Kristin Lavranstochter 2
ständig Reibereien und Unfrieden zwischen Ulv Haldorssohn und seiner Frau. Ulvs Halbbruders Sohn, Haldor Jonssohn, war im Frühling zu seinem Verwandten gekommen und hatte seine Frau mitgebracht; er war seit einem Jahr verheiratet. Es bestand nun die Absicht, daß Haldor Ulvs Hof in Skaun pachten sollte, aber Jardtrud war darüber böse, denn sie fand, daß Ulv dem Brudersohn zu gute Bedingungen gestellt habe, und sie erkannte die Absicht der Männer, Haldor vielleicht durch die eine oder andere Ordnung die Erbschaft dieses Hofes nach seinem Oheim zu sichern.
Haldor war auf Husaby Kristins eigener Knecht gewesen, und sie hielt sehr viel auf den jungen Mann, konnte auch die Frau gut leiden, die ein stilles, angenehmes junges Weib war. Kurz nach Mittsommer bekamen die beiden jungen Leute einen Sohn, und Kristin stellte ihnen die Webstube zur Verfügung, wo die Hausfrauen auf Jörundhof immer gelegen hatten, wenn sie Kinder gebaren. - Jardtrud aber nahm es übel auf, daß Kristin selbst, als die oberste der Geburtshelferinnen, der Wöchnerin beistand - obgleich Jardtrud selber noch jung und unerfahren war und weder einer Wöchnerin helfen noch mit einem neugeborenen Kind umgehen konnte.
Kristin übernahm die Patenschaft bei dem Knaben, und Ulv richtete das Kindsbier aus, Jardtrud aber fand, er lasse sich’s zuviel kosten und lege allzu große Gaben sowohl auf die Wiege als auch auf das Bett der Mutter. Um sie ein wenig zu beruhigen, schenkte Ulv seiner Frau mit feierlicher Miene mehrere Kostbarkeiten aus seinem Besitz: ein kostbares Kreuz mit Kette, einen pelzgefütterten Umhang mit dazugehöriger großer Silberspange, einen Ring und eine Schließe. Aber sie begriff, daß er ihr von dem Land, das er besaß, nicht einen einzigen Acker geben wollte über das hinaus, was sie bei ihrer Heirat von ihm als Zugabe erhalten hatte - all das sollte an seine Halbgeschwister übergehen, falls er selbst keine Nachkommenschaft bekäme. Und jetzt jammerte Jardtrud, daß ihr Kind tot geboren war und es nicht den Anschein hatte, als sollte sie ein zweites bekommen - sie machte sich in der ganzen Gemeinde zum Gelächter, weil sie mit allen Menschen darüber sprach.
Nachdem die junge Frau ihren Gang zur Kirche gefeiert hatte, mußte Ulv Kristin darum bitten, Haldor und Audhild in der Feuerstube wohnen zu lassen. Kristin gab gerne ihre Einwilligung. Sie mied Haldor, denn es wurde ihr so viel ins Gedächtnis zurückgerufen, dessen sich zu erinnern jetzt schmerzlich war, wenn sie mit ihrem früheren Knecht sprach. Aber mit der Frau sprach sie ziemlich oft, denn Audhild wollte Kristin unbedingt behilflich sein, soviel sie konnte. Und gegen Ende des Sommers wurde das Kind sehr krank; da nahm sich Kristin seiner an und pflegte es an Stelle der jungen unerfahrenen Mutter.
Als Haldor und Audhild im Herbst nach Norden reisten, entbehrte sie die beiden, am meisten aber den kleinen zarten Knaben. Sosehr sie selber wußte, wie unverständig es von ihr war, hatte sie doch in diesen Jahren nicht umhingekonnt, eine Art Schmerz darüber zu empfinden, daß sie plötzlich unfruchtbar geworden zu sein schien - obgleich sie noch keine alte Frau war, noch nicht einmal vierzig Jahre alt.
Es hatte ihr geholfen, die Gedanken von vielem Schmerzlichen abzuhalten, daß sie die junge kindliche Frau und den Säugling pflegen und warten konnte. Und so schwer es sie auch dünkte, mit anzusehen, wie Ulv Haldorssohn mit seiner Heirat kein besseres Glück gefunden hatte, so hatte doch die Lage der Dinge im Verwalterhaus ihre Gedanken von anderem abgelenkt.
Denn seit Erlends Vorgehen an jenem Bittgangstag vermochte sie kaum mehr daran zu denken, wie jetzt alles enden sollte. Daß er vor aller Leute Augen ins Tal kam und in die Kirche ging und dann wieder nach Norden zog, ohne sein Weib mit einem Wort zu begrüßen, dünkte sie so herzlos, daß sie nun glaubte, sie sei ihm schließlich ganz gleichgültig geworden.
Mit Simon Andressohn hatte sie seit jenem Tage während der Frühjahrsüberschwemmung, als er kam, um ihr zu helfen, kein Wort mehr gewechselt. Sie grüßte ihn bei der Kirche und sprach meistens einige Worte mit ihrer Schwester. Was die beiden über ihre Angelegenheiten dachten und darüber, daß Erlend nach Dovre hinaufgezogen war, wußte sie nicht.
Aber am Sonntag vor der Bartholomäusmesse kam Herr Gyrd von Dyfrin mit den Leuten von Formo zur Kirche. Simon sah sehr froh aus, als er an der Seite seines Bruders zum Gottesdienst hineinging. Und Ramborg
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