Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
aber das alles haben Sie bereits gehört. Als junger Mann haben Sie eine Virusmyokarditis gehabt und die hat Ihr Herz beschädigt. Man hat Ihnen geraten, Ihren Lebenswandel zu ändern. Diesen Rat haben Sie offensichtlich ignoriert.« Er schüttelte seinen Kopf. »Der technische Terminus für Ihren gegenwärtigen Zustand ist Kardiomyopathie im Endstadium. Was bedeutet, Ihr Herz kann nicht mehr. Ist verbraucht. Wenn diese Operation nicht erfolgt, werden Sie sterben. Bald.«
Wut durchzuckte Angel so intensiv und schnell, dass er sich benommen fühlte. »Eine Operation, Gott, ihr Ärzte seid doch alle gleich. Sie sagen >Sie brauchen eine Operation< so, als würden Sie mir sagen, mir müsste ein Weisheitszahn gezogen werden.« Er versuchte angestrengt, sich weiter aufzurichten, konnte es aber nicht. Das Scheitern verstärkte seinen Ärger. »Schön, Doc, dann lassen Sie sich mal Ihr verdammtes Herz rausschneiden und erzählen mir anschließend, wie es war. Wenn Sie dann noch immer die Operation gutheißen, werde ich darüber nachdenken.«
Allenford hatte die ganze Zeit Blickkontakt gehalten, doch die Fältchen in seinen Wangen schienen sich zu vertiefen. »Ich weiß nicht... ich bin nie ein sehr mutiger Mann gewesen.«
Er sagte diese Worte sehr ruhig und ehrlich. Angels Ärger legte sich. An seine Stelle trat Furcht, die sein Inneres erfüllte. »Mein Herz«, flüsterte er. Er wollte keck und selbstsicher klingen, wusste aber, dass er wieder versagt hatte.
Allenford starrte auf ihn herab. »Ich kann nicht behaupten, dass ich weiß, wie Sie sich fühlen, Mr DeMarco, aber ich kann Ihnen ein wenig über operative Eingriffe erzählen. Sie etwas entmystifizieren. Vor Jahren waren Herztransplantationen sehr riskante Wagnisse, ihr Ausgang war sehr unsicher und die meisten Patienten starben. Aber in den letzten zehn Jahren haben wir gewaltige Fortschritte gemacht. Medikamente, die die Abstoßung verhindern, Gewebecharakterisierung, Immunosuppressoren - sie alle haben eine enorm wichtige Rolle gespielt, damit diese Art von Operation erfolgreich wurde. Und Sie sind noch einer von den Glücklichen - nur Ihr Herz ist beschädigt. Ihre anderen Organe funktionieren erstaunlich gut, wenn man bedenkt, welches Leben Sie geführt haben. Das bedeutet hinsichtlich der Langzeitprognose nach der Operation einen Vorteil. Schätzungsweise neunzig Prozent aller Patienten leben anschließend ein relativ normales Leben.«
»Relativ normal«, sagte Angel, dem bei diesem Gedanken übel wurde.
»Ja, relativ. Sie werden für den Rest Ihres Lebens Medikamente nehmen, müssen Ihre Diät genau einhalten und Sport treiben. Keine Drogen, keine Zigaretten, kein Alkohol.« Er beugte sich vor und lächelte freundlich. »Das sind die Nachteile. Der Vorteil ist, dass Sie leben werden.«
»Klingt, als sei das ein tolles Leben. Ich kann's kaum erwarten.«
Allenfords raubvogelartige graue Brauen zogen sich langsam zusammen. »Ich habe am Ende des Korridors einen siebzigjährigen armen Apfelpflücker, dem ein neues Herz auch nicht mehr helfen wird ... Und dann ist da ein sechsjähriges Mädchen, das die ganze letzte Woche immer wieder Herzstillstand hatte. Sie will nur eines: lange genug leben, um sieben Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte zu sehen. Die beiden würden sofort mit Ihnen tauschen.«
Angel fühlte sich schäbig. »Hören Sie, es tut mir Leid, ich habe nur...«
Allenford wollte das nicht so einfach durchgehen lassen. »Ich weiß, dass Sie eine Berühmtheit sind, aber glauben Sie mir, das bedeutet hier überhaupt nichts. Ihre Wutanfälle und Ihr Egoismus interessieren mich absolut nicht. Hier drin sind Sie nichts weiter als ein Patient, der auf ein neues Herz wartet. Die knallharte Wahrheit ist, Mr DeMarco, dass Sie sterben werden. Ohne Transplantation werden Sie schwächer und schwächer werden. Sie werden nicht mehr in der Lage sein, sich viel zu bewegen, und einigermaßen vernünftig atmen zu können, wird Ihnen wie ein Geschenk Gottes erscheinen. Ich weiß, dass es schwer ist, aber Sie müssen langsam begreifen, was ich Ihnen sage. Ihr bisheriges Leben ist vorbei.«
Angel wusste, dass er jetzt den Mund halten und Kooperationsbereitschaft heucheln sollte. Aber er war wütend und voller Angst. Seine Berühmtheit war stets eine Lizenz für schlechtes Benehmen gewesen, so dass er sich gar nicht anders verhalten konnte. »Ich könnte aufstehen, hier rausgehen und es darauf ankommen lassen.«
»Natürlich könnten Sie. Und Sie könnten von einem
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