Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
würde nie wieder in Ordnung sein.
Er sitzt auf der Verandaschaukel und versucht, sie zum Schwingen zu bringen, aber die Holzleisten bleiben völlig bewegungslos. Die Luft ist dick und schwer und riecht nach nichts. Vorher hatte er nicht wissen können, was das ist, dieses Nichts, aber jetzt weiß er es. Er versucht, sich an die Millionen Düfte zu erinnern, die sonst vorne um ihre Veranda schwebten. Rosen und frisch geschnittenes Gras, die fruchtbare Feuchtigkeit von lehmiger Erde, wenn der Regen kam, der Geruch des Windes selbst, wenn er Blätter über den Bürgersteig wehte. Selbst die toten braunen Glyzinienranken, die sich um ihr weißes Geländer schlangen, hatten ihren eigenen winterlichen Geruch.
Jetzt ist dort nichts. Der Wind geht an ihm vorbei. Er kann sehen, wie er die gefallenen Blätter berührt, sie in winzigen Wirbeln auf dem braunen Gras zusammentreibt, aber keines davon berührt ihn dort, wo er auf der Verandaschaukel sitzt, die er nicht in Bewegung versetzen kann.
Er wartet darauf, dass etwas geschieht. Das ist alles, was er weiß. Da drüben ist eine Bewegung, die sich außerhalb seiner Reichweite vollzieht. Er spürt dies so, wie er einst den Regen auf seinen Wangen oder den Wind in seinem Rücken spürte. Etwas bleibt ihm noch zu tun.
Er hat gelernt, dass er sich, wenn er sich sehr, sehr angestrengt konzentriert, in ihrem Hause orientieren kann, zwischen ihren Dingen umhergehen kann, nach Kleinigkeiten greifen kann - Erinnerungsstücke an eine Vergangenheit, die er immer schneller vergisst. Aber es macht ihn müde, all dieses Denken, bringt ihn dazu, Dinge zu spüren, die ihn schmerzen, und wenn er fertig damit ist, wünschte er sich, sich nicht bewegt zu haben, einfach auf dieser Schaukel sitzen geblieben zu sein, auf der er sich so zu Hause fühlt.
Gestern Abend war Lina neben ihm, und als sie sich setzte, spürte er, wie die Schaukel knackte und sich unter ihm bewegte. So sehr, dass er die Bewegung des Windes fast spüren, das Knarren der Holzlatten fast hören konnte. Aber am Ende glaubt er, dass es einfach nur eine Erinnerung war, dass er all diese Dinge überhaupt nicht hören könne.
Sie hatte geweint, sein kostbares Baby, und in irgendeinem Winkel seiner Seele hatte er gewusst, dass sie um ihn geweint hatte. Er hatte sich danach gesehnt, sie zu berühren, sie zu trösten, aber er konnte sich bei ihrem heftigen Schluchzen, das ihn überschwemmte, nicht konzentrieren. So hatte er getan, was er tun konnte, die Kraft genutzt, die zusammengerollt in der Leere seines Bauches lag. Er hatte die Augen fest geschlossen und in Gedanken zu ihr gesprochen. Worte, klägliche Reste von Worten, derer er sich kaum erinnern konnte.
Ich bin hier, Lina, ich bin hier...
Er hatte diese Worte wieder und wieder und immer wieder gedacht, aber dennoch waren ihre Tränen weiter geflossen, hatten ihn durchdrungen, ihm Schmerzen bereitet.
Schließlich war sie ins Haus gegangen und er war ihr gefolgt, war von Zimmer zu Zimmer gewandert, hatte verzweifelt gehofft zu fühlen, dass er in dieses Haus gehöre, das einzige wirkliche Heim, das er je gekannt hatte. Aber mit dem Vergehen der Zeit hatte er gespürt, wie er schwächer und schwächer wurde. Einmal, als er nach unten blickte, konnte er seine Füße nicht sehen und in der nächsten Sekunde begannen seine Beine zu verschwinden. Schließlich hatte er sich am Fußende ihres Bettes wie eine Katze zusammengerollt und die Augen geschlossen.
Das Nächste, was er weiß, ist, dass er wieder hier ist, auf der Verandaschaukel sitzt. Sonnenschein ist rings um ihn, fällt aus flauschigen Wolken, die hoch an einem klaren, blauen Himmel hängen. Ein letztes gelbbraunes Blatt fällt raschelnd von einer Glyzinienranke und sinkt auf den Rasen.
Er blickt nach unten und seine Füße sind noch immer verschwunden, seine Beine ein unbeständiges Schimmern von Schatten vor der weißen Farbe der Dielen der Veranda. Er fragt sich, wie lange das so weitergehen wird, dieses langsame Verschwinden, und was aus ihm werden wird, wenn es vorbei ist.
Und so wartet er.
Angel lag sehr still da. Alles war dunkel. Er konnte Geräusche hören, Geräusche, die ein verwirrendes, erschreckendes Getöse waren. Er blinzelte, versuchte, die Augen zu öffnen. Es gelang ihm nicht.
»Angel?«
Er hörte ihre Stimme, die von irgendwo aus der Dunkelheit zu ihm drang. Er brauchte sie plötzlich, brauchte sie so sehr... Er versuchte wieder, die Augen zu öffnen. Seine Lider zuckten. Es kostete
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