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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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vor ihr auf, schnappte ihr das Ei weg und verschluckte in einem Zug und laut schmatzend den gesamten Dotter. Dann warf er die leere Schale weg und packte die Große, zwang sie auf die Knie, umspannte mit einer Hand ihre Handgelenke, drückte mit der anderen ihren Nacken hinunter und drang von hinten in die lauthals Protestierende ein.

    Als er fertig war, verzog er sich, um im Schatten ein Schläfchen zu halten. Dort, wo es ihm am angenehmsten schien, saß aber bereits Skorpion, den Rücken an einen Baum gelehnt. Eine grollend erhobene Faust von Löwe, eine kurze Auseinandersetzung, und Skorpion schlich gedemütigt davon.
    Während die Familie vor sich hin döste, wühlte die Große nochmals in den Eierschalen herum, in der Hoffnung, hier und da noch Reste von Dotter oder Eiweiß zu finden. Nicht Hunger war es, der sie antrieb, sondern Durst. Wieder beobachtete sie die Rauchwolken am Himmel. Und für sie stand fest, dass, je weiter sie in die eingeschlagene Richtung zogen, das Wasser immer schlechter sein würde.
    Der Berg war wieder eingeschlafen, der Ausstoß von Rauch und der Ascheregen hatten nachgelassen, sodass die Luft etwas klarer geworden war. Nach Tagen, an denen sich die Menschen nur von Wurzeln, wilden Zwiebeln und ein paar Eiern ernährt hatten, gierten sie nach Fleisch. Deshalb folgten sie einer Herde aus Antilopen und Zebras, obwohl sie wussten, dass die Raubkatzen das Gleiche tun würden. Als die Herde eine Pause einlegte, um zu grasen, bezog Nüster auf einem grasbewachsenen Hügel Posten; die anderen duckten sich ins hohe Gras.
    Schweigend verharrten sie in der morgendlichen Stille.
    Allmählich erwärmte sich der Tag, Hitze breitete sich aus. Endlich wurde ihre Ausdauer belohnt. Sie sahen, wie eine Löwin verstohlen durchs Gras pirschte. Ihre Taktik war klar: Da die meisten Tiere über längere Strecken hinweg schneller waren als ein Löwe, würde auch diese hier im Verborgenen bleiben, unentdeckt, und sich immer näher an die grasenden Tiere heranschleichen, dicht genug, um der angepeilten Beute habhaft zu werden.
    Die Große und Alte Mutter, Baby und der Hungrige und alle Übrigen rührten sich nicht vom Fleck, hielten Blickkontakt zu Nüster, der ihnen immer wieder signalisierte, wie weit sich die Löwin an die Herde herangepirscht hatte. Unvermittelt setzte die Raubkatze zum Sprung an. Ein Schwarm Vögel stob auf. Die Herde floh. Aber die Löwin brauchte ihr nur ein kurzes Stück nachzusetzen, um ein langsameres Zebra einzuholen. Schon hatte sie es angesprungen und mit einem mächtigen Prankenhieb in die Flanke zu Boden geworfen. Das Zebra versuchte sich hochzurappeln, aber da fiel die Löwin bereits über das Tier her, biss ihm in die Schnauze und ließ nicht locker, bis das Zebra erstickt war. Als dann die Löwin ihre Beute in den Schatten eines Baobabbaums zerrte, schlichen sich die Menschen lautlos und geduckt an sie heran, kauerten sich, als das gesamte Rudel auftauchte, wieder ins Gras. Eine Zeit lang war die Luft erfüllt vom Knurren und Zischen, das die Rangeleien der Löwen untereinander begleitete, ehe sie sich niederließen und über den Kadaver herfielen. Am Himmel kreisten die ersten Geier. Den Menschen lief beim Anblick eines so großen Batzens Fleisch das Wasser im Mund zusammen. Aber sie harrten geduldig im Verborgenen aus, lauerten auf ihre Chance. Selbst die Kinder wussten, dass sie mucksmäuschenstill zu sein hatten, dass es darum ging, etwas zu essen zu bekommen oder selber gefressen zu werden.
    Der Nachmittag zog sich hin, die Schatten wurden länger, als Einziges vernahm man das gierige Schmatzen der großen Katzen.
    Nüster hatte Schmerzen im Rücken und in den Beinen. Der Hungrige verspürte das dringende Bedürfnis, sich in den Achselhöhlen zu kratzen. Mücken ließen sich auf nackter Haut nieder und stachen erbarmungslos zu. Aber die Menschen rührten sich nicht. Sie wussten, dass sich das Warten lohnen würde.
    Die Sonne berührte den Horizont. Ein paar Kinder fingen leise an zu quengeln und zu weinen, aber inzwischen waren die Raubkatzen viel zu voll gefressen, um darauf zu achten; gähnend zogen sich die an ihrer schwarzen Mähne zu erkennenden Männchen von dem zerfleischten Kadaver zum Schlafen zurück, gefolgt von gut genährten Jungen mit blutverschmierten Schnauzen. Kaum dass sie sich unter einem Baobabbaum niedergelegt hatten, erschienen die Geier. Nüster und der Hungrige warfen Löwe einen fragenden Blick zu, und als der das Signal gab, stürmten sie alle

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