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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Militärberater, die Moldau und die Walachei zur Unterstützung der Griechen zu besetzen. Er orientierte sich in erster Linie an seinem Außenminister Karl Nesselrode, der die Geduld mit dem Konzert der Nationen verloren und sich der Kriegspartei angeschlossen hatte – nicht aus Liebe zu den griechischen Rebellen, sondern weil er begriff, dass ein Krieg gegen die Türken den russischen Zielen im Vorderen Orient förderlich sein würde. Zumindest, so Nesselrodes Überlegung, werde die Androhung einer russischen Intervention die Briten zwingen, sich mit Russland um eine Lösung der Griechischen Frage zu bemühen – und sei es nur, um zu verhindern, dass der Zar einen allzu großen Einfluss auf die Region ausübte. 17
    Im Jahr 1826 reiste der Befehlshaber der alliierten Streitkräfte gegen Napoleon, der Herzog von Wellington, mittlerweile ein hoher Staatsmann in der britischen Regierung, nach St. Petersburg, um eine anglorussische Übereinkunft auszuhandeln (der sich Frankreich 1827 durch den Vertrag von London anschloss), die der Vermittlung zwischen den Griechen und Türken dienen sollte. Großbritannien, Russland und Frankreich sprachen sich für die Gründung einer autonomen griechischen Provinz unter osmanischer Oberhoheit aus. Als der Sultan ihre Vorschläge zurückwies, entsandten die drei Mächte eine gemeinsame Flotte unter dem Befehl des temperamentvollen britischen Philhellenen Admiral Edward Codrington. Sein Auftrag lautete, eine, wenn möglich, friedliche Lösung zu finden und nur im schlimmsten Fall »mit Geschützen« vorzugehen. Codrington war nicht für sein diplomatisches Gespür bekannt, und im Oktober 1827 zerstörte er sowohl die türkische als auch die ägyptische Flotte in der Schlacht von Navarino. Der empörte Sultan lehnte jegliche Vermittlung ab, rief einen Dschihad aus und verwarf auch das russische Ultimatum, seine Soldaten aus den Donaufürstentümern abzuziehen. Sein Trotz kam den Russen entgegen.
    Nikolaus argwöhnte seit langem, dass die Briten nicht bereit waren, für die griechische Sache in den Krieg zu ziehen. Er hatte erwogen, die Fürstentümer zu besetzen und die Türken dadurch zur Unterwerfung zu zwingen, doch er fürchtete, dass dies die Briten veranlassen würde, den Vertrag von London aufzukündigen. Doch nun hatte ihm die Ablehnung seines Ultimatums durch den Sultan einen legitimen Vorwand verschafft, der Türkei auch ohne die Briten und Franzosen den Krieg zu erklären. Russland werde allein kämpfen, um eine »nationale Regierung in Griechenland« durchzusetzen, schrieb Nesselrode im Januar 1828 an Kapodistrias. Der Zar schickte Kapodistrias’ Revolutionsregierung Geld und Waffen und erhielt im Gegenzug die Zusicherung, dass Russland einen »exklusiven Einfluss« in Griechenland genießen werde. 18
    Im April 1828 überschritt eine russische Streitmacht von 65000 Soldaten und Kosaken die Donau und drang, gleichsam auf dem Weg nach Konstantinopel, in drei Richtungen vor, nach Widin, Silistra und Warna. Nikolaus ließ sich nicht von der Teilnahme an dem Feldzug abbringen, denn dies war seine erste Kriegserfahrung. Die Russen rückten rasch vor (das Land bot reichlich Futter für ihre Pferde), blieben dann jedoch in Kämpfen um Warna stecken, wo sie den Seuchenbedingungen an der Donaumündung ausgesetzt waren und schwere Verluste erlitten. Die Hälfte der russischen Soldaten fiel 1828/29 Krankheiten und Epidemien zum Opfer. Auch Verstärkungen erkrankten sehr schnell. Zwischen Mai 1828 und Februar 1829 wurde die unglaubliche Zahl von 210000 Soldaten in Lazaretten behandelt. 19 Allerdings waren derart hohe Verluste nicht ungewöhnlich für das Zarenheer, in dem man sich kaum um das Wohlergehen der leibeigenen Soldaten kümmerte.
    Im Frühjahr 1829 erneuerten die Russen ihre Offensive und eroberten die türkische Festung Silistra, gefolgt von der Stadt Edirne (Adrianopel). Damit war das russische Heer nur noch einen kurzen Marsch von Konstantinopel entfernt, wo die Kanonen der nahen russischen Flotte schon deutlich zu hören waren. Nun hätten die Russen die türkische Hauptstadt ohne weiteres besetzen und den Sultan stürzen können. Ihre Flotte kontrollierte das Schwarze Meer und die Ägäis, sie konnten griechische und bulgarische Freiwillige als Verstärkung hinzuziehen, und die türkischen Streitkräfte waren in Auflösung begriffen. Im Kaukasus, wo die Russen gleichzeitig vorgerückt waren, hatten sie die türkischen Festungen Kars und Erzurum eingenommen, so dass der

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