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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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seine Frau hinab, nahm ihre Hand, legte sie auf sein Knie und neigte sein kaltes und erstarrtes Antlitz darauf. Und so blieben sie sitzen, ohne sich zu bewegen und ohne mehr miteinander zu sprechen.

ZWEITES BUCH
    DIE FRAU
    Dem Andenken Meines Vaters 
    Ingvald Undset

Die Frucht der Sünde

1
    Am Abend vor der Simonsmesse legte Baard Peterssohns Lastschiff an der Flußmündung bei Birgsi an. Abt Olav von Nidarholm war selbst an den Strand hinausgeritten, um seinen Verwandten Erlend Nikulaussohn zu begrüßen und die junge Frau, die Erlend heimführte, willkommen zu heißen. Die Jungvermählten sollten Gäste des Abtes sein und die Nacht über auf Vigg bleiben.
    Erlend führte die leichenblasse, elend aussehende junge Frau über das Bollwerk. Der Abt sprach scherzend über die Mühsal der Seereise; Erlend lachte und meinte, seine Frau habe wohl große Sehnsucht danach, sich in ein Bett legen zu dürfen, das fest und sicher an einer Wand stehe. Und Kristin gab sich Mühe, zu lächeln, aber sie dachte, gutwillig würde sie ihr Leben lang nicht wieder auf ein Schiff gehen. Sie wurde schon krank, wenn Erlend sich ihr nur näherte, so sehr roch er nach Schiff und Meer; sein Haar war vom Seewasser ganz strähnig und verklebt. Er war all die Zeit auf dem Schiff vor Freude ganz außer sich gewesen, und Herr Baard hatte gelacht: draußen auf Möre, wo Erlend aufgewachsen war, hatten die Buben von früh bis spät rudernd und segelnd auf dem Wasser gelegen. Die beiden, Erlend und Herr Baard, hatten Kristin wohl ein wenig bedauert, aber nicht so, dünkte es sie, wie ihr erbärmlicher Zustand es verdient hätte. Sie sagten nur immer wieder, das Übelbefinden würde sich geben, sobald sie sich daran gewöhnt hätte, auf dem Schiff zu sein. Aber sie hatte sich die ganze Zeit gleich krank gefühlt.
    Noch am nächsten Morgen, während sie durch das bewohnte Tal hinaufritten, war es ihr, als segle sie. Bergauf und bergab ging es, über die großen steilen Lehmhügel, und wenn sie versuchte, auf dem Bergrücken vor ihr dem Blick einen Halt zu geben, so war es, als schwanke das ganze Land, es erhob sich wie Wellen und wurde zu dem hellen blauweißen Wintermorgenhimmel hinaufgeschleudert.
    Auf Vigg hatte sich am Morgen eine ganze Schar von Erlends Freunden und Nachbarn eingestellt, um die Neuvermählten heimzugeleiten, so daß sie mit einem großen Gefolge dahinritten. Es donnerte unter den Pferdehufen, denn die Erde war jetzt vom Herbstfrost hart wie Eisen. Menschen und Pferde waren in Dampf gehüllt, die Leiber der Tiere und Haar und Pelzwerk der Menschen beschlugen sich mit Reif. Erlend schien ebenso weißhaarig wie der Abt, sein Gesicht glühte vom Morgentrunk und dem beißenden Luftzug. Er trug heute sein Hochzeitsgewand; er sah so jung und so froh aus, daß ein Leuchten von ihm ausging, und Freude und Munterkeit klangen in seiner schönen weichen Stimme, während er im Dahinreiten mit seinen Gästen lachte und ihnen zurief.
    Kristins Herz begann so wunderlich zu zittern - vor Kummer und vor Zärtlichkeit und vor Angst. Sie war immer noch krank seit der Reise, litt an diesem brennenden Gefühl in der Brust, das sie jetzt überfiel, sobald sie auch nur das geringste gegessen oder getrunken hatte; sie fror jämmerlich, und tief in ihrem Innersten glomm der kleine, dumpfe und stumme Zorn gegen Erlend, weil er so unbekümmert war. Aber trotzdem stieg, nun, da sie sah, wie treuherzig stolz und vor Freude strahlend er sie als Gattin heimführte, eine bittere Reue in ihr empor; das Herz tat ihr weh vor Mitleid mit ihm. Jetzt wünschte sie doch, sie hätte, anstatt ihrem Eigensinn zu folgen, es lieber Erlend wissen lassen, als er im Sommer bei ihnen daheim gewesen war - es zieme sich schlecht, daß ihre Hochzeit mit allzu großem Prunk gefeiert würde. Aber sie hatte es ihm gegönnt, daß er es sehen sollte, auch er - wie die Demütigung für ihr Tun ihnen nicht erspart bleiben würde.
    Auch hatte sie ihren Vater gefürchtet. Und sie hatte gedacht, wenn erst ihre Hochzeit gefeiert sei, würden sie ja so weit wegziehen ; sie würde ihr Heimattal für lange Zeit nicht mehr sehen -nicht eher, als bis alles Gerede über sie ganz und gar verstummt wäre.
    Jetzt begriff sie, daß dies hier viel schlimmer wurde. Erlend hatte wohl von dem großen Fest gesprochen, das er anläßlich ihres Einzuges auf Husaby feiern wollte, aber sie hatte nicht gedacht, daß dies gleichsam eine neue Hochzeitsfeier werden sollte. Und die Gäste hier waren jene

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