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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Bursche sei. Sechs Jahre später kam sie zu ihrem Vater heim, ausgehungert, krank, zerfetzt und verlaust, mit einem Kind an jeder Hand und einem unter dem Herzen. Die Leute, die damals in Sil wohnten, wußten es genau, obgleich sie nie darüber sprachen: der Vater dieser Kinder war als Dieb in Oslo gehängt worden. Die Jonssöhne waren nicht gut geartet - und jetzt waren sie alle drei tot.
    Schon zu Lebzeiten seiner Nachkommen hatte Sira Eirik eifrig dafür gesorgt, seine Kirche mit Gaben zu schmücken und zu ehren. Jetzt würde sie wohl den größten Teil seines Vermögens und seiner kostbaren Bücher erhalten. Die neue, Sankt Olav und Sankt Tomas geweihte Kirche in Sil war viel größer und prächtiger als die alte niedergebrannte, und Sira Eirik hatte viele herrliche und kostbare Dinge dafür gestiftet. Er ging jeden Tag zur Kirche und verrichtete dort sein Gebet und seine Andacht, aber die Messe für die Gemeinde las er jetzt nur noch an den hohen Feiertagen. Auch die priesterlichen Amtshandlungen wurden jetzt meist von Sira Solmund verrichtet. Wenn aber die Leute eine schwere Sorge hatten oder ihre Seele von großen Schwierigkeiten und Gewissensbissen beunruhigt war, so suchten sie am liebsten den alten Priester auf, und allen dünkte es, daß sie von einer Begegnung mit Sira Eirik stets Hilfe heimtrügen.
    Und eines Abends gegen den Frühling zu ging denn Kristin Lavranstochter nach Romundhof und klopfte an die Tür von Sira Eiriks Stube. Aber sie wußte eigentlich selbst nicht recht, wie sie ihr Anliegen Vorbringen sollte; so saß sie, nachdem sie ihn begrüßt hatte, da und redete von dem und jenem. Schließlich sagte der alte Mann ein wenig ungeduldig:
    „Bist du nur hergekommen, um mich zu begrüßen, Kristin, und um zu sehen, wie es mir geht? Es ist schön von dir, wenn dem so ist - aber mir will scheinen, du habest irgend etwas auf dem Herzen, und wenn es sich wirklich so verhält, so sprich jetzt davon und verliere nicht die Zeit mit unnützen Reden.“ Kristin legte die Hände auf ihrem Schoß ineinander und blickte zu Boden.
    „Ich sehe es so ungern, Sira Eirik, daß mein Gemahl dort oben auf Haugen lebt.“
    „Der Weg dorthin ist wohl nicht so lang“, sagte der Priester, „als daß du nicht leicht hingehen und mit ihm sprechen könntest, ihn bitten könntest, bald heimzukehren. So viel kann er doch auf dem kleinen Hof nicht zu tun haben, daß er noch länger dortzubleiben braucht.“
    „Mir wird angst, wenn ich daran denke, daß er in den Winternächten allein dort oben ist“, sagte Kristin schaudernd.
    „Erlend Nikulaussohn ist wohl alt und geschickt genug, auf sich selber achtzugeben.“
    „Sira Eirik - du weißt, was sich dort oben früher einmal alles zugetragen hat“, flüsterte Kristin beinahe unhörbar.
    Der Priester wandte ihr die alten, trüben Augen zu - einstmals waren sie kohlschwarz und funkelnd scharf gewesen. Er schwieg.
    „Du hast doch wohl davon gehört, was die Leute sich erzählen“, sagte sie ebenso leise wie zuvor. „Daß - die Toten - dort umgehen sollen.“
    „Willst du damit sagen, daß du ihn deshalb nicht aufzusuchen wagst - oder fürchtest du, die Toten könnten deinem Mann das Genick brechen? Liebe Kristin, wenn sie das bis jetzt noch nicht getan haben, so lassen sie ihn wohl auch fürderhin dort in Frieden“, der Priester lachte barsch. „Unvernunft, ketzerisches und abergläubisches Geschwätz ist fast alles, was das Volk sich erzählt, wenn es von Gespenstern und Toten spricht, die umgehen sollen. Ich fürchte, dort, wo Herr Björn und Frau Aashild weilen, stehen strenge Wächter an der Türe.“ „Sira Eirik“, flüsterte sie bebend, „glaubst du denn, daß es für die beiden armen Seelen keine Rettung gibt?“
    „Gott verhüte, daß ich mich je erdreisten sollte, über die Grenzen seiner Gnade zu urteilen. Aber ich kann mir nicht denken, daß es den beiden gelungen sein sollte, ihre Abrechnung so schnell zu beenden, noch sind die Tafeln nicht zu Ende gelesen, auf denen die beiden ihre Runen eingekerbt haben -
    Aashilds Kinder, die sie im Stich ließ, ihr beiden, die ihr bei der klugen Frau in die Lehre gingt. Könnte ich glauben, daß es helfen würde, wenn einiges von dem Schaden, den sie angerichtet hat, wiedergutgemacht würde, dann - aber da Erlend dort oben bleibt, ist es wohl nicht Gottes Meinung, daß es etwas nützen würde, wenn die Muhme sich zeigte. Denn das wissen wir, durch Gottes Erbarmen und Unserer Lieben Frau Mitleid und die

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