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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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geschehen als Gott und Maria zuliebe, daß er sich solch kleine Briefe mit Gebeten verschafft und sie auswendig gelernt hatte, während er beim Königsgefolge war. Dies taten alle jungen Männer, denn der König hatte, wenn er an den Abenden dalag und nicht schlafen konnte, die Gewohnheit, die Pagen danach auszufragen, was sie an solchen nützlichen Weisheiten kannten.
    Ach ja - das war jetzt lange her. Die Schlafkammer des Königs in der steinernen Halle am Königshof zu Oslo. Auf dem kleinen Tisch beim Bett brannte eine einzige Kerze -der Schein fiel auf das feingeschnittene, verblichene und gealterte Männerantlitz, das auf den roten Seidenkissen ruhte. Wenn dann der Priester seine Vorlesung beendet hatte und gegangen war, ergriff der König oft selbst das Buch, lag da und las, den schweren Band gegen die hochgezogenen Knie gestützt. Auf zwei Schemeln, drüben bei dem großen gemauerten Kamin, saßen die Pagen - ihn selbst traf fast immer die Wache zusammen mit Gunstein Ingassohn. Es war gemütlich in der Kammer - das Feuer brannte klar und warm, ohne zu rauchen, der Raum wirkte so behaglich mit der kreuzgewölbten Decke und den mit Teppichen verhangenen Wänden. Aber schläfrig wurden sie vom Dasitzen. Zuerst mußten sie den Priester vorlesen hören und dann darauf warten, bis der König in Schlaf fiel; dies geschah fast nie vor Mitternacht. Wenn er schlief, war es ihnen gestattet, einander im Wachen abzulösen und in der Zwischenzeit auf der Bank zwischen dem Kamin und der Tür zum Sprechzimmer zu ruhen. So saßen sie denn da, sehnten sich nach diesem Zeitpunkt und unterdrückten das Gähnen.
    Es konnte geschehen, daß der König sich ins Gespräch mit ihnen einließ - es kam dies nicht oft vor, wenn aber, so war er unsagbar freundlich und gewinnend. Oder er las laut aus einem Buch vor, irgendeine Sentenz oder ein paar Zeilen eines Verses, die zu hören den jungen Männern nach seinem Gutdünken nützlich oder gesund sein konnten.
    Eines Nachts war Simon davon erwacht, daß König Haakon nach ihm gerufen hatte - im Stockfinstern. Die Kerze war niedergebrannt. Tiefbeschämt blies er in die Glut und zündete ein neues Licht an. Der König lag da und lächelte verschmitzt.
    „Schnarcht Gunstein denn immer so entsetzlich?“
    „Ja, Herr!“
    „Du teilst auch in der Herberge mit ihm das Bett, nicht wahr? Du hättest beinahe verdient, für einige Zeit einen Schlafgenossen zu fordern, der weniger lärmend schläft.“
    „Danke, Herr - aber dies tut nichts, Herr König.“
    „Du mußt aber doch wach werden, Simon, wenn dies Getöse so dicht neben deinem Ohr losbricht - oder nicht?“
    „Doch, Euer Gnaden, aber dann gebe ich ihm einen Stoß und drehe ihn ein wenig herum.“
    Der König lachte.
    „Ich möchte wissen, ob ihr jungen Leute genügend anerkennt, welch große Gabe Gottes ein guter Schlaf ist. Wenn du einmal in mein Alter kommst, Simon, mein Freund, wirst du dich dieser meiner Worte erinnern.“
    Dies lag endlos fern - dennoch klar vor ihm, aber nicht so, als sei er, der hier saß, jener junge Page gewesen ...
    Eines Tages, zu Anfang der Adventszeit, Kristin war fast allein auf dem Hof - die Söhne fuhren Holz und Flechten heim -, wurde sie davon überrascht, daß Simon auf den Hofplatz einritt. Er hatte den Auftrag, sie und ihre Söhne zum Weihnachtsgastgelage zu sich zu bitten.
    „Du begreifst doch wohl, Simon, daß wir das nicht können“, sagte sie ernsthaft. „In unseren Herzen können wir wohl dieselben Freunde sein, du und Ramborg und ich - aber man kann nicht immer das tun, was man gern möchte, das verstehst du wohl.“
    „Es kann doch dein Ernst nicht sein, die Sache so weit zu treiben, daß du nicht einmal deine einzige Schwester aufsuchst, wenn sie zu Boden gezwungen wird.“
    Kristin sprach den Wunsch aus, es möge alles gut gehen und ihnen beiden zur Freude gereichen, „aber ob ich kommen kann, darauf vermag ich dir heute noch nicht bestimmt zu antworten“.
    „Das wird allen Leuten gar seltsam erscheinen“, erwiderte Simon heftig. „Du stehst in dem Ruf, die beste Geburtshelferin zu sein - und sie ist deine Schwester - und ihr beide seid die Hausfrauen auf den beiden größten Höfen hier oben im Tal.“
    „Es sind in den letzten Jahren hier auf den großen Höfen gar nicht so wenige Kinder auf die Welt gekommen, und man hat mich trotzdem nicht geholt. Es ist nicht mehr so, Simon, daß eine Wöchnerinnenstube für schlecht versorgt gilt, wenn die Frau von Jörundhof nicht dabei

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