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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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einer besseren Heirat für Erlend umgesehen, als du bist.“
    „Bin ich denn keine gute Heirat?“ fragte Kristin erstaunt. Es kam ihr niemals in den Sinn, gekränkt zu sein über etwas, was Frau Aashild sagte, aber sie fühlte sich gedemütigt und bedrückt dadurch, daß diese Frau den Ihren etwas voraushatte.
    „Doch, du bist eine gute Heirat“, erwiderte die andere. „Aber dennoch darfst du dir kaum erwarten, in meine Sippe zu kommen. Dein Ahne hier im Lande war ein friedloser Mann und aus dem Auslande, und die Gjeslinger haben hier auf ihren Höfen gelebt und sind modrig geworden, schon seit so langer Zeit, daß bald niemand mehr außerhalb des Tales sich ihrer erinnert. Aber ich und meine Schwester, wir bekamen die Schwestersöhne der Königin Margret Skulestochter.“
    Kristin dachte nicht einmal daran, daß es nicht ihr Ahne war, sondern sein Bruder, der als ein Friedloser ins Land gekommen war. Sie saß da und blickte zu den dunklen Berghängen jenseits des Tales hinüber, und sie erinnerte sich des Tages vor Jahren, als sie auf der Alm gewesen war und gesehen hatte, wie viele Berge zwischen ihrem Tal und der Welt lagen. Da sagte Frau Aashild, sie müßten nun heim, und sie gebot ihr, Arne zu rufen. Kristin legte die Hände an den Mund, rief und winkte mit ihrem Halstuch, bis sie sah, daß der rote Fleck auf dem Hofplatz dort unten sich bewegte und zurückwinkte.
    Einige Zeit danach begab sich Frau Aashild heim, aber während des Herbstes und im ersten Teil des Winters kam sie oft nach Jörundhof und hielt sich ein paar Tage bei Ulvhild auf. Die Kleine wurde nun tagsüber aus dem Bett genommen, und man versuchte sie auf die Beine zu stellen, aber sie knickten unter ihr zusammen, wenn sie darauf stehen sollte. Sie zitterte, war bleich und müde; der Schnürleib, den Frau Aashild ihr aus Pferdehaut und feinen Weidenzweigen gemacht hatte, belästigte sie sehr, und sie lag am liebsten im Schoße der Mutter still da. Ragnfrid hielt die kranke Tochter stets in den Armen, so daß nun Tordis dem ganzen Haushalt vorstehen mußte, und auf Geheiß der Mutter ging Kristin ihr mit an die Hand, um zu lernen und zu helfen.

Kristin sehnte sich von einem Mal zum anderen nach Frau Aashild, und manchmal sprach diese viel mit ihr, aber zu anderen Zeiten wartete das Kind vergebens auf ein Wort außer dem Gruße, wenn sie kam und wenn sie ging. - Aashild saß dann nur bei den Erwachsenen und sprach mit diesen. So war es immer, wenn sie ihren Mann dabei hatte, denn es geschah nun, daß auch Björn Gunnarssohn mit nach Jörundhof kam. Lavrans war eines Tages im Herbst nach Haugen geritten, um der Frau den Arztlohn zu bringen - es war die beste Silberkanne mit Brett, die sie im Hause besaßen. Da hatte er die Nacht dort verbracht und lobte seitdem den Hof sehr. Er sei schön und gut gehalten und nicht so klein, wie die Leute sagten, erzählte er. Und drinnen in den Häusern sähe alles nach Wohlstand aus, und der Hausbrauch sei höfisch wie die Sitten großer Leute südlich im Lande. Was er über Björn dachte, sagte Lavrans nicht, aber er nahm ihn immer gut auf, wenn er mit seiner Frau nach Jörundhof kam. Dagegen mochte Lavrans Frau Aashild über die Maßen gut leiden, und er meinte, das meiste, was man über sie erzählt habe, sei Lüge. Er sagte auch, daß sie vor zwanzig Jahren wohl kaum der Hexenkünste bedurft habe, um einen Mann an sich zu fesseln - da sie jetzt, nahe den Sechzigern, noch so jung aussehe und von gewinnendstem und liebreizendstem Wesen sei.
    Kristin verstand, daß die Mutter das alles nur ungern sah. Allerdings sagte Ragnfrid nie etwas über Frau Aashild, aber einmal verglich sie Björn mit dem daniederliegenden gelben Gras, das man unter großen Steinen finden kann, und Kristin meinte, dies passe gut. Björn sah seltsam verblichen aus, er war ziemlich fett, bleich und schlapp, obwohl er nicht viel älter war als Lavrans. Doch sah man es ihm an, daß er einmal ein schöner Mann gewesen war. Kristin wechselte niemals ein Wort mit ihm - er sprach wenig und blieb am liebsten dort sitzen, wo er sich einmal hingesetzt hatte, von dem Augenblick an, da er die Stube betreten hatte, bis er zu Bett gehen sollte. Er trank unmäßig viel, aber man merkte ihm wenig an, er aß fast nichts und blickte von Zeit zu Zeit starr und in Gedanken irgendeinen im Raume mit seinen seltsamen fahlen Augen an.
    Von den Verwandten auf Sundbu hatten sie seit dem Unglück nichts mehr gesehen, aber Lavrans war einige Male drüben in

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