Krishna-Zyklus 10 - Die Kontinente-Macher
Feuer auf uns eröffnete, mussten wir uns verteidigen.«
Sklar schaute zum Himmel hinauf. »Wo sind die anderen thothianischen Schiffe hin?«
»Ich habe ihnen befohlen, den Stützpunkt Bahia anzufliegen. Dort wartet schon ein Empfangskomitee auf sie, um sie zu verhaften. Und jetzt darf ich Sie bitten, unter Deck zu kommen. Sobald Sie trocken sind und sich aufgewärmt haben, möchte ich mir gern Ihre Geschichte anhören.«
Das schrille Pfeifen von Strahltriebwerken ließ sie herumfahren. Von Westen her näherte sich ein Wasserflugzeug. Als es tiefer ging und zur Landung ansetzte, erkannten sie auf seinem Rumpf die Hoheitszeichen der Vereinigten Staaten von Brasilien.
»Verspätet, wie immer«, brummte Sklar und stieg den anderen voran die Treppe hinunter.
IX
Im Flugzeug nach New York saß Jeru-Bhetiru Graham und Varnipaz in einem irdischen Kleid gegenüber, das sie sich in Rio gekauft hatte. Ein bezaubernder Anblick, auch wenn das Kostüm ihre vorderen Rundungen weit weniger auffällig in den Vordergrund stellte als ihr einheimisches Gewand. Varnipaz’ und Grahams Haare waren schon wieder prächtig gesprossen, seit sie sich ihrer Perücken beziehungsweise ihrer Schutzkappen entledigt hatten.
»Es tut mir so leid um den armen Mr. Gil«, sagte Jeru-Bhetiru mit trauriger Miene. »Ich wäre lieber nicht gerettet worden, wenn ich gewusst hätte, dass er dabei umkommen würde.«
Varnipaz nickte düster. »Er sagte, er wollte noch was erleben, bevor er sterben würde. Dass sein Wunsch so schnell und auf solche Weise in Erfüllung gehen sollte …« Er wandte sich Gordon zu. »Ich verdanke Ihnen mehr, als ich je wieder gutmachen könnte, Gordon. Da ich auf meinem Planeten eine recht einflussreiche Persönlichkeit bin, die zudem nicht ganz mittellos ist, möchte ich Ihnen gern eine Belohnung zuteil werden lassen. Nennen Sie mir einen Wunsch, und sofern es in meinen Kräften steht, werde ich ihn erfüllen.«
Graham schaute von dem Testbericht auf, den er gerade für die brasilianische Bundespolizei anfertigte, und wechselte einen Blick mit Jeru-Bhetiru. Varnipaz hatte sich als ein wirklich feiner Kumpel herausgestellt, und er, Graham, konnte ihm ja nun schwerlich sagen, dass sein größter Wunsch ausgerechnet Jeru-Bhetiru war, seine Verlobte.
»Keine falsche Bescheidenheit!« bat Varnipaz lächelnd. »Nennen Sie mir Ihren Wunsch.«
»Also – eh …«, druckste Graham herum.
»Seien Sie ganz offen!«
Graham holte tief Luft und sagte: »Wenn Sie es w-w-wirklich w-w-wissen wollen, also – eh – nun, ich bin in Ihre Verlobte verliebt.«
Varnipaz hob ein wenig seine Antennen. »Interessant. Das ist allerdings eine Sache, die ganz allein sie entscheiden muss. Was sagst du dazu, Jera-Bhetira?«
»Ich liebe Gorodon auch«, sagte sie. »Sehr sogar. Trotzdem werde ich selbstverständlich dich heiraten, wie geplant.«
»Wie bitte?« stieß Graham erstaunt hervor. »Wie stellst du dir das denn vor?«
Sie erklärte leise: »In meinem Land hat dieser Zustand, den du ›Verliebtsein‹ nennst, nichts mit Heiraten und Ehe zu tun. Wir glauben vielmehr, dass Leute, die sich auf der Grundlage von Interesse und gegenseitigem Vorteil zusammentun, auf lange Sicht glücklicher sind als jene, die sich auf der Grundlage einer vorübergehenden sexuellen Anziehung aneinander binden. Natürlich kommt letzteres auch bei uns hin und wieder vor, aber wir betrachten diese Leute eigentlich als bedauernswerte Opfer. Wir können mit diesem romantischen Ideal der irdischen westlichen Kultur nicht viel anfangen; es ist uns eher fremd.
Die Verlobung zwischen Varnipaz und mir ist hingegen eine Frage der Staatsräson: sie hat den Zweck, ein Band zu knüpfen zwischen Katai-Jhogorai, dem kultiviertesten Staat auf Krishna, und Sotaspé, dem technisch am weitesten fortgeschrittenen. Wir mögen uns, und wir werden sicherlich gut miteinander auskommen, und es wäre sicherlich sehr dumm und unverantwortlich, einen solchen ausgezeichneten Plan wegen einer vorübergehenden Verblendung, noch dazu mit einem Erdenmenschen, aufs Spiel zu setzen. Du und ich, Gorodon, wir könnten wahrscheinlich nicht einmal Junge haben.«
»W-wir k-k-könnten doch welche adoptieren«, versetzte Gordon zaghaft.
»Adoptieren? Was denn? Einen Osirer mit Schuppen vielleicht oder einen Vishnuvaner mit sechs Beinen? Nein, liebster Gorodon, du weißt genau wie ich, dass das nicht dasselbe wäre …«
Und dann landeten sie auch schon auf dem New Yorker Flughafen. Varnipaz
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