Kristin Lavranstochter 1
schmücken - man soll keine schönere Braut gesehen haben, als du morgen sein wirst.“
Lavrans ritt nach Laugarbru hinüber, um mit seinen Gästen, die dort waren, zu Tisch zu sitzen.
Die Männer konnten das Essen nicht genug loben - eine bessere Freitagskost bekäme man nicht im reichsten Kloster. Es gab Roggenmehlmus, gekochte Bohnen, weißes Brot, und als Fisch bekamen sie nur Forellen, gesalzene und frische, und fetten Raekling.
Je mehr die Männer sich am Bier gütlich taten, desto aufgeräumter wurden sie und desto derber und derber scherzten sie mit dem Bräutigam. Alle Brautherren Erlends waren viel jünger als er selbst - seine Altersgenossen und Freunde waren alle schon seit langer Zeit verheiratet. Nun lachten ihn die Männer aus, daß er schon so alt sei und nun zum erstenmal ins Brautbett solle. Einige von Erlends älteren Verwandten, die noch ziemlich nüchtern waren, saßen da und fürchteten bei jedem Wort, das fiel, es könnte das Gespräch jetzt auf Dinge kommen, die besser nicht berührt würden. Herr Baard von Hestnaes behielt Lavrans im Auge. Dieser trank viel, aber es hatte nicht den Anschein, als mache das Bier ihn froher, wie er so im Hochsitz saß - sein Gesicht wurde immer gespannter, während seine Augen starrer und starrer blickten. Aber Erlend, der zur Rechten des Schwiegervaters saß, antwortete übermütig auf die Scherze und lachte viel; er war rot im Gesicht, und seine Augen blitzten.
Plötzlich brauste Lavrans auf:
„Der Wagen, Schwiegersohn - weil ich gerade daran denke, was hast du mit dem Wagen gemacht, den du im Sommer von mir entlehntest?“
„Wagen?“ sagte Erlend.
„Erinnerst du dich nicht, du entlehntest früh im Sommer einen Wagen von mir. - Weiß Gott, es war ein guter Wagen, und ich werde nie einen besseren bekommen, denn ich war selbst dabei, als er hier auf dem Hof gebaut wurde. Du gelobtest und du schworst, das bezeuge ich vor Gott, und das wissen meine Leute, du gelobtest, ihn mir zurückzubringen, aber dieses Wort hast du nicht gehalten.“
Einige der Gäste riefen, das sei doch jetzt nicht der Rede wert, aber Lavrans schlug auf den Tisch und fluchte, er wolle wissen, wo Erlend den Wagen gelassen habe.
„Ach, der steht wohl noch auf dem Hof am Fjord, wo wir das Schiff nach Veöy bekamen“, erwiderte Erlend gleichgültig. „Ich dachte nicht, daß das so wichtig wäre. Seht Ihr, Schwiegervater - es war eine lange und schwere Fahrt durch die Täler mit der Last, und als wir an den Fjord kamen, hatte keiner meiner Männer große Lust, den ganzen Weg mit dem Wagen wieder zurückzufahren und dann über das Gebirge im Norden nach Nidaros zu reiten. Da dachte ich, es habe wohl einstweilen Zeit...“
„Nein, jetzt soll mich doch der Teufel auf der Stelle holen, wenn ich je deinesgleichen gesehen habe“, fuhr Lavrans dazwischen. „Was hast du für Sitten in deinem Hause - bist du es,
oder sind es deine Dienstleute, die darüber bestimmen, wo sie hinfahren wollen oder nicht?“
Erlend zuckte mit den Schultern.
„Es ist richtig, vieles ist anders gewesen bei mir daheim, als es hätte sein sollen - den Wagen werde ich nun zu euch zurückschicken, wenn Kristin und ich dort hinkommen. - Lieber Schwiegervater“, sagte er lächelnd und streckte die Hand aus, „glaubt mir, jetzt kommt ein anderer Zug in alles und auch in mich, nun, da ich Kristin als Hausfrau mit heimnehme. Es war übel, die Geschichte mit diesem Wagen. Aber ich verspreche Euch, dies soll das letztemal sein, daß Ihr Grund habt, über mich zu klagen.“
„Lieber Lavrans“, bat Baard Peterssohn, „söhnt euch mit ihm aus in dieser geringen Sache.“
„Gering oder nicht gering“, begann Lavrans, aber dann hielt er inne und schüttelte Erlend die Hand.
Kurz danach brach er auf, und die Gäste auf Laugarbru suchten ihre Schlafstätten auf.
Am Samstag vor der Mittagszeit waren Frauen und Mädchen eifrig in der alten Giebelstube beschäftigt. Einige richteten das Brautbett her, und andere beendeten die Schmückung der Braut. Ragnfrid hatte dieses Haus zum Brauthaus gewählt, weil es
den kleinsten Giebelraum hatte - sie konnten in dem neuen Dachraum viel mehr Gäste beherbergen; es war der Raum, den sie selbst im Sommer zum Schlafen benützt hatten, als Kristin noch klein war, ehe Lavrans das große Wohnhaus gebaut hatte, in dem sie nun Sommer und Winter wohnten. Aber dieses alte Gebäude war außerdem noch fast das schönste auf dem Hofe, seitdem Lavrans es instand gesetzt hatte - es war
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