Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
Bus überfahren werden, bevor Sie an Herzversagen sterben.«
»Ich könnte sterben, während ich einer Frau das Hirn rausvögle.«
»Ja, könnten Sie.«
»Vielleicht will ich das ja tun.«
»Vielleicht.«
Angel starrte den Mann an. Er hatte niemals ein solches Durcheinander von Gefühlen empfunden. In seinem Kopf wirbelten Gedanken, Möglichkeiten, Ängste. Vor allem Ängste. »Wenn ich mich entscheide, diesen Eingriff vornehmen zu lassen...«
»Eines möchte ich gleich klarstellen, Mr DeMarco, es ist nicht ganz Ihre Entscheidung.«
»Was meinen Sie damit?«
»Wir sprechen hier über eine Herztransplantation und nicht über eine Zahnkrone. Es steht nur eine begrenzte Anzahl von Herzen zur Verfügung. Unglücklicherweise entscheiden sich die meisten Familien dafür, Organe eines geliebten Angehörigen nicht zu spenden. Tausende von Patienten, die auf ein neues Herz warten, sterben jedes Jahr.«
»Wollen Sie mir damit sagen, ich könnte sterben, während ich auf ein Herz warte?«
»Ja.«
»Gott, ist das ein Mist.«
»Ihr Zustand ist kritisch. Wenn die UNOS - das ist das United Network for Organ Sharing, das Organspendezentrum -findet, dass Sie ein akzeptabler Kandidat sind, werden Sie an die Spitze ihrer Transplantationsliste gesetzt. Das erste Herz, das passt, wäre dann Ihres. Aber ich könnte nichts garantieren.«
Die Worte trafen ihn wie ein Faustschlag. »Wow! Und jetzt sagen Sie mir also, dass ich vielleicht nicht einmal auf die Liste gesetzt werde?«
»Dazu ist ein psychologisches Profil erforderlich. Wir alle müssen davon überzeugt sein, dass Sie Ihr Leben ändern und Ihr neues Herz hüten werden.«
Langsam dämmerte Angel die Wahrheit. Ihm wurde die Bedeutung der Worte des Arztes klar. Zum ersten Mal konnte Angel nicht toben oder überreden oder sich irgendwie freikaufen. Alles, was er tun konnte, war spielen - vorzugeben, er sei dieser Chance würdig. Aber er glaubte nicht, dass er ein so guter Schauspieler war. »Oh, das ist einfach Spitzenklasse. Ich werde sterben, weil ich so einen beschissenen Charakter habe.« Er lachte bitter. »Meine Mutter hatte Recht.«
»Angenommen, Sie kommen auf die Liste - und das wird von Ihrem Psychiater und Ihrem Kardiologen abhängen-, stehen Ihre Chancen, ein neues Herz zu bekommen... und zwar rechtzeitig ... etwa fünfzig zu fünfzig.«
Er wollte sagen: Danke für die makabren Feststellungen,
Doc. Ich werde ganz sicher mein Herz der Chirurgie anvertrauen, aber er unterdrückte seinen Sarkasmus. Stattdessen fragte er: »Wie wollen Sie meine Anonymität garantieren, solange ich hier bin?«
»Wir haben eine Nachrichtensperre verhängt - Sie sind einfach Mark Jones, der wegen einer Herztransplantation hier ist. Nur meine ältesten vertrauenswürdigsten Teammitglieder werden wissen, wer Sie wirklich sind.« Er seufzte. »Um ganz ehrlich zu sein - ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, aber wir werden unser Bestes tun, um Ihre Privatsphäre zu schützen. Sollte doch etwas durchsickern, werde ich einfach erklären, Sie seien wegen einer Herzoperation hier.«
Angel wusste aus Erfahrung, dass die Nachricht früher oder später bekannt werden würde. Er hoffte, dass es später sein würde. »Okay. Ich werde ein braver Junge sein, werde mein Leben ändern und auf den Schnaps und die Drogen verzichten. Wo soll ich warten?«
»Hier, Mr DeMarco. Sie sind viel zu krank, um das Hospital verlassen zu können. Ich werde für morgen früh einen Termin mit Ihrem Teamkardiologen machen - nachdem wir die entsprechenden Tests durchgeführt haben. Sie wird Sie über die restlichen Einzelheiten informieren.«
»O, nein«, sagte er. »Keine Ärztinnen.«
Allenford lachte ihn an. »Hier drin sind Sie ein Niemand, Mr DeMarco. Ich wähle die Spieler für Ihr Team aus.«
»Team«, sagte Angel voller Ekel. »Einem Team wird das Herz ja nicht rausgeschnitten, nicht wahr, Doc? Nur mir, von wegen Lebenserhaltung.«
Dr. Allenford schloss die Akte und legte sie beiseite. »Nein, Mr DeMarco, wir werden nicht mit dem Messer konfrontiert ... und der langwierigen Genesung.« Er beugte sich vor. »Aber wir werden diejenigen sein, die das Herz finden, herausnehmen, es herbringen und es Ihnen einsetzen. Und ich bin derjenige, der das Messer führt.« Ein Lächeln breitete sich langsam über sein Gesicht. »Deshalb würde ich an Ihrer Stelle meine Einstellung ändern.«
Sie starrten einander lange und intensiv an und Angel wusste, dass keiner von ihnen daran gewöhnt war, zu verlieren.
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