Krise im Jahr 2000
nur daraus besteht ja die Sperrwand.« Kyle zog voller Sorgfalt seine Handschuhe an. »Guten Abend, meine Herren.«
Damit verließ er das Zelt, und Major Passmore folgte ihm, während die andern sich mit fragenden Blicken ansahen. Dann zuckte der Senator seufzend die Schultern und ging ebenfalls hinaus. Wayne zog eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche und bot Doakes und Clayton davon an. Gemeinsam zündeten sie sie an und atmeten den kühlen Rauch ein.
11.
Für Jon Dexter und Lynn Farrow verging die Zeit schnell. Die geplante Tasse Kaffee am frühen Nachmittag wurde zu einer regelrechten Mahlzeit, die Lynn geschmackvoll zubereitet hatte. Sie aßen in der hallenden Leere der Kantine ohne die zwar abgespielte, aber doch beruhigende Untermalung der Musik. Ungewißheit lauerte in jeder dunklen Ecke und hinter jedem spähenden Fenster.
Später, um 17 Uhr etwa, begannen sie das ganze Gebäude des Hauptquartiers genau zu durchsuchen, um irgend etwas zu finden, was ihnen bei dem geplanten Eindringen in das von den Saturnbewohnern besetzte Gebiet nützlich sein könnte. Aber es war wenig Wertvolles vorhanden. Dexter fand in der Küche ein langes scharfes Messer, legte es aber später wieder weg – man konnte mit Küchengeräten nicht auf Roboter losgehen. Waffen waren nicht vorhanden, und die meisten transportablen Apparate, die hätten dienlich sein können, waren bei der Räumung entfernt worden.
Während sie sich vom Erdgeschoß langsam zum obersten Stock durcharbeiteten, wozu sie ganze zwei Stunden brauchten, hatten sie das beunruhigende Gefühl einer immer größer werdenden Verlassenheit, das durch das Schwächerwerden des Tageslichtes draußen nur noch verstärkt wurde. Um so erleichterter atmeten sie auf, als sie schließlich das vertraute Büro im zwanzigsten Stock erreichten.
Dexter nahm Lynn in die Arme. »Schön, daß du hier bist, Liebling«, sagte er.
»Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich dir sehr unerwünscht bin«, lächelte sie.
»Manchmal gerate ich eben über Grundsätzliches in Verwirrung.«
»Wie zum Beispiel …?«
»Über dich und mich. Wir sind beide Grundsätzliches.«
Sie zog sich ein wenig von ihm zurück. »Dies könnte für ein gewöhnliches Mädchen eine gefährliche Situation sein«, sagte sie ruhig.
»Aber du bist kein gewöhnliches Mädchen«, murmelte er, hielt sie in Armlänge von sich ab und sah sie prüfend an. »Außerdem bist du zu wissenschaftlich. Wie wäre es, wenn du gerade jetzt ein bißchen unwissenschaftlich wärst?«
»Das könnte ich schon sein«, stimmte sie zögernd zu und fuhr nach einer Pause fort: »Ich wette, du hast in deinem Leben Unmengen von Frauen geliebt.«
Er sah sie nachdenklich an. »Einige wenige, hier und da, aber keine wie dich.«
»Hast du nie daran gedacht, eine von ihnen zu heiraten?«
»Zuweilen.«
»Und warum hast du es nicht getan?«
»Ich bin wohl nicht der Typ, der heiratet. Ich scheine nicht über Überlegungen hinauszukommen.«
Sie war einen Augenblick sehr nachdenklich und ernsthaft. »Hast du daran gedacht, mich zu heiraten?«
»Gewiß! Soll ich dich jetzt fragen?«
Sie schüttelte ernsthaft den Kopf. »Noch nicht, Jon. Ich weiß noch nicht genau, was ich will. Du als Kenner« – sie lächelte flüchtig – »mußt mir sagen, was für ein Gefühl es ist, zu lieben. Wie kannst du dieses Gefühl erkennen und identifizieren?«
»Du siehst das falsch, Lynn«, sagte er. »Man erkennt und identifiziert es nicht. An diese Frage kannst du nicht wissenschaftlich oder verstandesmäßig herangehen. Wenn du liebst, zweifelst du nicht. Wenn du zweifelst, liebst du nicht. So einfach ist es.«
»Und hast du all die andern Frauen geliebt?«
»Damals vielleicht, aber gerade jetzt … liebe ich dich.«
Sie sah niedergeschlagen aus. »Es scheint nicht sehr lange zu dauern. Es kommt und geht.«
»Zuweilen. Alles hängt davon ab, wer der betreffende Mensch ist und wie lange du mit ihm … oder ihr zusammen bist. Aber warum fragst du mich? Ich bin kein Sachverständiger.«
»Ich brauche eine Bestätigung«, sagte sie. »Wenn ich unwissenschaftlich sein soll, dann mußt du mich beruhigen …«
Er zog sie sanft an sich. »Die größte Bestätigung, die ich kenne, ist diese«, sagte er und küßte sie. Aber als sie sich seinen Armen überließ, sah er plötzlich über ihrem dunkelglänzenden Haar auf dem mattleuchtenden Rechteck des Bildschirms etwas, was seine Aufmerksamkeit anzog. Der Kuß erstarrte. Dexters Körper straffte
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