Krisenfest leben
schwerer konzentrieren können, wichtige Dinge vergessen, mehr Fehler machen als sonst, oder wenn Ihnen die Ideen ausgehen und Routinearbeiten Sie plötzlich anstrengen, können das Hinweise sein, dass sich etwas anbahnt. Weitere Indizien sind ständig wiederkehrende Gedanken, die immer um dasselbe Problem oder um einen bestimmten Konflikt kreisen, ohne dass Sie zu einer Lösung kommen oder auch diffuse Ängste, die sich auf nichts Bestimmtes zu beziehen scheinen.
Treten solche Signale vereinzelt auf, kann es dafür natürlich auch andere Gründe geben, die nichts mit einer persönlichen Krise zu tun haben. Doch wenn die Phänomene sich häufen oder wenn sie über längere Zeit hinweg anhalten, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Vorboten einer Krise sind. Sie einfach zu übergehen undzu glauben, das würde schon »alles irgendwann wieder aufhören« ist eine untaugliche Strategie.
Das Krisen-Dilemma
Je früher Sie eine sich anbahnende Krise erkennen, desto besser können Sie darauf reagieren. Doch oft ist genau das so schwer: Wir nehmen die entsprechenden Signale im aktuellen Geschehen einfach nicht zur Kenntnis – oder wir wollen uns nicht damit auseinandersetzen. Warum ist das so?
Wenn sich Krisen ankündigen, ist dies meist mit starken und unangenehmen Gedanken und Gefühlen verbunden, mit Ängsten, Konflikten, Selbstzweifeln, Ratund Hilflosigkeit. Dem setzt sich niemand gerne aus. Damit wollen wir uns nicht beschäftigen und ziehen es daher – bewusst oder unbewusst – vor, Warnsignale auszublenden oder mit einem beruhigenden »Das wird schon wieder« zu übergehen, weil eben »nicht sein kann was nicht sein darf«.
Je deutlicher aber spürbar wird, dass etwas schief läuft, desto größer wird auch der Leidensdruck – innerer ebenso wie oft auch äußerer Druck – und dementsprechend wächst der Zwang zur Veränderung. Genau dies ist es aber ja, was man vermeiden möchte: Sich der Situation stellen, Klarheit schaffen, Konsequenzen ziehen, Entscheidungen treffen müssen. Druck auszuhalten ist jedoch eine sehr erschöpfende Angelegenheit, daher wächst gleichzeitig und genauso stark auch das Verlangen nach Entspannung, das Bedürfnis danach, das Unangenehme zu ignorieren, auszublenden, es einfach vergessen zu wollen. Eine echte Zwickmühle.
Nur allzu bereitwillig lenken wir uns dann ab und geben uns besagter Illusion hin, es werde alles von selbstwieder in Ordnung kommen. Doch wenn wir aus den Signalen nicht frühzeitig die richtigen Konsequenzen ziehen, spitzt sich das Ganze in aller Regel weiter zu. Das gilt für Konflikte am Arbeitsplatz ebenso wie für Gesundheitsprobleme, Beziehungskrisen, finanzielle Engpässe oder Selbstwertkonflikte. Leider wird uns der Zusammenhang zwischen diesen Phänomenen des Wegschiebens und der späteren Eskalation oft erst im Nachhinein bewusst. Dann ist man, wenn die Zeichen auf Sturm stehen, schon zu überarbeitet, gesundheitlich zu angeschlagen oder einfach zu erschöpft, um zu spüren, was genau in einem selbst vor sich geht, oder um zu ergründen, wo es im Verhältnis zum Chef, zum Partner, zur Familie usw. eigentlich hakt und nachzuvollziehen, wie es zu dem Desaster hat kommen können.
Fassen Sie also Mut, die Zeichen zu beachten und sich rechtzeitig bewusst zu werden, dass Sie auf eine Krise zusteuern. Dann können Sie handeln, das Ruder herumreißen und verhindern, dass es zum Schlimmsten kommt.
Schock ohne Vorwarnung
Manchmal jedoch ereilt uns eine Krise ohne jede Vorwarnung über Nacht, so dass das Leben auf einmal schlagartig eine Richtung bekommt, die völlig abwegig erscheint. Mit diesen Schicksalsschlägen aus heiterem Himmel kommen wir sehr schwer klar.
Plötzliche Krisen sind unerwartet auftretende schmerzliche Situationen, die die physische und psychische Existenz, die soziale Identität und Sicherheit bedrohen können, wie beispielsweise Todesfälle in der Familie oder im Freundeskreis, schwere Erkrankung, plötzliche Invalidität, Brände usw.
Solche Krisen zwingen dazu, wahrgenommen zu werden. Sie können nicht ignoriert werden, denn von jetzt auf gleich ist nichts mehr so, wie es war. Trotzdem ist gerade hier die Realitätsverweigerung eine häufige Reaktion. »Es kann doch einfach nicht sein, dass der geliebte Partner nie mehr den Arm um mich legen wird.« Oder: »Völlig ausgeschlossen, dass ausgerechnet ich Krebs haben soll.« Wir begreifen nicht, was passiert ist, fühlen uns wie betäubt oder verlieren uns in ziellosen
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