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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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verstehst, Junge, oder schweig still.“ Herr Erling hatte sich erhoben; sie standen beide, er und Erlend, zornig und mit roten Köpfen da.
    Erlend verzog den Mund vor Ekel.
    „Ein Tier, das von Menschen mißbraucht worden ist, erschlagen wir und schmeißen das Aas in den Wasserfall.“
    „Erlend!“ Der Reichsverweser umklammerte die Tischkante mit beiden Händen. „Du hast selbst Söhne“, sagte er leise. „Kannst du so etwas sagen. Oh, hüte deine Zunge, Erlend. Überlege erst, ehe du sprichst, dort, wo du jetzt hinkommst. Und überlege zwanzigmal, ehe du handelst.“
    „Macht ihr es so, wenn ihr über die Angelegenheiten des Reiches beratet, dann wundert es mich nicht, daß alles verkehrt geht. Aber du brauchst keine Angst zu haben“, er räusperte sich, „ich - werde gewiß nichts tun. Aber es ist herrlich, jetzt in diesem Lande hier leben zu dürfen. - Ja, du mußt ja morgen frühzeitig aufstehen. Und mein Schwiegervater ist müde.“
    Als er gute Nacht gewünscht hatte, blieben die beiden anderen noch sitzen, ohne etwas zu sagen. Erlend schlief an Bord seines Schiffes. Erling Vidkunssohn saß da und drehte seinen Becher zwischen den Fingern.    
    „Ihr hustet?“ fragte er, um etwas zu sagen.
    „Alte Leute sind leicht verschleimt. Wir haben jetzt so viele Plagen, lieber Herr, von denen ihr Jungen gar nichts wißt“, sagte Lavrans lächelnd.
    Dann saßen sie wieder schweigend da. Bis Erling Vidkunssohn wie halb zu sich sagte:
    „Ja, so denken alle - daß es schlecht bestellt ist um dieses Reich. Vor sechs Jahren, in Oslo, da glaubte ich, es hätte sich klar gezeigt, daß ein festes Bestreben bestünde, das Königtum aufrechtzuerhalten - bei den Männern aus jenen Geschlechtern, die dazu geboren sind. Ich - baute darauf.“
    „Ich glaube, Ihr saht damals recht, Herr. Aber Ihr selbst sagtet, wir seien gewohnt, uns um unseren König zu scharen. Jetzt ist er ein Kind - und die halbe Zeit in einem anderen Lande.“ „Ja. Manchmal denke ich: es ist kein Schaden, ist auch ein Nutzen dabei. Früher, als unsere Könige wie die Hengste sprangen - da gab es genug schöner Fohlen aufzustellen; das Volk brauchte nur jenes zu erkiesen, das am besten um sich biß.“ Lavrans lachte ein wenig. „Ach ja ...“
    „Wir sprachen darüber vor drei Jahren, Lavrans Lagmannssohn, als Ihr von Eurer Wallfahrt nach Skövde kamt und Eure Verwandten in Gautland besucht hattet.“
    „Ich erinnere mich, Herr, Ihr schenktet mir die Ehre, mich aufzusuchen.“
    „Nein, nein, Lavrans, Ihr braucht nicht so höfisch zu sein“, der andere machte eine ungeduldige Bewegung mit der Hand. „Es kam so, wie ich sagte“, meinte er finster. „Keiner vermag jetzt die Herren im Lande um sich zu scharen. Wer den größten Hunger hat, der drängt sich vor - etwas ist immer noch im Trog. Aber die, die danach trachten könnten, Macht und Reichtum wie in der Zeit unserer Väter auf ehrenvolle Weise zu gewinnen, die treten nicht hervor.“
    „Es sieht so aus. Aber die Ehre ist mit dem Banner des Führers verknüpft.“
    „Da müssen die Männer glauben, daß meinem Banner wenig Ehren folgen“, sagte Erling trocken. „Ihr habt Euch von allem ferngehalten, was Euren Namen hätte bekannt machen können, Lavrans Lagmannssohn.“
    „So habe ich es gehalten, seit ich verheiratet bin, Herr. Und verheiratet wurde ich frühzeitig - meine Frau war kränklich und vertrug es nicht, viel unter Menschen zu kommen. Und es hat den Anschein, als könne unsere Sippe hier in Norwegen nicht gedeihen. Meine Söhne starben jung, und nur einer von meinen Brudersöhnen brachte es zum erwachsenen Mann.“
    Es tat ihm leid, daß er dies gesagt hatte. Erling Vidkunssohn hatte in diesem Punkt selbst viel Kummer erlebt. Seine Töchter waren gesund herangewachsen, aber auch ihm war nur ein einziger seiner Söhne am Leben geblieben, und es hieß, der Knabe habe eine schwache Gesundheit. Aber Herr Erling fragte nur: „Ihr habt auch in der mütterlichen Sippe keine nahen Verwandten, soviel ich weiß?“
    „Nein, keine näheren als die Kinder einer Schwester meines Muttervaters. Sigurd Lodinssohn hatte nur Töchter, und sie starben beide beim ersten Kind - meine Muhme nahm das ihre mit ins Grab.“
    Dann saßen sie wieder eine Weile schweigend da.
    „Solche Männer wie Erlend“, sagte der Reichsverweser leise, „sind am gefährlichsten. Solche, die ein wenig über ihre eigene Nase hinaus denken. Aber doch nicht weit genug. Ja, ist nicht Erlend wie ein faules

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