der Hunger mir das Vieh in kürzester Zeit in die Eingeweide treiben würde, beschloss ich, das Essen vorzuziehen.
Verdutzt starrten Donner und Dr. Smrt dem Klarinettisten nach, der sich wieder auf den Weg zu den anderen Musikanten gemacht hatte. Ich öffnete den Mund, um meine Kiefer herzhaft in das Brustfleisch zu hauen, als Golis Aufschrei mir Einhalt gebot.
»Nicht ohne Besteck!«, schrie er und reichte mir Messer und Gabel. Fachmännisch hatte er das halbe Hähnchen durch einen raschen Schnitt zwischen Flügel und Schlegel geöffnet. Bitterer Geruch stieg mir plötzlich in die Nase, und ich hielt den Vogel entsetzt von mir.
Dr. Smrts Nasenflügel bebten, und im selben Augenblick erstarrte er.
»Riechen Sie das auch?«, fragte er und blickte zuerst mir und dann dem Kommissar in die Augen.
»Waf?«
»Na hier, das Hähnchen! Woran erinnert Sie dieser Duft?«
»Whifky?«
»Rrichtig!«, stimmte der Bestatter zu. »Der Whisky aus dem Flachmann unseres jungen Freundes! Nur ein Bissen von diesem Hähnchen, mein Lieber« – er lächelte mich an – »und Sie sind genau so tot wie Vico Lahla!«
Jetzt war ich es, der erstarrte.
»Zyanid!«, rief Dr. Smrt und riss mir den Vogel aus der Hand.
»Heini – nicht!«, schrie ich und blickte dem Freund nach, doch es war zu spät.
Schon hatte er seine Zähne in die andere Hälfte des Hähnchens geschlagen, ich sah ihn wanken und zu Boden gehen. Das Zyankali tat seine Wirkung. Wie die Freiheitsstatue ihre Fackel hielt er den halben Vogel am ausgestreckten Arm über sich, und ich hörte am Röcheln seiner Stimme und an seinem erbärmlichen Krächzen, dass er zum nächsten Kunden für Dr. Smrt werden würde.
Mir hatte der Inspizient das Leben gerettet, doch das Ableben Heini Blättles hatte niemand verhindern können. Das Zyanid würde ihn ebenso abberufen wie Langfried Schieber, Eiibii und Vico Lahla. Mir traten Tränen in die Augen, und nur wie durch einen Schleier nahm ich wahr, dass die beiden Trompeter verschwunden waren.
Da! Sie machten sich durch einen der seitlichen Festzeltausgänge davon. Ich musste sie aufhalten! Doch die Blase drohte mir zu platzen.
Zitherpartie
Ich zögerte nur einen Moment. Wankte in meinem Entschluss, die beiden Flüchtigen zu fassen oder Heini die letzte Ehre zu erweisen. Schlagartig wurde mir klar, dass es ihm mehr nützen würde, seine vermeintlichen Mörder zu stellen als ihm die erkaltende Hand zu halten. Also raste ich dem Ausgang zu, durch den die beiden Tatverdächtigen soeben entschwunden waren. Dr. Smrt und Kommissar Donner hingegen wandten sich dem Tatort zu.
Ich erreichte den Zeltausgang just als der Zitherclub Dritter Mann e.V. , der vor einer halben Stunde erfolglos die von Vico Lahla komponierte Frankfurter Messe in es-Moll uraufgeführt hatte, ebenfalls das Zelt verließ, während auf der Bühne nach dem Choralvorspiel des Posaunenchors der Umbau zum Trauerspiel-Einakter der Laientheatergruppe ›Vorhang zu‹ erfolgte.
Ich versuchte, in der Masse der wogenden Körper zwischen Zither-, Harfen- und Hackbrettspielern die beiden Plasmatrompeter auszumachen, was jedoch leichter gesagt war als getan. Denn wie die Mitglieder des Zitherclubs Dritter Mann e.V., strebten die beiden auch dem Parkplatz zu, und ich hatte Mühe, mir zwischen den
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