Kristin Lavranstochter 2
jungen Anführer übergegangen sein, und mit ihm viele andere von den reichsten und vornehmsten Männern des Landes - von Erling Vidkunssohn selbst und dem Bischof von Björgvin erzählten sich die Leute, daß sie dahinter stünden und die Sache förderten.
Kristin schenkte diesen Gerüchten nicht viel Gehör; bitter dachte sie, sie seien ja jetzt kleine Leute, die Angelegenheiten des Reiches gingen sie nichts mehr an. Dennoch hatte sie im Herbst zuvor mit Simon Andressohn ein wenig darüber gesprochen, und sie wußte auch, daß Simon mit Erlend geredet hatte. Aber sie begriff, daß Simon diese Dinge nur ungern erwähnte -in einer Beziehung deshalb, weil er nicht wollte, daß seine Brüder sich in derartig gefährliche Dinge mischten, Gyrd jedenfalls wurde ja ganz und gar von den Verwandten seiner Frau gelenkt. Aber Simon fürchtete auch, es könnte Erlend nicht angenehm sein, wenn von solchen Dingen gesprochen würde, um so mehr, als er doch dazu geboren war, dort seinen Platz zu haben, wo die Männer über das Reich Norwegen berieten, das Unglück ihn aber jetzt aus dem Kreis seiner Genossen ausgeschlossen hatte.
Doch Kristin merkte, daß Erlend mit seinen Söhnen über diese Dinge sprach. Und eines Tages hörte sie Naakkve sagen:
„Aber wenn diese Herren ihr Recht gegen König Magnus durchsetzen, dann können sie doch wohl nicht so erbärmlich sein, Vater, daß sie Eure Sache nicht wieder aufnehmen und den König zwingen, sein Unrecht gegen Euch gutzumachen.“
Erlend lachte; da fuhr der Sohn fort:
„Ihr wart der erste, der diesen Herren den Weg wies und sie daran erinnerte, daß es früher unter den Vornehmen Norwegens nicht Sitte gewesen sei, in Ruhe dazusitzen und von ihren Königen Unrecht zu erdulden. Es kostete Euch Eueren Erbhof und Euer Lehen, die Männer, die mit Euch im Bunde gewesen waren, kamen ohne Riß in der Haut davon - Ihr allein nahmt die Buße für sie alle auf Euch ...“
„Ja, um so mehr haben sie wohl Grund, mich zu vergessen“, erwiderte Erlend lachend. „Und Husaby hat der Bischofsstuhl zum Pfand erhalten. Ich glaube nicht, daß die Herren im Rat den armen König Magnus dazu zwingen werden, es auszulösen . . .“
„Der König ist Euer Verwandter und ebenso Sigurd Haftorssohn und die meisten der anderen Männer“, antwortete Naakkve heftig. „Sie können nicht, ohne sich mit Schmach zu bedecken, jenen Mann aus Norwegens Adel im Stich lassen, der seinen Schild mit vollen Ehren an die Landesgrenzen im Norden führte und Finnmarken und die Küste des Gandviksmeeres von den Feinden Gottes und des Königs säuberte - erbärmliche Wichte müßten sie da sein ...“
Erlend stieß einen Pfiff aus.
„Mein Sohn - eines kann ich dir sagen. Ich weiß nicht, wie der Plan der Haftorssöhne enden wird, darauf aber wette ich meinen Kopf, daß sie sich nicht erdreisten werden, Herrn Magnus ein nacktes norwegisches Schwert zu zeigen. Ich denke mir, es wird zu allerlei Gerede und Versammlungen kommen, aber daß auch nur ein Pfeil abgeschossen wird, glaube ich nicht. Und diese Männer werden sich nicht um meinetwillen ins Zeug legen, denn sie kennen mich und wissen, daß ich geschliffenem Stahl gegenüber nicht so kitzlig bin wie irgendeiner der anderen ...
Verwandte, sagst du, ja, sie sind im vierten Glied mit dir verwandt, sowohl Magnus als auch diese Haftorssöhne. Ich erinnere mich ihrer aus jener Zeit, da ich an König Haakons Hof diente - ein Glück für meine Verwandte, Frau Agnes, daß sie eine Königstochter war, sonst hätte sie wohl aufs Bollwerk hinausgehen und Fische ausnehmen müssen, wenn nicht eine Hausfrau wie deine Mutter sie zur Hilfe im Stall genommen hätte, aus gottesfürchtigem Erbarmen. Mehr als einmal habe ich diesen Haftorssöhnen die Nase geputzt, wenn sie ihren Großvater begrüßen sollten und in die Halle gelaufen kamen, so rotznasig, wie sie vom Schoß der Mutter herabgeklettert waren - und gab ich ihnen in verwandtschaftlicher Liebe ein paar Ohrfeigen, um ihnen ein wenig Sitte beizubringen, so schrien sie wie gestochene Schweine. Ich habe sagen hören, daß aus diesen Wechselbälgen von Sudrheim schließlich doch noch. Leute geworden sind. Wenn du dir aber von dieser Seite Verwandtenhilfe erwartest -da kannst du sie ebensogut beim Hund unterm Schwanz suchen ..."
Später sagte Kristin zu Erlend:
„Naakkve ist so jung, mein lieber Mann - dünkt es dich da nicht falsch, mit ihm so offen über solche Sachen zu sprechen?“
„Und du sprichst so sanft, meine
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