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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Zimmer. Er streckte eine Hand aus, ergriff den Stuhl, der neben dem Bett stand, mit langen, schlanken Fingern, drehte ihn um und ließ sich lässig auf die harte Sitzfläche fallen. Er beugte sich vor und legte sein Kinn auf die Stuhllehne. Seine Arme baumelten über dem senffarbenen Kunstleder. Er runzelte die Stirn und hob langsam die Augenbrauen, während er Angel musterte. »Ich meine, du siehst wirklich zum Kotzen aus. Noch schlimmer als beim letzten Mal.«
    Angel hatte nicht die Kraft, um lächeln zu können. »Gibst du mir 'ne Zigarette?«
    Val griff in seine Tasche und zog eine Schachtel Marlboro heraus. Er öffnete die Klappe, warf einen Blick auf den Inhalt und zuckte die Schultern. »Leer. Tut mir Leid. Hatte nicht dran gedacht.« Er zog einen Flachmann mit Tequila aus der Innentasche seiner Jacke und grinste. »Aber ich bin nicht völlig nutzlos.« Er stellte die Flasche auf den Nachttisch. »Habe mir gerade die Tageszeitungen von gestern angesehen. Deine Sterbeszene war unglaublich - nicht mal ich hab gewusst, dass du so gut bist. Der Autor war völlig ausgerastet. Wenn du hier rauskommst, werden wir uns sofort um die Oscar-Nominierung kümmern. Der Publicitymanager meint...«
    Bla, bla, bla. Vals Stimme summte weiter und weiter, aber Angel hörte nicht mehr zu. Er registrierte ohnehin nichts mehr.
    Er starrte den Mann an, der erst sein Freund gewesen war, dann sein Agent, jetzt schon seit sechzehn Jahren, versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen - zu spielen, als sei das eine Filmszene, die genau in diesem Augenblick gedreht wurde. Aber er schaffte es nicht. Ein so guter Schauspieler war er nicht.
    Er erinnerte sich plötzlich an die Nacht, in der er Val kennen gelernt hatte. Das war in New York gewesen, mitten in einer Winternacht, in einer schäbigen Kneipe. Da hatten sie beide gefroren, waren hungrig und einsam gewesen. Angel war damals fast noch ein Kind - noch keine achtzehn Jahre alt und schon seit über einem Jahr auf sich allein gestellt.
    Sie wurden fast auf Anhieb Freunde und verbrachten das nächste Jahr damit, von Stadt zu Stadt zu ziehen, weiter und immer weiter zu laufen, bis es keinen Spaß mehr machte - von einem verflohten Motel zum nächsten, in Städten ohne Namen, Schnaps saufend und aus Abfalltonnen essend.
    Erstaunlich, dass sich das alles an einem einzigen Tag schlagartig geändert hatte ... an einem Tag, der mit altem Thunfisch begann. Val war schwer erkrankt durch ein Thunfischsandwich, das er in einem Imbiss in Arizona geklaut hatte. Aus dem Krankenhaus rief er seine Eltern an. Binnen weniger Stunden befanden die beiden Jungen sich in dem prachtvollen New Yorker Penthouse der Lightners.
    Vals Mutter war die schönste Frau, die Angel je gesehen hatte. Kalt wie Eis und so hart wie Diamanten. Val genoss es, ihr zu erzählen, wo sie gewesen waren und was sie getan hatten. Natürlich war sie entsetzt, aber Val brachte sie dazu, ihm zu versprechen, ihnen ein Apartment zu geben und sie aufs College zu schicken.
    »Aber du hast ja nicht einmal die Highschool abgeschlossen«, sagte sie mit nasaler, gelangweilter Stimme.
    Val lachte nur. »Bitte, Mutter. Du bist reich.«
    Sie hatte einen beringten Finger auf ihn gerichtet. »Das Leben wird nicht immer nach deinen Wünschen verlaufen, Val.«
    Er hatte ihr darauf ein entwaffnendes Lächeln geschenkt. »Du darfst die Hoffnung nie aufgeben, Mutter.«
    Angel schüttelte seinen Kopf, um die Erinnerungen zu verdrängen. Dann schaute er Val an. »Sie wollen mir das Herz rausschneiden.«
    Val klopfte auf eine andere Tasche. Er suchte noch immer nach Zigaretten. »Das müssen sie erst einmal finden.«
    »Ich mein's ernst, Val. Sie wollen bei mir eine Herztransplantation vornehmen.«
    Vals Lächeln schwand. »Du meinst, dein Herz rausreißen und das von einem Toten reinstecken?«
    Angel fühlte sich hundeelend. »So was in der Art.«
    »Mein Gott.« Val krümmte sich.
    Angel seufzte. Irgendwie hatte er von Val mehr erwartet, wusste aber nicht, was dieses Mehr war. »Ich brauche einen Spender«, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. »Ein wirklich guter Agent würde mir ein Angebot machen.«
    »Ich würde dir mein Hirn geben, Junge. Gott weiß, dass ich es nicht benutze. Aber mein Herz...« Er schüttelte seinen Kopf. »Gott, Jesus...«
    »Bete nicht«, schnappte Angel, »sondern versuch, etwas Hilfreicheres zu sagen. Ich brauche Rat. Teufel auch, wenn ich gewusst hätte, dass mir eines Tages eine Transplantation bevorstünde, hätte ich das

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