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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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riß.“
    „Du tratest mehr als einmal für mich ein, Bruder, damals, als es um mich und Eline ging“, sagte Erlend leise. „Das habe ich dir nie vergessen.“
    „Ich glaube kaum, daß ich dies getan hätte“, erwiderte Gunnulv, und seine Stimme zitterte, „wenn ich mir von dir hätte denken können, du würdest so herzlos sein, so gegen eine reine und feine Jungfrau vorzugehen - ein Kind an Jahren im Vergleich zu dir.“
    Erlend gab keine Antwort. Gunnulv fragte leise:
    „Zu jener Zeit in Oslo - dachtest du nie daran, wie es Kristin ergehen würde, wenn sie ein Kind bekäme, während sie im Nonnenkloster wohnte und die Anverlobte eines anderen war? Ihr Vater ist ein stolzer und ehrgeiziger Mann, alle ihre Verwandten gehören einer vornehmen Sippe an, ungewohnt, Schande zu ertragen.“
    „Du darfst mir glauben, daß ich daran dachte.“ Erlend hatte den Kopf zur Seite gewandt. „Munan hatte versprochen, sich ihrer anzunehmen - dies sagte ich ihr auch.“
    „Munan! Brachtest du es über dich, einem Mann wie Munan gegenüber von Kristins Ehre zu sprechen?“
    „Er ist nicht so, wie du glaubst“, sagte Erlend kurz.
    „Dann ist da unsere Verwandte, Frau Katrin. Denn es war doch wohl nicht die Absicht, daß er Kristin auf einen seiner anderen Höfe bringen sollte, wo seine Buhlerinnen sitzen.“
    Erlend schlug mit der Hand auf den Boden, daß die Knöchel bluteten.
    „Wenn die Ehefrau beim Bruder des Mannes beichtet, brockt wohl der Teufel selber die Suppe ein!“
    „Sie hat nicht bei mir gebeichtet“, sagte der Priester, „und ich bin nicht ihr Pfarrherr. Sie klagte mir in bitterer Angst und Not - und ich versuchte ihr zu helfen und ihr Rat und Trost zu geben, wie es mich am besten dünkte.“
    „Gut.“ Erlend warf den Kopf zurück und sah seinen Bruder an. „Das weiß ich selbst - ich hätte es nicht tun sollen, hätte sie nicht in Brynhilds Hof zu mir kommen lassen sollen.“
    Sprachlos saß der Priester eine Weile da.
    „In Brynhild Flugas ...“
    „Ja, hat sie das nicht gesagt, nachdem sie alles andere erzählte?“
    „Es wird Kristin schwer genug fallen, in der Beichte solches über ihren eigenen Mann zu sagen“, erwiderte der Priester nach einiger Zeit. „Ich kann mir denken, daß sie lieber sterben würde, als so etwas an anderer Stelle zu sagen.“ Gunnulv saß eine Weile still da, dann sagte er hart und heftig: „Meintest du, Erlend, daß du vor Gott ihr Gatte warst, der sie schützen und beschirmen sollte - da will mir dein Vorgehen noch schlimmer erscheinen. Du locktest sie in Haine und Scheunen, führtest sie über die Türschwelle einer Dirne. Und zuletzt hinauf zu Björn Gunnarssohn und Frau Aashild ..
    „Du sollst nicht so über Muhme Aashild sprechen“, warf Erlend leise ein.
    „Früher hast du selbst gesagt, du glaubtest, die Muhme hätte den Tod unseres Oheims verschuldet - sie und dieser Mann, Björn..."
    „Mir ist das gleichgültig“, erwiderte Erlend heftig. „Ich hänge an Muhme Aashild.“
    „Ja, das habe ich gemerkt“, meinte der Priester. Sein Mund verzog sich zu einem kleinen schiefen, höhnischen Lächeln. „Da du es ihr zumutetest, mit Lavrans Björgulvssohn zusammenzutreffen, nachdem du mit seiner Tochter entkommen gewesen wärest. Mir scheint, Erlend, als meintest du, deine Freundschaft sei wert, sehr teuer erkauft zu werden.“
    „Jesus!“ Erlend barg sein Gesicht in den Händen. Aber der Priester fuhr fort:
    „Hättest du die Seelenqual deines Weibes gesehen, als sie vor Grauen ob ihrer Sünden bebte, ohne Beichte und ohne Hilfe, und sie saß da und sollte dein Kind gebären, und der Tod stand vor ihrer Tür - sie selbst noch ein Kind und so unglücklich.“
    „Ich weiß, ich weiß!“ Erlend bebte. „Ich weiß, daß sie dalag und daran dachte in ihren Qualen. Um Jesu willen, Gunnulv, schweig jetzt - ich bin doch dein Bruder!“
    Der andere aber fuhr ohne Schonung fort:
    „Wäre ich ein Mann gewesen wie du und nicht Priester, und hätte ich ein so junges und gutes Mädchen irregeführt - ich würde mich von der anderen befreit haben, Gott steh mir bei. Lieber hätte ich so gehandelt wie Muhme Aashild an ihrem Mann und hätte dafür ewig in der Hölle gebrannt, als zu dulden, daß meine schuldlose Liebste solche Leiden durchmachte, wie du sie über dies Kind gebracht hast.“
    Erlend saß eine Weile da, bebend.
    „Du sagst, du seist Priester“, sagte er leise. „Bist du ein so guter Priester, daß du nie gesündigt hast - mit einem

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