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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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du“, sagte Simon; er stand da und blickte zu Boden, dunkelrot im Gesicht. „Das war - schön von dir, Gyrd, daß du zu mir kommen wolltest.“
    Nachdem der Gast zu essen bekommen hatte, gingen die beiden Brüder ins Freie hinaus. Das Getreide begann hier auf den der Sonne zugewandten Hängen am Fluß gelb zu werden. Es war solch schönes Wetter - unten leuchtete der Fluß jetzt ganz sanft unter dem Erlenwald auf. Große glänzende Wolken trieben über den Sommerhimmel dahin - der Sonnenschein erfüllte die Senkung des ganzen Tales, und das Gebirge gerade vor ihnen lag ganz hellblau und grün in dem Flimmern der Wärme und in den treibenden Schatten der Wolken da.
    In der eingezäunten Weide dröhnte es dumpf, wenn die Pferde auf den trockenen Boden stampften - die ganze Schar kam durch das Erlendickicht gestürmt. Simon lehnte sich über den Zaun. „Fola - Fola ... Er wird jetzt alt, der Bronsvein“, sagte er. Gyrds Pferd schob den Kopf über den Zaun und schnupperte an seiner Schulter.
    „Achtzehn Winter.“ Gyrd streichelte das Tier. „Mich dünkt, Verwandter - diese Sache - es wäre doch allzu schlimm, sollte sie die Freundschaft zwischen dir und mir zerstören“, er sah seinen Bruder nicht an.
    „Es hat mich jeden Tag gekränkt“, antwortete Simon leise. „Und Dank dafür, daß du kamst, Gyrd.“
    Sie gingen weiter am Zaun entlang, Gyrd voran, Simon hinterher. Schließlich setzten sie sich am Rand einer kleinen, versengten, steinigen Wiese nieder. Es roch süßlich und stark von den kleinen Heuhaufen, die da und dort lagen, wo die Sense ein wenig kurzes, mit Blumen gemischtes Gras zwischen den Steinen zusammengerafft hatte. Gyrd erzählte von dem Vergleich zwischen König Magnus und den Haftorssöhnen und deren Gefolge. Simon fragte nach einer Weile:
    „Hältst du es für ganz undenkbar, daß einige von den Verwandten Erlend Nikulaussohns versuchen würden, ihn mit dem König auszusöhnen und ihm dessen Gnade wiederzugewinnenr
    „Ich vermag nicht viel zu tun“, sagte Gyrd Darre. „Und jene, Simon, die hierin etwas zu tun vermöchten, sind nicht gut auf ihn zu sprechen. Ja, ich habe wenig Lust, gerade jetzt etwas darüber zu sagen. Mich dünkte er ein kühner, prächtiger Mann, aber er hat seinen Plan schlecht zu Ende geführt, meinen die anderen. Doch am liebsten will ich jetzt nicht darüber sprechen - ich weiß, daß du viel auf diesen deinen Schwager hältst.“
    Simon saß da und starrte über das silberweiße Gefunkel auf den Laubwipfeln am Hang und das leuchtende Glitzern des Flusses hin. Erstaunt dachte er - ja, in mancher Beziehung sei es wohl wahr, was Gyrd sage.
    „Im übrigen sind wir zur Zeit verfeindet, Erlend und ich“, sagte er. „Es ist eine gute Weile her, seit wir miteinander gesprochen haben.“
    „Mich dünkt, Simon, du bist mit den Jahren recht unfriedlich geworden“, sagte Gyrd und lachte ein wenig.
    „Hast du nie daran gedacht“, fragte er kurz danach, „aus dieser Gegend hier wegzuziehen? Wir Verwandten könnten einander besser unterstützen, wenn wir näher beieinander wohnten.
    „Wie kannst du nur so etwas denken? Formo ist mein Erbhof ...“
    „Aasmund auf Eiken hat mit seinem Anteil am Hofe teil am Erbrecht. Und ich weiß, daß er nichts dagegen haben wird, Erbrecht gegen Erbrecht unter Verwandten zu tauschen - er hat es sich noch nicht aus dem Kopf geschlagen, wenn er deine Arngjerd zu den von ihm genannten Bedingungen für Grunde bekommen könnte ...“
    Simon schüttelte den Kopf.
    „Das Geschlecht meiner Vatermutter hat hier auf dem Hofe gesessen seit den Zeiten, da das Land noch heidnisch war. Und hier, habe ich gedacht, soll Andres nach mir sitzen. Ich glaube, du bist nicht recht klug, Bruder - wenn du sagst, ich solle mich von Formo trennen.“
    „Ja, das ist begreiflich.“ Gyrd wurde ein wenig rot. „Ich dachte nur - vielleicht. . . Auf Raumarike hast du deine meisten Verwandten - und deine Freunde aus der Jugend, vielleicht denkst du, daß du dich dort wohler fühlen würdest.“
    „Ich fühle mich hier wohl.“ Auch Simon war rot geworden. „Hier ist der Ort, wo ich dem Jungen einen sicheren Sitz verschaffen kann.“ Er sah Gyrd an, und das feine, gefurchte Gesicht des Bruders bekam einen verlegenen Ausdruck. Gyrds Haar war jetzt beinahe weiß, aber sein Körper war noch ebenso schlank und geschmeidig wie früher. Er machte ein paar unruhige Bewegungen — einige Steine rollten von dem Haufen hinunter, kollerten den Hang hinab und in das

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