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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Ich möchte sie mit neuer Wäsche ausstatten. Von der Kombüse bis in die Koje vom Skipper. Der Name soll über einen Dreizack gebogen sein.
    Wo ist das Problem, Patrizia?
    Ich habe eine ausdrückliche Vorstellung davon, wie Schriftzug und Dreizack zu erscheinen haben.
    Komm einfach vorbei. Und bring ein Muster mit.
    Zudem möchte ich die Familienwappen sehen.
    Trikolor, nichtwahr. Dafür könnte ich dir ein ganz außerordentliches Garn besorgen. Direkt von Roderick&Son, königlicher Tuchhändler. Kannst du gleich kommen?
    Wie bitte?
    Ich habe keine Zeit zu verschenken, Patrizia. Ich arbeite zielgerichtet und effizient. Zudem spornt mich Freude an, wenn ich die Vorstellungen einer so charmanten Frau verwirklichen kann.
    Willem Kronhardt. Was soll das, bitte!
    Durch ihre Empörung hörte er das Mädchen von früher. Er lächelte, und das Vormittagslicht holte aus Jawlenskys Landschaft einen kahlen Berg und ließ ihn violett erblühen.
    Zuerst dachte er daran, ihr mit seiner sich stets verfeinernden Kunst aus den Kellerbarzeiten das Gefühl von Überlegenheit zu geben. Doch dann machte er es anders. Ich verfolge die Serie zur bremischen Geschichte, sagte er. Die Berichte zu Silberwaren und Bankhaus haben mir gefallen. Wie gehts Ferdinand?
    Er ist die Tage über Macao in New York.
    Davon habe ich gelesen. Aber wärs umgekehrt nicht besser?
    Wie bitte?
    Wegen der Zeitverschiebung. So was ist für mich ein Faktor, wenn ich zielgerichtet und effizient arbeite. Also. Wann darf ich mit dir rechnen, Patrizia?
    Er hörte ihren Atem. Ferne Geräusche wie aus einer Halle. Dann: Hier im Haus möchte ich neue Tischtücher. Mit Doppelwappen. Lassen sich Muster von diesem königlichen Tuchhändler besorgen?
    Sind bereits im Haus.
    Na schön. Und nach einer Pause sagte sie: Ich komme gegen halb drei.
    Willem schnalzte mit der Zunge. Das ist mir zu spät. Jetzt. Ansonsten morgen vormittag.
    Ihr Atem stieß gegen die Muschel. Dann sagte sie, na schön.
    Wann?
    Morgen um elf.
    Er trug den Termin in seinen Kalender, und als er pünktlich zum Mittag Feierabend machte, hatte er das Gespräch mit Patrizia von Kattenesch-Lasalle schon wieder vergessen.
    Bald schlenderte er über den Marktplatz, sah ein paar Tauben um den Roland zuckeln, und dann holte er eine vorbestellte Fachzeitschrift aus dem Buchhandel ab. In einer Bürgerküche ließ er Hecht mit Kartoffeln kommen, dazu einen Silvaner. Nachmittags lag er auf dem Sofa und las.
    Ein Artikel fesselte ihn besonders. Anscheinend war bei Ausgrabungen im Kaukasus der gut erhaltene Schädel eines Frühmenschen gefunden worden, und anscheinend handelte es sich dabei um eine Art, die Afrika erst vor einer Million Jahre verlassen hatte. Das Fesselnde war, daß die Russen diesen Schädel auf mindestens 1,75 Millionen taxiert hatten und somit ein mächtiges Loch in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit aufrissen. Die Angaben galten als nicht gesichert; da aber der Fundort des seltsamen Schädels in Georgien lag, wurde er der Georgische Schädel genannt, und die Redaktion versprach, trotz des Eisernen Vorhangs wissenschaftlichen Kontakt aufzunehmen und den Leser über neue Erkenntnisse informiert zu halten.
    In Gedanken blieb Willem noch den ganzen Tag bei dem Georgischen Schädel und freute sich an der Vorstellung, daß nichts so sein mußte, wie es schien.
    Am nächsten Tag wartete Willem eine halbe Stunde; dann entschied er, daß Patrizia ihn versetzt hatte und er keine weitere Zeit mehr auf sie verschwenden würde. Erst zum Nachmittag hin hörte er, was geschehen war.
    Ein Kommando Ahab bekannte sich. Sie waren der Limousine mit einem Motorrad gefolgt, hatten sie in einem Kreisel überholt und sie dann an der nächsten Ampel erwartet. Die Fahrbahn war doppelspurig, und sie standen mit dem Motorrad links, als die Limousine bis zur Ampel vorrollte. Dem Chauffeur hatten sie eine Kugel in den Kopf gejagt, die restliche Salve in die Frau.
    Willem war erschüttert.
    Dabei hatten die Terroristen es auf den Alten abgesehen – in einem voreiligen Bekennerschreiben begründeten sie noch, warum der Kapital- und Waffenlobbyist Alfred Lasalle hingerichtet werden müsse.
    Doch der Bankdirektor blieb am Leben; seine Schwiegertochter hatte einen unverhofften Termin zwischengeschoben, und so war er entgegen seiner Absicht noch im Haus geblieben. Und Willem war erschüttert und raufte

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