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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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rief: »Fein, Mütterchen, dass du mir gratulieren kommst. Ist das nicht ein herrlicher Tag?« Er schob den Stuhl zurück, griff nach einem vollen Gläschen, trat Großmutter entgegen und bot ihr den Schnaps an.
    Sie nahm ihn.
    »Auf eine glückliche Ausreise«, sagte sie und trank das Glas in einem Zug leer.
    Donatka griff nach der Flasche. Großmutter wollte abwehren, doch er fügte dem dummen Spruch, dass man auf einem Bein nicht stehen könne, noch hinzu: »Und vor allem feiern wir heute meinen fünfzigsten Geburtstag, Mütterchen, und darauf sollst du trinken.«
    Großmutter wurde ein wenig verlegen.
    »Ach, hätte ich das gewusst«, stammelte sie.
    »Dann wärst du nicht gekommen, wie?«, protestierte Donatka.
    »Vielleicht doch. Aber ich hätte dir ein Geschenk mitgebracht«, antwortete sie.
    »Mein größtes Geschenk habe ich mit dem Papierchen hier heute Morgen bekommen«, lachte er, wedelte mit dem Brief von der Kreismiliz und zog Großmutter neben sich auf einen Platz am Tisch. Kristina stand immer noch in der Tür. »Geh zu dem jungen Volk«, sagte Weronika zu ihr. »Du wirst dort im Zimmer Bekannte finden.«
    Kristina drängte sich durch das Wohnzimmer, das voll gestopft war mit Arbeitskollegen und Männern und Frauen aus der Nachbarschaft. Weronika hatte im Schlafzimmer die Bettgestelle abgebrochen und mit den Brettern auf Holzblöcken einen Tisch gebaut. Lautes Hallo begrüßte Kristina. Stanek saß da mit rotem Gesicht und neben ihm ihr Bruder Janec, noch in den Arbeitskleidern. Janina, Krisek, Basia, Andrzej, noch andere aus ihrer Klasse, dazu kleinere Kinder aus dem Haus.
    »Stell dir vor«, rief Stanek und griff ein blondes Bürschchen beim Schopf, »ich hab ihm einen Zloty geboten, damit er dich herholt, aber er wollte nicht gehen.«
    »Kann ich gut verstehen, Stanek«, rief Wroni, die gerade mit einer Schüssel voll gekochter Eier hereinkam. »So ein Fest erlebt man nicht oft.«
    Sie holte aus ihrer Schürzentasche ein Gläschen Salz und stellte es auf den Tisch. Ihre Augen blitzten, das schwarze Kraushaar hatte sich ein wenig gelöst und umrahmte ihr frisches Gesicht. Sie lachte. Die regelmäßigen, weißen Zähne schimmerten.
    Kann man begreifen, dass Donatka sie liebt, dachte Kristina.
    »Esst und trinkt, Kinderchen«, rief Weronika und wirbelte schon wieder hinaus.
    Kristina fand Platz zwischen Basia und Stanek. Die Eier wurden geschält, mit Salz bestreut und gegessen. Wer Brot dazu wollte, der brach ein Stück von dem Laib ab, der auf dem Tisch lag.
    Die unförmig dicke Frau Waczlawski, die in der Dachstube wohnte, trippelte mit kleinen Schritten flink herein. »Gut geht’s uns, wie?«, rief sie.
    »Was uns fehlt, ist ein Stück Wurst«, sagte Stanek listig. Er wusste, dass sie stets mit Fleisch und Wurstvorräten gut eingedeckt war.
    »Ich verstehe dich schon, du Lorbass«, rief sie. »Aber so etwas lässt sich die Waczlawski nicht zweimal sagen, wart nur, du Lorbass.«
    Es dauerte keine fünf Minuten, da war sie wieder unten, zwei große Rauchwurstringe in den Händen.
    »Da, lasst sie euch schmecken. Und der Donatka, das Aas, er lebe hoch«, rief sie und griff nach einem Bierglas.
    Die Mädchen und Burschen ließen Donatka und die Waczlawski abwechselnd hochleben. Stanek schnitt mit seinem großen Taschenmesser die Wurst in dicke Scheiben.
    »Schmeckt wunderbar«, sagte Janec.
    »Du sprichst mit vollem Mund schon ganz gut«, neckte ihn Basia.
    »Nur Übung, Schätzchen, nur Übung«, antwortete er.
    »Jetzt bin ich doch eher drüben als du«, sagte Stanek zu Kristina.
    »Bist du. Kannst uns ja dann mit deinem Porsche abholen, wenn wir ankommen«, lachte sie.
    »Ein Porsche oder ein anderer Wagen! Und ein Transistorgerät! Und ein eigener Fernseher! Junge, das wird schön.«
    »Du fährst nicht ins Schlaraffenland«, versuchte ihn Kristina zu bremsen.
    »Ich kann arbeiten, Kristina. Hier, das sind Muskeln.« Er streifte seinen Hemdsärmel hoch, beugte den Arm und tippte auf seinen Bizeps. »Ein Messer prallt ab, so hart sind die.«
    »Angeber«, reizte ihn Basia.
    Er nahm sein Taschenmesser. Die Klinge war noch stumpf vom Fett der Wurst. Aus etwa zwanzig Zentimetern ließ er die Klinge mit der Spitze auf seinen gestrafften Muskel fallen. Er verzog keine Miene dabei.
    »Die schaffen was weg, sag ich dir«, prahlte er. »Und am Bau werden überall in der Welt Leute gesucht.«
    »Die werden dich ausbeuten, die da drüben«, sagte Basia.
    »Ich werd schon aufpassen.«
    Im Wohnzimmer begann

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