Kroenung der Liebe
Bereitschaft, sich auf einen derartigen Deal einzulassen. Was war das nur für eine Familie, die den äußeren Schein so viel höher bewertete als menschliche Gefühle?
„Um Sophia haben sich schon von jeher Gerüchte gerankt“, fuhr Alex fort. „Hast du davon gehört, dass sie gar nicht …“
Allegra nickte, weil sie sah, wie schwer es ihm fiel, darüber zu sprechen. Warum also unsinnige Spielchen spielen?
„Mein Vater hat mich als Thronerben von klein auf sehr streng erzogen. Trotzdem muss ich sagen, dass wir mehr Freiheiten hatten, als wir jünger waren. Dann bekam meine Mutter die Zwillinge, und obwohl mein Vater ihnen sehr zugetan war, speziell Natalia, wünschte er sich weitere Söhne. Seine sichtliche Enttäuschung traf meine Mutter schwer und führte dazu, dass sie sich … veränderte.“
Wie konnte er es am besten erklären?
„Vielleicht könnte man sagen, sie wurde depressiv. Genau erinnern kann ich mich nicht mehr an die Zeit. Ich weiß nur, dass sie wieder ein Baby erwartete, als ich zwölf Jahre alt wurde, was eigentlich eine gute Nachricht hätte sein sollen, da mein Vater sich nichts mehr ersehnte als einen weiteren Sohn. Doch ich hörte sie immer öfter streiten … und nicht nur das.“
Alex schüttelte den Kopf. Spontan streckte Allegra ihre Hand aus und strich ihm über den Arm.
„Er beschuldigte sie, mit ihrer Indiskretion die Monarchie zu gefährden. Dabei meinte er weniger ihre heimliche Affäre, sondern die Schwangerschaft.“
„Aber das ist doch auch verständlich“, schlug sich Allegra unvermutet auf König Eduardos Seite.
„Du musst verstehen …“
„Ich verstehe sehr gut, weil ich all das mehr als einmal am eigenen Leib erfahren habe. Die Gerüchte um meinen Vater unterscheiden sich nicht sehr von denen in eurer Familie. Ich liebe ihn sehr, aber er hat zwei Gesichter, von denen mir eines weniger gefällt als das andere. Wenn meine Mutter eine Affäre …“
„Das kannst du nicht vergleichen! Hier steht sehr viel mehr auf dem Spiel, deshalb muss jedem Gerücht und Skandal energisch entgegengetreten …“
„Was bisher ja auch so perfekt funktioniert hat!“, höhnte Allegra, die langsam die Geduld verlor. „Deine Leute sind so damit beschäftigt, die Schranktüren zuzuhalten, hinter denen sich die Familienskelette verstecken, und vorzugeben, sie wären keine normalen Menschen aus Fleisch und Blut, dass sie darüber völlig vergessen zu leben und zu lieben. Wenn du mich fragst, hat sich dein Vater nicht um die Bevölkerung von Santina gesorgt, sondern das nur als Vorwand benutzt, um deine Mutter im Gefängnis ihrer Schuld einzusperren. Aber ich lasse mich nicht einsperren, Alex!“
„Du kannst nicht immer auf und davon laufen, wenn dir etwas nicht passt.“
„Ich verspreche auch hoch und heilig, nicht schwanger wiederzukommen!“
Er seufzte. „Allegra, ich meine das völlig ernst. Es gibt Dinge …“ Er brach ab, als ein seltsames Geräusch über ihnen ertönte, das sich als Rotorenlärm eines Helikopters herausstellte. „Hörst du das? Eigentlich habe ich schon darauf gewartet.“
„Worauf? Auf den Hubschrauber?“ Verständnislos schüttelte sie den Kopf. „Aber warum? Glaubst du etwa, er ist unseretwegen hier?“
„Und glaubst du etwa, dass unser … unsere kleine Auseinandersetzung auf der Straße unbeobachtet geblieben ist?“
„Und wenn schon …“ Allegra verstand die Welt nicht mehr. „Für die Leute gelten wir als verlobtes Paar, oder? Und Verlobte streiten ab und zu, das ist doch völlig normal.“ Neugierig schaute sie zu dem kreisenden Helikopter empor. „Denkst du, sie wollen nachschauen, ob wir uns auch wieder standesgerecht versöhnen?“, spottete sie und errötete, als sie Alex’ hungrigen Blick bemerkte.
„Möglich wär’s“, erwiderte er rau und erinnerte sie plötzlich wieder an den Mann, mit dem sie in der Londoner Bar Champagner getrunken hatte.
Allegra spürte, wie sich ihr Atem beschleunigte. Ihr Verlobter kam näher und näher. Der Helikopterlärm wurde immer lauter, genau wie ihr Herzschlag, und dann spürte sie Alex’ Lippen auf ihren. Für einen beseligenden Moment vergaß sie alles um sich herum. Es gab nur Alex und sie, den Duft der wilden Kräuter, die warme Sonne auf ihrem Haar und die Sehnsucht, dies alles wäre nicht nur Theater.
„Glaubst du, sie haben genug gesehen?“, fragte sie, als Alex sich von ihr löste.
Er blickte nach oben, wo der Helikopter inzwischen nur noch als kleiner Punkt am Himmel zu
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