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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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den du Haldor gabst - du kauftest der Magd deines Weibes einen billigen Mann“, erwiderte Ulv. „Er rodete und brachte den Hof gut in die Höhe; es dünkte mich recht und billig, daß meine Brüder ihn nach ihrem Vater übernahmen. Dies war nun das eine, aber ich hatte auch keine Lust, als Bauer dazusitzen - und schon gar nicht dort oben am Hang, wo ich auf den Hofplatz von Hestnaes hinunterstarren konnte; mir war es, als hörte ich jeden Tag zu uns herauf, wie Paal und Vilborg schalten, weil du deinem Hurensohn ein allzu großes Geschenk gemacht hattest.“
    „Ich erbot mich, dir zu helfen, Ulv“, sagte Baard weinend, „als du mit Erlend hinausziehen wolltest. Ich sagte dir alles in dieser Sache, sobald du alt genug warst, das zu verstehen. Ich bat dich, du solltest dich an mich, deinen Vater, wenden.“
    „Ich nenne den meinen Vater, der mich versorgte, als ich klein war. Und das war Haldor. Er war gut zur Mutter und zu mir. Er lehrte mich, auf einem Pferd zu reiten und das Schwert zu handhaben wie ein Bauer seinen Flegel, ich erinnere mich, wie Paal dies einmal sagte.“
    Ulv schleuderte sein Messer, das er soeben in der Hand hielt, weg, so daß es klirrend über den Tisch fuhr. Dann erhob er sich, nahm es wieder an sich und wischte es hinten an seinem Schenkel ab, steckte es in die Scheide und wandte sich zu Erlend.
    „Mach nun diesem deinem Gastgelage ein Ende und schick die Leute zu Bett! Siehst du denn nicht, daß deinem Weib die Festgebräuche in unserer Sippe noch ungewohnt sind?“
    Damit ging er zur Stube hinaus.
    Herr Baard blickte ihm nach - er sah so kläglich alt und verfallen aus, wie er so zusammengesunken zwischen den Samtkissen saß. Seine Tochter Vilborg und einer von seinen Leuten halfen ihm auf die Füße und führten ihn hinaus.
    Kristin saß allein im Hochsitz, sie weinte und weinte. Als Erlend sie anrührte, schlug sie seine Hand heftig zur Seite. Sie schwankte ein paarmal, als sie durch die Stube ging, aber sie antwortete kurz nein, als er fragte, ob sie krank sei.
    Sie konnte diese geschlossenen Betten so wenig leiden. Daheim hatten sie nur Teppiche nach der Stube zu aufgehängt, und da wurde es nicht so heiß und erstickend. Und jetzt war es schlimmer denn je - es fiel ihr schon ohnehin so schwer, zu atmen. Den harten Ballen, der sie bis unter das Brustbein drückte, hielt sie für den Kopf des Kindes; sie bildete sich ein, es bohre sich mit seinem kleinen schwarzen Kopf bis zwischen ihre Herzwurzeln hinein - es erstickte sie, wie Erlend es früher getan hatte, wenn er seinen dunkelhaarigen Kopf in ihre Brust gedrückt hatte. Aber heute nacht lag keine Süßigkeit in diesem Gedanken.
    „Willst du denn nie aufhören zu weinen, du?“ fragte der Mann und wollte einen Arm um ihre Schultern legen.
    Er war ganz nüchtern. Er vertrug viel und trank auch meist ziemlich wenig. Kristin dachte, dies hätte bei ihnen daheim in alle Ewigkeit nicht Vorkommen können - nie hatte sie dort gehört, daß Männer einander Schmährufe zuriefen oder Dinge ans Tageslicht zogen, die besser verschwiegen worden wären. Wie oft sie auch ihren Vater in gewaltigem Rausch umhertaumeln und die Stube voll betrunkener Gäste gesehen hatte, so war es doch nie vorgekommen, daß er nicht noch die Sitten in seinem Haus aufrechterhalten konnte; stets hatten Friede und guter Wille geherrscht, bis die Leute von den Bänken fielen und in guter Laune und Einigkeit einschliefen.
    „Liebste, du, nimm es doch nicht so schwer“, bat Erlend.
    „Und Herr Baard!“ brach sie weinend aus. „Pfui! Wie hat er gehandelt; er, der zu meinem Vater sprach, als habe er Gottes Botschaft zu überbringen - ja, Munan erzählte mir davon bei unserem Verspruchsbier.“
    Erlend antwortete leise:
    „Ich weiß wohl, Kristin, daß ich Ursache genug habe, meine Augen vor deinem Vater niederzuschlagen. Er ist ein tüchtiger Mann - aber mein Pflegevater ist nicht schlechter. Inga, die Mutter von Paal und Vilborg, lag sechs Jahre lang lahm und krank da, ehe sie starb. Das war, bevor ich nach Hestnaes kam, aber ich habe sagen hören, daß nie ein Gatte sein krankes Weib treuer und liebevoller gepflegt habe. Das war um jene Zeit, als Ulv zur Welt kam ...“
    „Diese Schmach ist wohl noch größer - mit der Magd seines kranken Weibes..."
    „Du stellst dich oft so kindisch an, daß man nicht mit dir reden kann“, sagte Erlend mutlos. „Gott steh mir bei, Kristin, du wirst in diesem Frühjahr zwanzig Jahre - und es sind doch einige Winter her,

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