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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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so viel Energie ...
    Er hörte wieder ihre Stimme, die ihm gut zuredete, seinen Namen flüsterte. Er kämpfte, um die Schichten von Baumwolle und Nebel, die sich um ihn ballten, beiseite zu schieben. Schließlich öffnete sich ein Auge langsam und Licht traf ihn, ließ ihn wieder enteilen, den tröstenden Schatten zu.
    »Komm schon, Angel, öffne deine Augen.«
    Langsam, zögernd versuchte er es wieder. Und fand sie neben sich sitzend, ihr maskiertes Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt. Für einen Sekundenbruchteil war er wieder siebzehn und sie war seine Madelaine, wartete auf ihn.
    Er versuchte sich zu erinnern, wo er war, warum sie hier war.
    Dann bemerkte er seinen Herzschlag, kräftig und gleichmäßig. Ta-dum, ta-dum, ta-dum.
    Er presste seine Augen fest zu, und alles, was er hören konnte, war das Hämmern seines - oder das von jemand anderem -Herzens in seiner Brust, sein Pochen unter seiner Haut. Er wollte nach den Nadeln und Schläuchen greifen und alles herausreißen, aber seine Hände waren schwach und zitterten.
    Nie zuvor hatte er solch ein vernichtendes Gefühl von Vergewaltigung erlebt, von Verlust. Er fühlte sich überfallen. Das Herz des Fremden gehörte ihm nicht. Er spürte es bei jedem Atemzug, zu laut pochend, schmerzend in seiner geschundenen Brust. Wo war sein eigenes Herz? Es war zwar schwach und nutzlos gewesen, hatte aber ihm gehört, und jetzt war es weg. Lag irgendwo im Abfall...
    Sein Herz, das Lagerhaus seiner Seele, seiner Träume, seiner Ideen...
    »O Gott...«, flüsterte er mit einer krächzenden, brüchigen Stimme, die er nicht wiedererkannte. Panik überkam ihn.
    Gott, es war nicht einmal mehr seine Stimme. Nichts von ihm war übrig geblieben, nichts...
    Dann bremste ein Wort seinen Sturz, ließ ihn atemlos und zitternd und noch verängstigter, als er je zuvor in seinem Leben gewesen war, zurück. SPENDER.
    Er zwang seine Augen wieder auf und starrte zu Madelaine auf. Er wusste, dass er weinte, konnte spüren, wie die Tränen über seine Wangen rannen. Aber es war ihm egal. »Wer?«
    Sie zuckte zusammen, als sei sie von einem Schlag getroffen. »Angel«, sagte sie mit einer Stimme, die für eine Sekunde so ruhig war, dass er schwankte. Er wollte nichts weiter, als in diese Stimme fallen, in diesen Blick ihrer Augen. »Denk jetzt nicht über diese Dinge nach. Entspann dich einfach. Die Operation ist gut verlaufen. Du machst gute Fortschritte. Dein Zustand ist gut. Gut.«
    Die Operation. Er dachte wieder an sein Herz, sein eigenes, wertloses Herz, und die Tränen flössen weiter und weiter. Er hatte das Gefühl, zu trauern, aber er wusste nicht, für wen, für was. Er wusste nur, dass dieses Herz nicht seins war, aber es war in ihm, klopfte zu laut, pumpte zu effizient. Seine Hände und seine Füße waren unangenehm warm und plötzlich zog er die kalte Taubheit, die er zuvor gespürt hatte, diesem ... Ding vor, das in ihm schlug.
    Die Frage kam wieder, lastete auf seinem klopfenden Herz. "Wessen Herz war das? Er wollte die Frage wieder stellen, eine Antwort verlangen, konnte es aber nicht, konnte entweder die Worte nicht bilden oder sie nicht durch seine wunde, brennende Kehle zwingen. Er fragte sich plötzlich, ob er es wirklich wissen wollte. Lieber Gott - will ich wirklich wissen, wer in mir ist, mich am Leben erhält, meine Hände und Zehen wärmt?
    Madelaine streichelte die eine Seite seines Gesichts und es fühlte sich so gut an, so gut. Er schloss wieder die Augen und schüttelte den Kopf. Er wollte etwas zu ihr sagen, aber was? Was?
    Die Dunkelheit kehrte wieder zu ihm zurück, streckte ihre stummen Finger aus, zog ihn zurück in diesen dunklen Kokon, in dem er sich an nichts erinnerte, ihm alles egal war.
    »Angel, du wirst gesund werden, alles wird gut werden«, kam ihre Stimme wieder, tröstend, beruhigend. »Du wirst dich besser fühlen, wenn die Narkosenachwirkungen vorbei sind. Vertrau mir. Du erlebst im Augenblick eine Desorientierung. Das ist normal. Das war zu erwarten. Mach dir keine Sorgen.«
    Er drehte den Kopf ein wenig, spürte, wie das Kissen unter seiner Wange nachgab. Das EKG-Gerät neben ihm spuckte Unmengen von Papier aus, zeigte seine hellrosa Herzlinie auf dem schwarzen Bildschirm. Für eine Sekunde konnte er nicht deutlich sehen, konnte nicht klar erkennen, was er sah. Dann begriff er plötzlich. Auf dem Computerbildschirm liefen zwei verschwommene Linien nebeneinander, wo zuvor nur eine gewesen war.
    Furcht stieg in ihm auf, durchdrang ihn mit

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