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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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stand; und er würde ihren Entgleisungen zuhören, offen, gelassen, wie es seine Art war, und irgendwann würde Barbara zugeben, was sie beide wußten: daß ihre Energien in Wirklichkeit wunderbar zusammenwirkten.
    So sah er ihr Profil.
    Als sie ihn anschaute, war ihr Blick milde und ihre Stimme erschreckend ruhig.
    Die meisten, sagte sie, die mal Steine gegen sonstwas geworfen haben, praktizieren später selber sonstwas. Errichten Rechtfertigungen, mit denen sie schamlos aus allem schöpfen, und scheißegal, auf wessen Kosten. Eine erschreckende Gleichschaltung, sagte Barbara, das seien doch Willems Worte, und damit ließ sie ihn allein. Verschwand aus dem Speicher und blieb das ganze Wochenende weg.
    Willem verbrachte die Hälfte der Tage auf dem Sofa. Feuerte den Ofen an, hörte Bach, trank Whisky und hörte Deep Purple.
    Die andere Hälfte war er draußen; bei einer Moorwanderung bekam er ein Birkhuhn in den Feldstecher, und von der Wurt entdeckte er einen Nebel, der in seiner Sternenkarte nicht verzeichnet war.
    Nach erster Zusage hatten die Alten sich plötzlich gesperrt, ihr Büro mit der Speicherhauslinie einrichten zu lassen; bei einer so radikalen Milieuveränderung, sagten sie, bliebe am Ende alle Tradition auf der Strecke, und sie hatten auf ihren wuchtigen Schreibtischen und Registraturen bestanden. Barbara hatte sich das angehört und geduldig einen Teil der Bestellung storniert.
    Doch dann waren die Alten wieder umgeschwenkt; bestanden mit einem Mal auf der Speicherhauslinie, wenn auch ausdrücklich ohne modernen Schnickschnack – Anschluß an das Datenverarbeitungssystem, Konferenzanlage, Barbara wisse schon, und gaben sich in ihrer Forderung auch dann noch gönnerhaft, wenn sie sie an entsprechende Erwartungen in der Zukunft koppelten.
    Barbara blieb geduldig und stornierte erneut. Und sie ahnte, daß Willem recht hatte, als er von Angst und Leere sprach und dem verzweifelten Glauben, sich in ihrem alten Büro dagegen verschanzen zu können.
    Es war eine zeitlose Linie. Solide, praktisch und dynamisch, Möbel, die einzeln und in Kombination funktionierten und für alle Zukunft gerüstet schienen.
    Willem fand, daß man so eine Ausstattung entweder mochte oder nicht; mattes Chrom auf dunklem Holz und dazu gefrostetes Glas. Seine erste Wahl war es nicht, aber als sie dann dastanden, nahm er Barbara in den Arm und sagte, verdammt gute Wahl.
    Ã„hnlich verhielt er sich, als Barbara ein paar großformatige Bilder aus einer Galerie erwarb; obwohl er darin nicht mehr als schweineteure Minimalkunst erkennen konnte, gab er sich beeindruckt und bewunderte die unglaubliche Dynamik, die auf ein paar fette Pinselstriche reduziert war. Und auch die schweineteuren Bonsais, die er in Wirklichkeit für Zerrbilder ihrer Schöpfer hielt, nannte er ein bemerkenswertes Symbol für Barbaras Visionen – quasi die tiefe Verwurzelung der neuen Speicherhausdynamik.
    Im Grunde war nichts dabei; ein bißchen Syntax, ein bißchen Modulation, und schon bekamen seine Worte einen anderen Sinn. Kein Opportunismus, keine Lügen, darum ging es überhaupt nicht. Es ging ihm um Barbara. Um einen verfeinerten Blick, um die Wertschätzung ihrer Leistung und darum, daß er seiner Frau auch bei unterschiedlichen Ansichten so viel Gutes geben wollte, wie sie brauchte. Und wenn es jenseits tieferer Reflexionen auch mit ein bißchen Syntax und Modulation funktionierte, fand er nichts dabei. Sie waren Mann und Frau, beinahe ein Puls, und sie gestalteten gemeinsam an Gegenwart und Zukunft. Darum ging es. Und darum, daß man Opfer bringen mußte für den anderen. Warum also nicht ein bißchen an den Worten biegen, wenn es ihr guttat.
    So nahm er Barbara in den Arm und drückte sie. Hut ab, sagte er.
    Und Barbara? Sie nannte Willem einen schamlosen Lumpen. Der um jeden Preis in den Spitzgiebel wollte, und dann genoß sie seine anschmiegsame und zärtliche Art.

34
    Sie saßen zu dritt bei Hector Luna und stießen an. Willem war gesprächig, und Inéz ließ sich von seiner guten Laune anstecken.
    Ich wünschte, ihr würdet euch nicht betrinken, sagte Barbara. Sie wirkte dünnhäutig, und womöglich hatten die Alten ihr wieder Ärger gemacht. Doch als Willem nachfragte, winkte Barbara nur ab. Natürlich verweigerten die Alten jedes Gespräch über neue Mitarbeiter. Doch das sei im Moment gar nicht ihr Problem. Sie wisse

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