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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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bleiben willst. Kristin - so wahr Gott für uns am Kreuz gestorben ist, ich habe dich heute noch so lieb wie an jenem Abend, da du unter meinem Umhang schliefest - in jener Nacht nach der Margretsmesse. Ich saß da und sah dich an, du warst eine so reine und frische und junge und ungebrochene Blüte!“
    Kristin antwortete leise:
    „Weißt du noch, Erlend, in jener Nacht betetest du darum, daß ich nie um deinetwillen eine Träne vergießen möchte ..."
    „Ja - und Gott und alle Heiligen im Himmel wissen, wie ernst es mir damit war! Freilich, es ist anders gekommen - das mußte es wohl, so geht es ja immer, solange man auf dieser Erde lebt. Aber ich liebte dich, wenn ich schlecht an dir handelte und wenn ich gut an dir handelte. Bleibe hier, Kristin!“
    „Hast du nie daran gedacht“, fragte sie still wie zuvor, „daß es für deine Söhne schwierig sein könnte, wenn man so über ihren
    Vater spricht, wie du sagst. Sie können doch nicht alle sieben dem Gerede der Leute entfliehen und ins Gebirge hinaufziehen.“ Erlend blickte zu Boden.
    „Sie sind jung“, sagte er, „schöne und kühne Burschen. Sie werden sich schon zu helfen wissen. Wir, Kristin, wir haben nicht mehr so viele Jahre übrig, bis wir alte Leute sind - willst du die Zeit vergeuden, in der du noch schön und gesund bist und dazu geschaffen, dich am Leben zu erfreuen, Kristin?“
    Sie schlug ihre Blicke vor dem Blitzen seiner Augen nieder. Eine Weile später sagte sie:
    „Hast du vergessen, Erlend, daß zwei unserer Söhne noch kleine Kinder sind? Was meinst du wohl, was ich verdiente, wenn ich Lavrans und Munan im Stich ließe?“
    „Du mußt sie eben mit hierhernehmen - wenn Lavrans nicht lieber bei seinen Brüdern bleiben will. So klein ist er doch auch nicht mehr. - Ist Munan immer noch so schön?“ fragte der Vater lächelnd.
    „Ja“, sagte die Mutter, „er ist ein liebliches Kind.“
    Dann saßen sie lange still da. Und als sie wieder redeten, sprachen sie von anderen Dingen.
    Am nächsten Morgen erwachte sie bei Tagesgrauen, wie sie es jeden Morgen hier oben getan hatte - lag da und hörte die Pferde neben der Stube stampfen. Sie hielt Erlends Kopf fest umschlungen. An den übrigen Tagen war sie, wenn sie zu dieser grauen und frühzeitigen Stunde erwachte, von der gleichen Angst und Scham erfaßt worden wie das erstemal - sie hatte darum gekämpft, diese Gefühle niederzuringen. Erlend und sie waren uneinige Ehegatten, die sich jetzt ausgesöhnt hatten; den Kindern konnte nichts dienlicher sein, als daß ihr Vater und ihre Mutter wieder gut Freund miteinander wurden.
    Aber in dieser Morgenstunde lag sie da und bemühte sich, an ihre Söhne zu denken. Denn sie war wie verzaubert - unmittelbar aus dem Wald bei Gerdarud, wo er sie zum erstenmal umarmte, hatte Erlend sie mit sich hier heraufgetragen. Sie waren so jung, es konnte nicht Wirklichkeit sein, daß sie diesem Manne bereits sieben Söhne geboren hatte und die Mutter großer erwachsener Männer war. - Aber sie hatte ein Gefühl, als habe sie hier in seinem Arm von den langen Jahren, die sie als Mann und Frau auf Husaby verbracht hatten, nur geträumt. Alle seine leichtsinnigen Worte lockten und klangen wieder auf - vor Angst schwindelnd, glaubte sie zu fühlen, daß Erlend die sie-benfältige Last der Verantwortung von ihr genommen habe; so muß es für die junge Stute sein, wenn sie abgesattelt auf der Almwiese steht: Last und Sattel und Zaumzeug sind ihr abgenommen, und Wind und Luft der Bergweite strömen ihr entgegen, unbehindert steht sie da und darf das schöne Berggras abweiden, darf überall hinlaufen, so weit es sie nur gelüstet...
    Und gleichzeitig sehnte sie sich bereits danach, süß und sehnsuchtsvoll bereit, eine neue Bürde zu tragen. Sie sehnte sich schon mit einer kleinen zärtlichen Betäubung nach dem Wesen, das nun neun lange Monate hindurch ihrem Herzen am nächsten wohnen sollte. Sie hatte er so bestimmt gefühlt, vom ersten Morgen an, an dem sie hier oben in Erlends Armen erwacht war. Zugleich mit der harten und trockenen Hitze im Gemüt war die Unfruchtbarkeit von ihr gewichen. Sie trug Erlends Kind in ihrem Schoß, und mit einer seltsam sanften Ungeduld streckte sich ihre Seele der Stunde entgegen, da es ans Licht kommen sollte.
    Meine großen Söhne brauchen mich nicht, dachte sie. Die finden nur, ich sei langweilig, rede ihnen in alles drein. Wir werden ihnen nur im Wege sein, der Kleine und ich. Nein, ich kann nicht von hier Weggehen - wir müssen

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