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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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vor. Ihre Blicke fanden sich. Der Moment dauerte an, verlängerte sich auf eine eigenartige Weise, die ihr Herz schneller schlagen ließ.
    Bevor sie etwas sagen konnte, war es vorbei. »Es ist nichts, Maddy-Mädchen. Überhaupt nichts.«
    Sie fühlte sich - verrückterweise - so, als ob sie ihn gerade im Stich gelassen hätte. »Ich bin immer für dich da, Francis. Das weißt du.«
    »Ja«, sagte er und schenkte ihr ein trauriges, zärtliches Lächeln. »Das weiß ich.«
     
    Lina rutschte von dem harten Plastiksattel ihres Rennrads runter und klappte den Ständer aus. Das Fahrrad neigte sich etwas nach links und blieb stehen. Sie zog den Helm vom Kopf und schüttelte ihr jungenhaft geschnittenes Haar, fuhr mit den Fingern durch die feuchten, verschwitzten Strähnen, damit die so stachelig und ungekämmt wie möglich hochstanden.
    Ihre Mutter war über die Frisur natürlich entsetzt gewesen. Wie Billy Idol, Lina. Willst du wirklich wie Billy Idol aussehen ?
    Die Wahrheit war, dass ihre Mutter ihr kein größeres Kompliment hätte machen können, und außerdem war heute der ideale Tag, um wie Billy Idol auszusehen.
    Es war Linas sechzehnter Geburtstag und sie war im Begriff, Stunk zu machen. Teufel auch, sie brannte förmlich darauf.
    Es gab nämlich nur ein Geschenk, das sie haben wollte -aber wenn sie sich das wünschte, würde sie den Ärger ihres Lebens riskieren.
    Sie griff in ihre lederne Motorradjacke und zog ein zerknautschtes Päckchen Marlboro Lights heraus. Sie steckte eine an, nahm dann einen tiefen Zug. Ihre Lunge brannte und sie hustete, aber das war's ihr wert.
    Mom hasste es, wenn sie rauchte.
    Lächelnd schlenderte sie über den Ziegelweg durch den perfekten Vorgarten im Martha-Stewart-Stil auf das weiße Farmhaus mit der riesigen Panoramaveranda zu. Es stand allein am Ende der Straße. Es war einmal von hundert Morgen Weideland umgeben gewesen. Jetzt war es das einzige altmodische Haus auf einer Straße von Reihenhäusern, die aussahen, als seien sie mit Plätzchenformen ausgestochen worden. Wie immer war jeder Strauch und Baum exakt gestutzt und das Gras ein Teppich von rasiertem Grün. Topfpflanzen in Herbstfarben säumten die Stufen, die zur Veranda hochführten.
    Das Einzige, was an dieser kitschigen Postkartenansicht von Stadtrandidylle fehl am Platze wirkte, war Vater Francis' schäbiger gelber VW Käfer, der in der Auffahrt stand. Sie bemerkte eine neue Beule in der verrosteten vorderen Stoßstange und überlegte kurz, wen er diesmal gerammt haben mochte.
    Auf der Veranda blieb sie stehen und fuhr erneut mit einer Hand durch ihr Haar. Sie wusste, dass sie heute besonders schlimm aussah - billig und heruntergekommen und als ob sie mächtig in Schwierigkeiten steckte -, genau so, wie sie aussehen wollte. Drei Ohrringe im rechten Ohr, vier im linken. Lippenstift in der Farbe geronnenen Blutes und blaue Mascara. Hautenge schwarze Levi's mit einem Dutzend ausgefranster Löcher und ein fleckiges weißes Männer-T-Shirt.
    Sie wusste, dass es ein Zeichen von Unreife war, sich so anzuziehen, nur um ihre perfekte Mutter zu ärgern, aber das war ihr egal. Im Gegenteil - sie tat alles, um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter zu wecken. Doktor Hillyard, die Jungfrau Maria der Medizin, die nach einer Zehn-Stunden-Schicht im Krankenhaus noch immer umwerfend aussah und nie etwas Falsches zu tun schien. Jedes Mal, wenn Lina ihre Mutter ansah, fühlte sie sich klein und dumm und albern. Früher hatte sie das gestört, dazu geführt, dass sie sich in den Schlaf weinte, sich gefragt hatte, warum sie ihrer makellosen Mutter nicht ähnlicher war.
    Aber das war dann so langweilig geworden, all dieses Weinen und Wollen und Brauchen. In diesem Jahr war ihr bewusst geworden, dass sie niemals wie ihre Mutter sein würde, und diese Erkenntnis hatte sie befreit. Lina versuchte nicht länger, gute Zensuren zu bekommen und gute Freunde zu finden und überhaupt alles gut zu machen. Sie war in ihrer Rebellion aufgeblüht, schwelgte geradezu darin.
    Nach einer Weile jedoch war nicht einmal dies genug. Und schließlich hatte sie langsam zu verstehen begonnen, was falsch war.
    Daddy.
    Es war kindisch, ihn so zu nennen, aber sie konnte nicht dagegen an. Sie erinnerte sich haargenau an den Tag, als sie ihren Vater erstmals vermisste. Nicht auf eine vage Ich-wünschte-er-wäre-hier-Weise, sondern mit einem ganz ernsten Gefühl von Verlust, das in ihrer Magengrube nagte.
    Es war in der sechsten Klasse gewesen, ein Jahr, bevor sie ihre

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