Kronhardt
stand; und er würde ihren Entgleisungen zuhören, offen, gelassen, wie es seine Art war, und irgendwann würde Barbara zugeben, was sie beide wuÃten: daà ihre Energien in Wirklichkeit wunderbar zusammenwirkten.
So sah er ihr Profil.
Als sie ihn anschaute, war ihr Blick milde und ihre Stimme erschreckend ruhig.
Die meisten, sagte sie, die mal Steine gegen sonstwas geworfen haben, praktizieren später selber sonstwas. Errichten Rechtfertigungen, mit denen sie schamlos aus allem schöpfen, und scheiÃegal, auf wessen Kosten. Eine erschreckende Gleichschaltung, sagte Barbara, das seien doch Willems Worte, und damit lieà sie ihn allein. Verschwand aus dem Speicher und blieb das ganze Wochenende weg.
Willem verbrachte die Hälfte der Tage auf dem Sofa. Feuerte den Ofen an, hörte Bach, trank Whisky und hörte Deep Purple.
Die andere Hälfte war er drauÃen; bei einer Moorwanderung bekam er ein Birkhuhn in den Feldstecher, und von der Wurt entdeckte er einen Nebel, der in seiner Sternenkarte nicht verzeichnet war.
Nach erster Zusage hatten die Alten sich plötzlich gesperrt, ihr Büro mit der Speicherhauslinie einrichten zu lassen; bei einer so radikalen Milieuveränderung, sagten sie, bliebe am Ende alle Tradition auf der Strecke, und sie hatten auf ihren wuchtigen Schreibtischen und Registraturen bestanden. Barbara hatte sich das angehört und geduldig einen Teil der Bestellung storniert.
Doch dann waren die Alten wieder umgeschwenkt; bestanden mit einem Mal auf der Speicherhauslinie, wenn auch ausdrücklich ohne modernen Schnickschnack â Anschluà an das Datenverarbeitungssystem, Konferenzanlage, Barbara wisse schon, und gaben sich in ihrer Forderung auch dann noch gönnerhaft, wenn sie sie an entsprechende Erwartungen in der Zukunft koppelten.
Barbara blieb geduldig und stornierte erneut. Und sie ahnte, daà Willem recht hatte, als er von Angst und Leere sprach und dem verzweifelten Glauben, sich in ihrem alten Büro dagegen verschanzen zu können.
Es war eine zeitlose Linie. Solide, praktisch und dynamisch, Möbel, die einzeln und in Kombination funktionierten und für alle Zukunft gerüstet schienen.
Willem fand, daà man so eine Ausstattung entweder mochte oder nicht; mattes Chrom auf dunklem Holz und dazu gefrostetes Glas. Seine erste Wahl war es nicht, aber als sie dann dastanden, nahm er Barbara in den Arm und sagte, verdammt gute Wahl.
Ãhnlich verhielt er sich, als Barbara ein paar groÃformatige Bilder aus einer Galerie erwarb; obwohl er darin nicht mehr als schweineteure Minimalkunst erkennen konnte, gab er sich beeindruckt und bewunderte die unglaubliche Dynamik, die auf ein paar fette Pinselstriche reduziert war. Und auch die schweineteuren Bonsais, die er in Wirklichkeit für Zerrbilder ihrer Schöpfer hielt, nannte er ein bemerkenswertes Symbol für Barbaras Visionen â quasi die tiefe Verwurzelung der neuen Speicherhausdynamik.
Im Grunde war nichts dabei; ein biÃchen Syntax, ein biÃchen Modulation, und schon bekamen seine Worte einen anderen Sinn. Kein Opportunismus, keine Lügen, darum ging es überhaupt nicht. Es ging ihm um Barbara. Um einen verfeinerten Blick, um die Wertschätzung ihrer Leistung und darum, daà er seiner Frau auch bei unterschiedlichen Ansichten so viel Gutes geben wollte, wie sie brauchte. Und wenn es jenseits tieferer Reflexionen auch mit ein biÃchen Syntax und Modulation funktionierte, fand er nichts dabei. Sie waren Mann und Frau, beinahe ein Puls, und sie gestalteten gemeinsam an Gegenwart und Zukunft. Darum ging es. Und darum, daà man Opfer bringen muÃte für den anderen. Warum also nicht ein biÃchen an den Worten biegen, wenn es ihr guttat.
So nahm er Barbara in den Arm und drückte sie. Hut ab, sagte er.
Und Barbara? Sie nannte Willem einen schamlosen Lumpen. Der um jeden Preis in den Spitzgiebel wollte, und dann genoà sie seine anschmiegsame und zärtliche Art.
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Sie saÃen zu dritt bei Hector Luna und stieÃen an. Willem war gesprächig, und Inéz lieà sich von seiner guten Laune anstecken.
Ich wünschte, ihr würdet euch nicht betrinken, sagte Barbara. Sie wirkte dünnhäutig, und womöglich hatten die Alten ihr wieder Ãrger gemacht. Doch als Willem nachfragte, winkte Barbara nur ab. Natürlich verweigerten die Alten jedes Gespräch über neue Mitarbeiter. Doch das sei im Moment gar nicht ihr Problem. Sie wisse
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