Kronhardt
es Romantik im Grunde nicht gebe. Doch als er sich erklären wollte, bekam er es nicht hin. Ständig konnte er die Wirkung der beiden alten Teufel in sich spüren; die Angst, nirgendwo vor ihrer Wirkung sicher zu sein, und daà sie noch die reinen und tiefen Gefühle befleckten, die er für die Frau in seinen Armen empfand.
Barbara saà da und sah dem Rauch ihrer Zigarette hinterher. Wie er aufstieg gegen Geäst und Silberlicht, und Willem meinte, daà sie lächelte. Er konnte nicht sagen, ob sie seine Befangenheit spürte, und ihr ferner Blick verstärkte noch sein Bedürfnis nach Aufklärung. Doch er kriegte es nicht hin. Die Worte erschienen bereits im Geiste unscharf und sprunghaft, so daà alle Sinngebung scheitern muÃte. So saÃen sie unter der Eiche. Rechter Hand die Kunsthalle, und zum Fluà hin, mit freistehendem altem Baumbestand, die Reste der alten Wallanlagen.
Barbara schien noch immer zu lächeln. Ihr Gesicht versilbert, und auf ihrem Körper die knorrigen Schatten. Willem gewahrte die seltsame Stille inmitten der Stadt, und einen Augenblick lang meinte er, sich mit Barbara im Arm dasitzen zu sehen. Dann spürte er den Strom aus ihrem Körper, eine durchdringende Kraft, und er zog sie an sich. So saÃen sie unter der Eiche. Und dann kriegte er es doch hin, und seine Worte schienen sich wunderbar leicht aufzureihen, mild und glänzend im Nachtlicht.
Als er die Augen aufschlug, gewahrte er Barbara neben sich. Er sah ihr Haar, das hinabwogte, und unter der Decke lag ihr Fleisch in seinem; eine Perle, die alle aufwühlenden Gedanken an die Alten beruhigte. Und so fiel er in ihren Rhythmus, döste bald weiter in Geborgenheit.
Sie duschten gemeinsam, und später stand Barbara vor der Kommode. Ihr Bild dreigeteilt im Spiegel; der rötliche Glanz im feuchten Haar, der Rücken sthenisch und die Geschlechtsmerkmale ausgeprägt unter dem Mieder. Als Willem hinter sie trat, hatte sie eine Haarnadel im Mund. Er fuhr über ihre Sommersprossen wie über die Maserung eines Fells, küÃte ihren Nacken. Als sie ihn bat, ihr einen Rock auszusuchen, entschied er sich für schottischen Tweed mit Kreidestreifeneffekt. Barbara lächelte und nannte seine Wahl klassisch streng.
Er half ihr in den Rock und fand sie begehrenswert. Er fühlte sich erwachsen, und keine Frage, sie hatten eine gemeinsame Zukunft.
Wenn er von der Hochschule kam und ins Geschäft trat, schlug die Türglocke, und Barbara empfing ihn zärtlich. Sie setzten sich ins Arbeitszimmer, auf dem Ofen standen Kaffee und Tee, und später drehten sie das Wendeschild um und gingen an der Weser oder durch die Wallanlagen.
Willem erzählte von seinem Vater und wie sich seine Welt nach dessen Tod verändert hatte. Wie er in die Miniaturanfertigungen von Kittel und Anzug gesteckt worden war, wie die Mutter ihn verkuppelt hatte und Kronhardt ihn für seine Schmetterlinge und Schaukämpfe gewinnen wollte. Er erzählte von seiner Disziplin und Strategie, um sich jenseits der beklemmenden Welt der Alten etwas selbstbestimmte Zeit zu bewahren und auch, um das Erbe seines Vaters lebendig zu halten. Er erzählte vom Alten Gymnasium, und er erzählte von Schlosser. Von Berlin und der entscheidenden Metabolie, und so spazierten sie, und wenn ihnen kalt wurde, kehrten sie bei Macciavelli ein.
Barbara hatte sich zurechtgemacht; das Haar hochgesteckt, die Schminke etwas dunkler als sonst, und unter dem Rock trug sie weiÃe Nylons. Willem saà am Ofen, und sie beugte sich extra tief, so daà der Spalt sich auflöste und er sehen konnte, wie die Brustwarzen von ihrem festen Fleisch abwärts zeigten. Rosenöl strömte in seine Nase, und für einen Augenblick schimmerte ihre helle Haut â ein barocker Anblick, meinte er, oder eine Art Transzendenz, und bald umzog der rosige Duft ihn wie eine Hülle. Sie küÃten sich, und er wuÃte, daà sie sich für ihn zurechtgemacht hatte.
Die Flasche war schwer und von schönem Grün. Ein 68 er Spätburgunder, der Silur von Kaledonien hieÃ, und als Barbara ihn dekantiert hatte, funkelten die Reflexe. Willem schloà auf einen molligen Charakter, doch als die Gläser anklangen und der erste Schluck auf seiner Zunge zerging, muÃte er einsehen, daà Barbara mit ihrer feinfühligen Einschätzung besser gelegen hatte. Auch ihr Kuà danach war eher zart als rassig, eher feinblumig als
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