Krise im Jahr 2000
zornig.
»Was geht es mich an, wo Sie gewesen sind?«
»Sehr richtig, Sie Dickwanst, was geht es Sie an! Sie sind so aufgebläht von Ihren eigenen blöden Ansichten, daß Sie für die Tatsachen kein Interesse haben. Ich habe in einem Hubschrauber das Ausstellungsgelände überflogen.«
»Und haben sich an Ihrer Leistung geweidet!«
»Meine Leistung ist nicht halb so schlimm, wie Sie annehmen. Die Saturnbewohner sind noch am Leben, mehr noch: sie errichten Gebäude schneller, als irgend jemand auf unserem Planeten es je gesehen hat!«
»Jetzt weiß ich, daß Sie verrückt sind. Sie wissen genauso gut wie ich, daß die Kernstrahlen die Sperrwand durchdringen …«
»Ich sage Ihnen, die Saturnbewohner sind unversehrt.«
»Lügner!« brüllte Drazin.
Der Oberst war jetzt an der Grenze seiner Geduld angelangt. Er hatte nichts gegen einen Redekampf, obwohl er im Augenblick nicht in der Stimmung dazu war. Aber sich von einem dicken, aufgeblasenen Idioten, der nicht einmal die Wahrheit hören wollte, beschimpfen zu lassen, war eine untragbare Demütigung.
Ohne es bewußt zu wollen, schlug er eine harte Rechte gegen Drazins Gesicht und hatte die Befriedigung, zu fühlen, wie seine festen Knochen das weiche Fleisch berührten. Der Senator heulte auf, kurz und bestürzt und taumelte rückwärts.
Einen Augenblick herrschte ein gespanntes Schweigen, dann ging Drazin wie ein Panzer auf den Oberst los, und seine Arme kreisten wie Windmühlenflügel. Im Nu hatte er Kyle vor den Bauch gestoßen, schlug ihm auf die Nase und boxte gegen sein linkes Ohr. Dieser Gegenangriff kam so plötzlich und unerwartet, daß Kyle völlig aus der Fassung kam. Drazins Hiebe hatten, obwohl er untrainiert war und aus gut Glück drauflosschlug, etwas von der Wucht beleidigter Empörung.
Der Kampf näherte sich seinem Höhepunkt, als Dexter von seinem Frühstück zurückkehrte. Kyle saß auf dem Bauch des Senators, hatte mit seinen Fingern die Haare seines Gegners gefaßt und hämmerte Drazins Kopf immer wieder auf den Fußboden. Der Senator seinerseits versuchte verzweifelt, Kyles Kehle zu umklammern. Dexter starrte die beiden bestürzt an, zu erschrocken, um irgend etwas unternehmen zu können.
Als er plötzlich seine Geistesgegenwart wiedererlangte, rief er mit aller Autorität, die er aufbringen konnte: »Aufhören, ihr beide! Aufhören!« Er packte den Oberst am Rücken seines zerrissenen Rocks und zerrte ihn von dem keuchenden Leib des Senators weg.
Langsam und unter Schmerzen erhoben sich die beiden Gegner und hielten sich beide verzweifelt an der Schreibtischplatte fest. Sie starrten den Mann vom Sicherheitsamt, der gegessen, sich gewaschen und rasiert hatte und bemerkenswert kühl und selbstbeherrscht aussah, mit glotzenden Augen an.
»Wie ein paar Schuljungen«, sagte Dexter verächtlich. »Was stellen Sie sich eigentlich vor? Sie wollen erwachsene, verantwortungsbewußte Männer sein? Ich bin entsetzt, wirklich entsetzt!
Sie, Herr Oberst, ein hoher Offizier unserer Armee. Und Sie, Senator, ein gewählter Vertreter des Volkes! Eigentlich sollte ich Sie beide gleich hier an Ort und Stelle verhaften!«
Mit unklarer, halb erloschener Stimme sagte Drazin, wobei er seine geschwollenen Lippen kaum bewegte: »Dexter! Wo kommen Sie her? Ich dachte, Sie wären tot!«
»Nein, das bin ich nicht. Ich bin sehr lebendig! Und ebenso Dr. Farrow und Dr. Jollie. Und alle Saturnbewohner. Alle leben und sind wohlauf, außer Ihnen beiden! Sie sehen mehr tot als lebendig aus.«
»Dieser verdammte Irre hat mich angegriffen«, sagte Drazin zornig und deutete mit dem Daumen auf den Oberst.
»Er hat mich über Gebühr herausgefordert«, donnerte Kyle. »Ich habe ohnehin Sorgen genug, ohne daß ich mir noch die Beschimpfungen dieses Idioten gefallen lassen müßte.«
»Hat einer von Ihnen vielleicht eine Zigarette?« fragte Dexter.
Kyle ging um den Schreibtisch herum, nahm eine Schachtel aus einer Schublade und warf sie dem Mann vom Sicherheitsamt zu. Dann zog er einen Stuhl heran und sank schwer darauf nieder. Drazin folgte seinem Beispiel. Sie saßen beide still da und sahen Dexter fragend an, während er die Zigarette anzündete und dankbar den Rauch einzog.
»Alles ist auf den Kopf gestellt«, sagte Kyle. »Ich kann nicht begreifen, was vorgeht. Nichts hat mehr einen Sinn. Seit die Doubles die Bombe zur Explosion gebracht haben …«
»Das haben sie nicht getan«, bemerkte Dexter, der auf der Ecke des Schreibtisches saß. »Sie wurde von einem
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