Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
direkt, sondern zu ...
Wünschen. Ja, das war das Wort. Ihm war vieles entgangen und manchmal war er wie Joseph in sein dunkles Schlafzimmer gegangen, allein, und hatte um das geweint, was ihm entgangen war. Dieses Verlangen, das nicht gestillt werden konnte, all diese Augenblicke, die nie wirklich seine gewesen waren. Wie damals, als er zum ersten Mal die winzige, schreiende Lina gehalten und gewusst hatte, dass sie nicht seine Tochter war, niemals seine Tochter sein könnte. Oder wenn er in Madelaines Augen geschaut und darunter gelitten hatte, wie sie ihn sah, die Keuschheit ihrer Liebe gesehen hatte.
»Manchmal«, sagte er schließlich und ihm war die Wahrheit seiner Worte bewusst. »Ich glaube, ich habe all dies gewollt - Kinder, eine Frau, eine Familie -, aber ich wollte auch meinen Glauben. Wir können nicht alles haben, was wir wollen. Es gibt immer Opfer ...«
»Ich glaube, wir können bekommen, was wir im Leben wollen«, sagte Levi. »Es ist nur so, dass wir uns verteufelt schwer damit tun, herauszufinden, was es eigentlich ist.«
»Ja«, fügte Joseph hinzu, »manchmal muss man die Welt auf den Kopf stellen, um alles richtig zu sehen.«
»Aber der Vater hat Recht«, sagte Thomas. »Liebe ist ein Geschenk Gottes - was wir daraus machen, liegt allein bei uns.«
Francis wollte nicht darüber nachdenken, nicht darüber, was er haben könnte , wenn er den Mut gefunden hätte, sein Leben zu ändern. Er warf einen Blick auf die Uhr und sah, dass es neunzehn Uhr war. »Okay, Leute, uns bleiben noch dreißig Minuten.« Er griff in seine Reisetasche und zog einen Stoß gelber Notizblöcke und eine Hand voll Stifte heraus. »Ich möchte, dass jeder von Ihnen einen Brief an seine Frau schreibt, ihr so viel wie möglich von seinen Gefühlen, seinen Ängsten, seinen Hoffnungen und seinen Träumen schreibt.«
Thomas hob seine schwarzen Augenbrauen. »Und Sie haben ausgerechnet gelbe Notizblöcke für unsere Liebesbriefe ausgesucht?« Er lachte. »Sie haben offensichtlich nie einen Liebesbrief geschrieben, Vater.«
Die Männer lachten, während sie nach den Blöcken und Stiften griffen. Augenblicke später hatte sich jeder von ihnen in eine ruhige Ecke zurückgezogen und zu schreiben begonnen. Stifte kratzten leise über Papier.
Haben Sie je Kinder gewollt, Vater?
Wollenwollenwollen. Das Wort wiederholte sich von selbst, verschmolz und traf tief... Ah, er wollte so viel, so viele Dinge, die er nicht haben konnte ...
Er hatte Bilder von Madelaine und Lina vor Augen, flüsternd, Bilder, die ihren Weg in sein Herz fanden, sich in der Luft um ihn verdichteten. Er beugte sich vor, wollte seine Hände ausstrecken, sie fassen und sie dicht an sich ziehen.
Sie liebte ihn. Er wusste das, hatte es immer gewusst.
Liebe ist ein Geschenk Gottes ...
Francis atmete mit einem leisen Seufzer des Staunens aus. Es war, als ob die Worte sich irgendwie einfach selbst für ihn geformt hatten. Die gleichen Worte, die er schon eine Million Mal in seinem Leben gesagt hatte, aber dieses Mal verstand er sie.
Liebe ist ein Geschenk Gottes.
Er wusste, dass die Doktrin seines Glaubens seine Liebe zu Madelaine Sünde nennen würde, aber Francis hatte das nie glauben können. Gelübde zu brechen, ja, das war eine Sünde. Aber das einfache, einzigardge Gefühl zu lieben? Er hatte nie geglaubt, dass sein geliebter Gott es als das erachten würde. Es war Sein Geschenk an die Menschen. Sein ultimativer Segen.
Madelaine war nicht seine Geliebte. Er hatte sie niemals so gesehen. Sie war seine Liebe. Ebenso wie Lina - seine kostbare, kostbare Lina - und Angel.
Angel. Er dachte an seinen Bruder, und während er das tat, kamen ihm Tausende von Erinnerungen in den Sinn. Zuerst waren es die üblichen Erinnerungen - diejenigen, die damals geschmerzt hatten und noch immer schmerzten, diejenigen, von denen Francis sich nie ganz hatte lösen können. Ihre Mutter, die den neunjährigen Angel betrunken machte und ihn verprügelte, ihn in diesen dunklen Schrank einsperrte, bis er versprochen hatte, so gut wie sein Bruder zu werden. Und die Worte, immer die Worte, zu Angel mit dieser heiseren, undeutlichen Stimme gesprochen: Ich hätte abtreiben sollen.
Francis hatte immer versucht zu ändern, was nicht geändert werden konnte. So viele Nächte hatte er seinen geschlagenen kleinen Bruder in den Armen gehalten und zu seinem Gott geschrien, hatte mit zitternder Stimme um Hilfe gebetet. Und dann, eines Tages, hatte Angel sich nicht mehr an seinen großen
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