Kristin Lavranstochter 1
es deinem Vater, Kristin, er soll sehen, wie voreilig er war, als er deine Sache vertrat. So hochmütig war Lavrans - wir waren ihm nicht gut genug, wir, und du warst allzu fein und rein, als daß du einen Mann wie Erlend in deinem Bett hättest dulden können. Er redete, als glaube er, du könntest zur Nachtzeit nichts anderes tun als im Nonnenchor singen. Ich sagte ihm, lieber Lavrans, sagte ich, Euere Tochter ist eine schöne und frische junge Maid voller Leben, und die Winternacht ist lang und kalt hierzulande..
Kristin zog das Kopflinnen vor ihr Gesicht, sie schluchzte laut und wollte aufstehen, aber Erlend zog sie wieder auf den Sitz zurück.
„Du mußt dich beherrschen“, sagte er heftig. „Kümmere dich jetzt nicht um Munan; du siehst ja, er ist völlig betrunken.“
Sie fühlte, wie Frau Katrin und Frau Vilborg es kläglich von ihr fanden, daß sie sich nicht besser in der Gewalt hatte. Aber sie konnte dem Weinen nicht Einhalt tun.
Baard Peterssohn sagte wütend:
„Halt dein verfaultes Maul! Du bist zwar deiner Lebtag ein Schwein gewesen - aber trotzdem kannst du doch ein krankes Weib mit deinem dreckigen Gerede in Frieden lassen.“
„Schwein hast du gesagt - ja, ich habe mehr Buhlenkinder als du, das ist wahr. Aber eines habe ich nie getan - und auch Erlend nicht -, nie habe ich einen anderen Mann dazu gekauft, den Kindsvater für mich zu machen ...“
„Munan!“ Erlend schrie es und sprang auf. „Jetzt verkünde ich Frieden hier in meiner Halle!“
„Ach, verkünde du Frieden in deinem Hintern! Den nennen die Kinder den Vater, der sie gezeugt hat - im Schweineleben, wie du sagst!“ Munan schlug auf den Tisch, daß Näpfe und Schüsseln tanzten. „Unsere Söhne leben nicht als Knechte im Haus ihrer Verwandten. Hier aber sitzt dein Sohn mit dir am Tisch, und er sitzt auf der Gesindebank, das will mir nun als die ärgste Schande erscheinen.“
Baard fuhr auf und schlug dem anderen einen Krug ins Gesicht.
Die Männer prallten aufeinander, so daß die Tischplatte sich
neigte und Speisen und Getränke den Leuten auf der äußeren Bank in den Schoß fielen.
Kristin saß weiß und mit halboffenem Munde da. Einmal blickte sie zu Ulv hinüber - der Mann lachte ganz offen, roh und böse. Dann wippte er die Tischplatte zurück und preßte sie gegen die beiden Kämpfenden.
Erlend stieg auf den Tisch hinauf. Mitten in den verschütteten Speisen kniend, bekam er Munans Arme zu fassen, griff ihm unter die Achseln und hob ihn zu sich herauf - Erlends Gesicht wurde dabei rot vor Anstrengung. Munan gelang es, dem Alten einen Fußtritt zu versetzen, so daß Baard aus dem Munde blutete - da schleuderte Erlend ihn über den Tisch mitten in die Stube. Er selbst sprang nach - schwer atmend wie ein Blasebalg, stand er da.
Der andere kam auf die Füße und rannte gegen Erlend an, der ihm ein paarmal unter den Armen durchschlüpfte. Dann umfaßte er Munan und hielt ihn im Griff seiner langen zähen Glieder umklammert. Erlend war geschmeidig wie eine Katze, aber Munan verlor den Boden unter den Füßen nicht - stark und schwer, wie er war, ließ er sich nicht niederringen. Sie taumelten rund in der Stube herum, während die Dienstmägde aufheulten und schrien und keiner der Männer Miene machte, die beiden voneinander zu trennen.
Da stand Frau Katrin auf, schwer und fett, und langsam stieg sie über den Tisch, so ruhig, als ginge sie über die Treppe.
„Nein, hört jetzt auf“, sagte sie mit ihrer zähen, satten Stimme. „Laß ihn los, Erlend! Es war übel, Gemahl, so zu einem alten Mann und nahen Verwandten zu reden.“
Die Männer gehorchten ihr. Munan stand zahm da und ließ sich von seinem Weib mit dem Kopftuch das Blut von der Nase wischen. Sie gebot ihm, zu Bett zu gehen, und er gehorchte fügsam, als sie ihn zu dem Bett an der Südwand führte. Sie und einer von seinen Leuten zogen ihm ein Kleidungsstück nach dem anderen aus, wälzten ihn hinein und schlossen die Tür des Bettes.
Erlend war an den Tisch getreten; er beugte sich an Ulv vorbei, der noch so dasaß wie vorher.
„Ziehvater!“ sagte er unglücklich. Er schien seine Frau ganz vergessen zu haben. Herr Baard saß da und wiegte den Kopf hin und her, und die Tränen rollten ihm über die Wangen.
„Er hätte ja nicht zu dienen brauchen, der Ulv“, kam es her-vor, während das Schluchzen ihn stieß. „Du hättest den Hof nach Haldor übernehmen können, du weißt, daß dies meine Absicht war.“
„Es ist kein so großartiger Hof,
Weitere Kostenlose Bücher