Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
den Medien gesehen. Es hieß dort, jemand hätte gestern Abend auf Sie geschossen.«
»Sie haben mich verfehlt.«
»Und Sie möchten erfahren, was aus unserem Impfstoffvorrat geworden ist?«
»Ja, Ms …«
»Mrs Zacharias.«
»Mrs Zacharias, warum warten alle außerhalb?«
»Mr Winford legt großen Wert auf Sicherheit, Miss Longknife. Oder soll ich Sie Prinzessin oder so nennen?«
»Kris reicht völlig. Also öffnen Sie das Büro nicht selbst?«
»Nein, Ma’am. Mr Winford benutzt ein altmodisches mechanisches Schloss, das man nicht hacken kann. Er findet, dass das heutzutage am besten ist.«
»Wo ist Mr Winford?«
»Ich weiß nicht, Ma’am. Er verspätet sich sonst nie.« Die Arbeiter bekräftigten diese Aussage mit zustimmenden Worten und Nicken.
Kris drehte sich um, verärgert über diesen Hemmschuh in ihrem Tagesplan, und sah ihren Fahrer näherkommen, einen Datenleser in der Hand. »Ms Longknife, warten Sie auf einen Mr Winford?«
»Ja.«
»Ich fürchte, da können Sie lange warten.« Er reichte ihr den Datenleser. Dieser zeigte ihr das Gesicht eines Mannes, den sie von gestern Abend wiedererkannte. Mr Winford wirkte etwas ausgeruhter, aber sehr tot.
»Was ist passiert?«
»Die Leiche wurde heute Morgen unweit einer Joggingstrecke im Wald gefunden. Es scheint, dass er noch keine Stunde tot war.«
»Todesursache?«, wollte Jack wissen.
»Ich fürchte, darauf kann ich keine Antwort geben.«
Beflissene Menschen konnten manchmal richtig lästig sein. »Geht man von einer natürlichen Todesursache aus?«, fragte Kris.
Der Fahrer sah einen weiteren Beamten an, der an seine Seite kam und den Kris für den leitenden Beamten dieser Einheit hielt. »Nein, Ma’am, wir gehen nicht von einer natürlichen Ursache aus«, sagte der Neue. »Ich bin Inspector Marta, und wir gehen von einem Tötungsdelikt aus.«
Jack wandte sich an Kris. »Setz dich bitte wieder in den Wagen.«
»Jack, ich bin hier, um nachzusehen, was geschehen ist. Ich fahre nicht wieder ab, ehe ich das getan habe.«
»Prima, aber tu mir den Gefallen und setz dich in den Wagen, bis ich sichergestellt habe, dass hier keine Gefahr besteht.«
Also tat Kris ihm den Gefallen. Sie bemühte sich im Wagen, nicht zu schäumen, während Jack und die Polizisten wie ein Schwarm sehr aufgeregter Bienen die Umgebung sondierten. Der Brennpunkt ihrer Aufmerksamkeit veränderte sich, als Penny eine tränenreiche Mrs Zacharias zu ihr in den Wagen setzte. Papiertaschentücher waren im Fahrzeug vorhanden. Kris reichte ihr die Schachtel.
»Danke«, sagte Zacharias und schnaubte sich die Nase. »Ich weiß nicht, wie Sie zu Mr Winford stehen, aber er war ein guterVorgesetzter. Ein ehrlicher Mann, und davon findet man im Geschäftsleben nicht mehr viele.«
Kris pflichtete ihr bei. Die Frau benutzte ein paar weitere Taschentücher, öffnete dann ihre Handtasche und stöberte darin herum. »Er hatte mich angewiesen, den hier in einem Notfall zu benutzen. Ich denke nicht, dass es noch einen größeren Notfall geben könnte.« Kris stimmte ihr auch darin zu und fragte sich, wie lange es wohl noch dauerte, ehe Jack die Umgebung für sicher erklärte.
Mrs Zacharias brachte einen mechanischen Schlüssel aus der Handtasche zum Vorschein. »Denken Sie, dass die Polizei etwas dagegen hat, wenn ich für die Leute aufschließe, damit sie sich an die Arbeit machen können? Ich denke nicht, dass Nuu Enterprises einverstanden wäre, wenn wir einfach den Tag freinähmen.«
»Das ist der Büroschlüssel!«
»Natürlich. Sie denken doch sicher nicht, dass Mr Winford die Firma im Regen hätte stehen lassen, wenn er mal krank würde oder so?«
»Nein, sicher nicht«, sagte Kris, öffnete die Tür und winkte Jack mit dem Schlüssel. Fünf Minuten später war die Belegschaft an der Arbeit und Kris saß neben Mrs Zacharias, während diese nachschaute, ob Mitteilungen eingegangen waren, Bestellungen freigab und generell die tägliche Arbeit in Gang brachte. »Die Verkäufe sind in den zurückliegenden Jahren gesunken«, sagte Kris, während sie auf Mrs Zacharias’ altmodischen Bildschirm blickte.
»Der Wettbewerb ist hart. ›Mörderisch‹ nannte ihn Mr Winford. Und da es Firmenpolitik ist, keine Bestechungsgelder zu zahlen oder irgendetwas, was auch nur danach riecht, war es schwer genug für ihn, die alten Kunden zu halten. Unmöglich, neue zu gewinnen.«
»Bestechungsgelder?«, wiederholte Kris.
»Na ja, nicht ganz«, sagte Zacharias, die nach wie vor ihre
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