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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Kind“, er schob im Ärger den Weinbecher auf dem Tisch umher, „er ist doch gut begabt? Und von guter Geburt und kühn? Aber nie mag er so viel über eine Sache hören, daß er sie bis ins letzte versteht. Und würde er wirklich einmal einem Mann bis zum Ende zuhören, so hätte er wohl den Anfang vergessen, ehe man noch beim Schluß angelangt wäre.“
    Lavrans blickte zu dem anderen hinüber. Herr Erling war seit dem letztenmal, da er ihn gesehen hatte, sehr gealtert. Er sah verbraucht und müde aus - schien seinen Platz weniger auszufüllen. Er hatte feine, klare Gesichtszüge, aber sie waren etwas zu klein, und außerdem war seine Haut ein wenig welk, war es immer gewesen. Lavrans fühlte, daß dieser Mann - obgleich er ein rechtschaffener Ritter war, klug und bereit, unverbrüchlich und ohne sich zu schonen zu dienen - in jedem Ausmaß um einiges zu klein war, um an der Spitze zu stehen. Wäre er um einen Kopf größer gewesen, hätte er wohl eher eine vollzählige Gefolgschaft gefunden.
    Lavrans sagte leise:
    „So klug ist Herr Knut doch wohl auch - wenn er dort unten an irgendeinen Angriff denkt -, einzusehen, daß er in geheimen Aufträgen keinen großen Nutzen von Erlend erwarten kann.“ „Ihr liebt diesen Eidam in gewisser Beziehung, Lavrans“, sagte der andere beinahe ärgerlich. „Offen gestanden, besonderen Grund, ihn zu lieben, habt Ihr doch nicht.“
    Lavrans saß da, tauchte den Finger in verschütteten Wein und fuhr zeichnend auf der Tischplatte umher. Herr Erling bemerkte, daß ihm die Ringe jetzt sehr locker an den Fingern saßen.
    „Habt Ihr denn Grund dazu?“ Lavrans blickte mit dem kleinen feinen Lächeln auf. „Trotzdem glaube ich, daß auch Ihr ihn gern habt!“
    „Ach ja. Gott mag wissen... Aber Ihr könnt darauf schwören, Lavrans, Herrn Knut fährt jetzt gar manches durch den Sinn - er ist jetzt Vater eines Knaben, der ein Tochtersohn König Haakons ist.“
    „Selbst Erlend muß verstehen können, daß der Vater dieses Kindes einen allzu breiten Rücken hat und daß der kleine Junker niemals um ihn herumkommen kann. Und die Mutter hat um dieser Heirat willen das ganze Volk gegen sich.“
    Kurz darauf stand Erling Vidkunssohn auf und gürtete sein Schwert um; höfisch nahm Lavrans den Umhang des Gastes vom Haken und hielt ihn bereit - da schwankte er plötzlich und wäre umgesunken, hätte nicht Herr Erling ihn in seinen Armen aufgefangen. Nur mit Mühe vermochte Herr Erling Lavrans, der groß und schwer war, zum Bett hinüberzutragen. Ein Schlaganfall war es nicht - aber Lavrans war bleich und hatte blaue Lippen, die Glieder waren schlapp und weich. Herr Erling lief über den Hofplatz und weckte den Herbergsvater.
    Lavrans schien ganz beschämt, als er wieder zu sich kam. Ja, es sei eine Schwäche, die sich ab und zu melde - seit einer Elchjagd vor zwei Wintern, bei der er sich im Schneegestöber verirrt habe. So etwas ist wohl nötig, ehe ein Mann lernt, daß die Jugend vorbei ist, lächelte er entschuldigend.
    Herr Erling wartete, bis der Mönch den Kranken zur Ader gelassen hatte, obwohl Lavrans ihn bat, sich nicht zu bemühen, da er doch schon in aller Morgenfrühe weiter müsse.
    Der Mond stand schimmernd und hoch über den Bergen auf dem Festland, und darunter lag das Wasser schwarz, draußen aber auf dem Fjord floß das Licht wie Silberschollen. Kein Rauch stieg aus den Dachöffnungen - das Gras auf den Hausdächern glitzerte betaut im Mondlicht. Niemand befand sich auf der einzigen kurzen Straße der Stadt, als Herr Erling rasch die wenigen Schritte zum Königshof hinunterging, wo er schlafen sollte. Er sah seltsam schmächtig und klein aus im Mondschein - den schwarzen Umhang dicht um sich gezogen, ein wenig zusammenschauernd. Ein paar schläfrige Knechte, die auf ihn gewartet hatten, taumelten mit einem Licht auf den Hofplatz heraus. Der Reichsverweser nahm das Licht, hieß die Männer zu Bett gehen - und schauerte wieder zusammen, während er die Treppe zum Oberstockwerk hinaufstieg.

7
    Gleich nach der Bartholomäusmesse begab sich Kristin mit ihrem großen Gefolge von Kindern, Gesinde und Reisegut auf die Heimfahrt. Lavrans ritt mit der Tochter bis Hjerdkinn hinauf.
    Sie gingen dort auf dem Hofplatz auf und ab und redeten miteinander, Lavrans und die Tochter, es war am Morgen, er sollte wieder zurückreiten. Auf dem Gebirge lag blendende Sonne - die Moore waren bereits rot und die Hügel von den Kleinbirken gelb wie Gold; draußen auf den Bergweiten blitzte Wasser

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