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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Aashilds Abendtrunk. Es duftete betäubend nach dem Marienheu, das unter das Laken gebreitet war. Trotzdem lag Ragnfrid lange schlaflos da und starrte zu dem kleinen Lichtfleck an der Decke hinauf, wo der Mond auf die Hornscheibe des Rauchloches schien.
    Drüben in dem anderen Bett lag Frau Aashild, aber Ragnfrid wußte nie, ob sie schlief oder wachte. Niemals tat jene der Bekanntschaft Erwähnung, die in alten Zeiten zwischen ihnen bestanden hatte - das versetzte Ragnfrid sehr in Furcht. Und sie meinte noch nie so bitterlich bekümmert und voller Herzensangst gewesen zu sein wie jetzt - obwohl sie nun wußte, daß Lavrans seine ganze Gesundheit wiedererlangen werde und Ulvhild weiterleben durfte.
    Es hatte den Anschein, als fände Frau Aashild Vergnügen daran, mit Kristin zu sprechen, und mit jedem Tag, der verging, freundete sich das Kind besser mit ihr an.
    Eines Tages, als sie weg waren, um Kräuter zu holen, saßen sie oben am Hang auf einem kleinen grünen Fleck unterhalb des Geröllfeldes. Sie konnten auf den Hofplatz von Formo hinuntersehen und Arne Gyrdssohns rotes Wams erkennen; er war mit ihnen weggeritten und sollte ihre Pferde hüten, solange sie oben am Hang nach den Kräutern suchten.
    Während sie so dasaßen, erzählte Kristin Frau Aashild von ihrer Begegnung mit dem Zwergenmädchen. Sie hatte viele Jahre nicht daran gedacht, aber jetzt kam es ihr in den Sinn. Und während sie sprachen, wurde es ihr merkwürdig klar, daß zwischen Frau Aashild und der Zwergenfrau einige Ähnlichkeit bestand - obwohl sie die ganze Zeit genau wußte, daß die beiden einander nicht glichen.
    Aber als sie ausgesprochen hatte, saß Frau Aashild eine Weile still da und blickte über das Tal hin; endlich sagte sie:
    „Es war klug, daß du flohst, da du damals noch so klein warst. Aber hast du niemals von Leuten gehört, die das Gold
    nahmen, das die Zwerge ihnen anboten, und die hinterher den Troll in einen Stein bannten?“
    „Ich habe solche Märchen gehört“, sagte Kristin, „aber das würde ich nie zu tun wagen. Und es dünkt mich nicht schön.“
    „Es ist gut, wenn man das nicht zu tun wagt, was einen nicht schön dünkt“, meinte Frau Aashild und lachte ein wenig. „Aber es ist nicht so gut, wenn einen eine Sache nicht schön dünkt, weil man sie nicht zu tun wagt. - Du bist in diesem Sommer stark gewachsen“, sagte sie plötzlich. „Du weißt wohl selbst, daß du schön zu werden versprichst?“
    „Ja“, erwiderte Kristin. „Sie sagen, ich gleiche meinem Vater.“
    Frau Aashild lachte still.
    „Ja, es wäre auch am besten für dich, wenn du Lavrans an Leib und Seele nachgerietest. Trotzdem wäre es Sünd um dich, wenn man dich hier oben im Tale verheiraten würde. Bauernsitten und Häuslerbrauch soll man nicht geringachten, aber sie halten sich selbst für so tüchtig, diese Großbauern hier oben, und meinen, es gebe in Norwegens Landen nicht ihresgleichen. Sie wundern sich wohl baß darüber, daß ich leben kann und daß es mir gut geht, obwohl sie die Türen vor mir verschließen. Aber sie sind faul und hoffärtig und wollen keine neuen Sitten lernen - und so geben sie immer noch der alten Feindschaft mit der Königsmacht in Sverres Tagen die Schuld an allem. Lügen sind es, dein Ahne versöhnte sich mit König Sverre und nahm Geschenke von ihm an, aber wollte dein Oheim unserem König folgen und vor ihm stehen, da müßte er sich äußerlich und innerlich gehörig herausputzen, und dazu ist dieser Trond zu faul. Aber du, Kristin, du solltest mit einem Mann verheiratet werden, der Rittersitten und Courtoisie besitzt.“
    Kristin saß da und blickte hinunter auf Arnes roten Rücken auf dem Hofplatz von Formo. Wenn Frau Aashild von der Welt sprach, in der sie früher gelebt hatte, stellte sich Kristin, ohne daß sie es bis jetzt selbst innegeworden war, stets die Ritter und Grafen Arne ähnlich vor. Früher, als sie klein gewesen war, hatte sie sie immer in der Gestalt des Vaters erblickt.
    „Mein Schwestersohn Erlend Nikulaussohn auf Husaby, das wäre ein passender Bräutigam für dich - er ist schön herangewachsen, der Bursche. Meine Schwester Magnhild war im vorigen Jahr bei mir zu Besuch, als sie durch das Tal kam, und sie hatte ihn bei sich. Ja, den kannst du wohl nicht bekommen, aber ich hätte gerne die Decke über euch beide im Brautbett gebreitet - er ist so dunklen Haares, wie du blond bist, und hat schöne Augen. - Aber kenne ich meinen Schwager recht, so hat er sich wohl bereits nach

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