Kroenung der Liebe
Sportwagen mit geöffneter Beifahrertür, und am Steuer saß Alex. Er sah nicht besonders glücklich aus. „Steig ein“, forderte er.
Allegra hob die schmalen Brauen. „Pardon?“
„Mach keine Szene. Steig sofort ein, reden werden wir im Palast.“
Sie hatte keine Lust, zu ihm in den Wagen zu steigen, keine Lust, in den kalten Palast zurückzukehren, und schon gar nicht wollte sie mit Alex reden, solange er in dieser Stimmung war. Doch da bereits Leute stehen geblieben waren und sie neugierig musterten, gab sie zähneknirschend nach.
„Ich wollte aber laufen!“, maulte sie wie ein trotziges Kind, kaum, dass sie neben ihm Platz genommen hatte.
„Du kannst im Palastgarten …“
„Nein, da fühle ich mich wie in einem Gefängnis!“, brach es aus ihr heraus.
Alex umklammerte das Steuer so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Sie würde wieder versuchen auszubrechen, da brauchte er sich nichts vorzumachen. Soll so mein zukünftiges Leben aussehen? Immer auf der Jagd nach seiner widerspenstigen Braut? Dramatische Auftritte in der Öffentlichkeit und sensationslüsterne Menschenansammlungen?
„Wir werden laufen“, erklärte er kurz angebunden, „im Bosco Verde .“
Allegra blinzelte die aufsteigenden Tränen weg und schniefte leise. „Ist das eine Stadt?“, wollte sie nach einer Pause wissen. Der hoffnungsvolle Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören und entlockte ihm wider Willen ein Lächeln. Allerdings ein ziemlich grimmiges.
„Es ist ein Wald, oder besser gesagt, bewaldete Hügel, in die ich mich früher oft geflüchtet habe, wenn mir alles zu viel wurde.“ Erst verspätet fiel ihm auf, dass er damit quasi zugab, nachvollziehen zu können, was seine Verlobte momentan bewegte.
Allegra schien sein unerwartetes Bekenntnis jedenfalls zu entspannen, da sie tiefer in den weichen Ledersitz rutschte und die Augen schloss. Kurz darauf hörte sie ein leises Summen, blinzelte kurz und stellte fest, dass Alex das Verdeck geöffnet hatte. Zufrieden lehnte sie sich wieder zurück, genoss die warme Sonne auf ihrem Gesicht und den frischen Fahrtwind in den Haaren.
„Was, zur Hölle, hast du dir eigentlich dabei gedacht?“, platzte Alex’ Stimme unerwartet wie ein Donnerhall in die friedliche Stimmung.
„Dass ich es weder gewohnt bin noch mag, wenn man mich einsperrt“, erwiderte sie gelassen. „Und dass ich es absolut legitim finde, eine kleine Auszeit …“
„Du bist meine Verlobte, und ich bin der Kronprinz von Santina!“
„Was wahrscheinlich mein größtes Problem ist“, kam es ungerührt zurück. „Und deines vielleicht auch.“
Auf einmal dachte Alex daran, wie oft er sich in seiner Kindheit und Jugend in den Bosco Verde geflüchtet hatte. Vor dem Führerschein auf dem Pferd, später bevorzugt im Geländewagen des Palastgärtners, den er sich zu diesem Zweck ungefragt ausgeliehen hatte. Er verstand, wie Allegra sich fühlte, doch er durfte nicht akzeptieren, dass sie mit ihrem unüberlegten Verhalten dem Königshaus Schaden zufügte.
„Wie schön und friedlich es hier ist“, stellte Allegra versonnen fest, während sie Seite an Seite durch den kühlen Wald spazierten.
Zwischen bemoosten Felsen blühten winzige Orchideen, auf sonnenbeschienenen Lichtungen wuchsen wilde Gewürze und verströmten einen betörend aromatischen Duft. Durch das dunkle Gewirr von Zweigen sah man immer wieder das leuchtende Türkis des Mittelmeers aufblitzen, dessen Rauschen sich mit dem Zirpen der Grillen mischte.
„Wir hätten einen Picknickkorb mitnehmen sollen.“ Spontan ließ sie sich auf ein dickes Moospolster sinken.
„Ich hatte nicht vor, hierherzukommen“, erinnerte Alex sie pedantisch und nahm neben ihr Platz. „Dies ist keine Zeit für entspannte Picknicks. Du hast davon gehört, dass Sophia vermisst wird?“, tastete er sich behutsam vor.
„Sie wird nicht vermisst, sondern ist mit deinem Freund Ash durchgebrannt, dem Maharadscha von Nailpur“, korrigierte sie gelassen. Aber einen Aufruhr hatte es in jedem Fall gegeben, als Sophia sich auf diese spektakuläre Weise den Plänen ihres Vaters widersetzt hatte, einen Mann zu heiraten, den sie kaum kannte und gar nicht liebte. Damit Prinz Rodriguez nicht unverrichteter Dinge wieder abreisen musste, nur weil seine widerspenstige Braut geflohen war, bot König Eduardo ihm seine Tochter Carlotta an, die vor vier Jahren als Single Mom in Ungnade gefallen war.
Allegra fand dieses Vorgehen absurd, ebenso wie Carlottas
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