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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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fängt man an, über die Bedeutung des Lebens nachzudenken.«
    Wieder ein Lächeln. Weicher. Länger anhaltend. »Erzähl mir bloß nicht, dass du philosophisch wirst.«
    Er wollte sie anlächeln, aber jetzt war in ihm kein Lächeln. Da war nur diese gewaltige Angst und die Einsamkeit. »Sieh mich nicht so überrascht an. Ich wäre 1986 fast Kandidat bei >Jeopardy< geworden. Bin in der Kategorie Moral gescheitert.«
    »Hat so sein sollen.«
    Er wurde wieder ernst. »Mein Leben bedeutet nicht viel, Mad.«
    »Leben ist das, was man daraus macht, Angel. Vielleicht... wirst du nach der Operation ein anderes Leben führen.«
    »Leben ist das, was man daraus macht«, wiederholte er wie ein Papagei und empfand plötzlich Bitterkeit ihr gegenüber. Die Bitterkeit verflog und ohne sie fühlte er sich wieder kalt. »Ja, du hast Recht«, gestand er ein, starrte sie an und sah zum ersten Mal die winzigen Linien, die wie Kommas an den Winkeln ihres Mundes hingen. Sie streifte sich unsicher ein nicht vorhandenes Haar aus der Stirn und er bemerkte, dass ein Knopf an ihrem Ärmel fehlte.
    Sie wirkte so menschlich durch diesen kleinen Faden, der aus ihrer ansonsten perfekten Seidenbluse ragte.
    »Ich hätte nicht so davonlaufen sollen.« Er sagte die Worte, als bedeuteten sie überhaupt nichts, aber sie bedeuteten überraschenderweise sehr wohl etwas. Obwohl die Entschuldigung kläglich und kurz war und Jahre zu spät kam, war es ein gutes Gefühl, seinen Fehler zuzugeben. Er hatte ein ganzes Leben damit verbracht, vor einer falschen Entscheidung davonzulaufen, als ob er sie damit ändern oder ungeschehen machen könnte. Er hatte aus Dutzenden verdreckter Telefonzellen in Städten, an deren Namen er sich nicht erinnern konnte, Madelaine und Francis angerufen, die Nummern gewählt und dem Rufzeichen gelauscht. Aber er hatte immer eingehängt, bevor sie sich meldeten.
    Was hätte er ihnen sagen sollen?
    Aber dennoch hatte er es versucht, bis die Nummern, die er von ihnen hatte, geändert worden waren.
    »Das war vor langer Zeit, Angel.«
    »Manchmal scheint's mir, als sei es Äonen her. Und manchmal ist es, als sei's gestern gewesen. Auch egal. Ich weiß, dass es nicht wichtig ist. Aber ich wollte, dass du es weißt. Ich hätte mit dir zu Alex gehen sollen.«
    Sie zuckte zusammen. Er sah, wie die Farbe aus ihren Wangen wich, wie ihr Gesicht aschfahl wurde.
    Er sah den Schmerz in ihren Augen und er fühlte sich einmal mehr wie ein Arschloch. Natürlich wollte sie nicht daran denken. »Tut mir Leid«, flüsterte er.
    Sie rührte sich nicht. Saß nur da und starrte ihn an.
    Ihr Pieper ging los, drang in die angespannte Stille. Sie griff abwesend nach ihm, stellte den Ton ab und nahm sein Telefon. Sie wählte die Nummer, bat darum, mit Dr. Allenford verbunden zu werden. Sie sagte leise ein paar Worte und legte dann auf.
    Er wusste, dass es schlecht stand, als er ihre Miene sah. »Was ist?«
    Sie legte eine Hand vor ihre Augen, nahm sie dann langsam, ganz langsam weg und schaute Angel an. »Es war nicht in Ordnung. Der Zustand des Herzens war nicht gut genug. Tut mir Leid.«
    »Keine Operation?« Er versuchte tief einzuatmen, konnte es nicht, hörte, wie er pfiff und keuchte. »Ich ...« Bevor er die Worte herausbringen konnte, spürte er, wie sein Herzschlag stockte. Schmerz tobte in seiner Brust. Er versuchte zu atmen, konnte es aber nicht.
    Ich sterbe, dachte er plötzlich und er wusste, dass es die Wahrheit war. Er streckte blind die Hand aus.
    Madelaine ergriff sie, drückte sie fest. Irgendwie hörte er, dass sie einen Knopf drückte, hörte sie schreien Notfall, Herzanfall, Intensivstation, Zimmer 264, Westflügel. Stillstand. Den Wagen her. Dann spürte er ihre Hände auf seiner Brust, spürte, wie das Baumwollhemd beiseite gestreift wurde.
    Stirb ja nicht unter meinen Händen weg, Angel. Verdammt, stirb mir ja nicht weg.
    Er hörte ihre Stimme durch den Nebel seiner Gedanken, durch den Schmerz, der seine Brust füllte, seine Muskeln zerfetzte. Er wollte antworten, aber er konnte es nicht.
    Der Schmerz wurde heftiger, verwandelte sich in Feuer und explodierte in seinem Herzen.

Kapitel 12
    Regen trommelte auf die Straßen der Stadt, spritzte auf das Asphaltdach des Nachbargebäudes und bildete schmutzigtrübe Pfützen in dem losen Kies. Madelaine stand am Fenster und starrte auf die nebelgraue Stadt zwei Etagen unter sich. Da unten war so ein ganz gewöhnlicher Oktobertag. Nichts war anders, nichts neu.
    Die Ampel an der Madison

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