Kronhardt
gesehen hätten über Afrika. Niemals das Liebesspiel der Antilopen, den Sprung des Leoparden â und rings die Damen sitzen verzückt in solcher Erinnerung: Oh, Ernest! Und dann klingelt der alte Knabe, ordert Tee und Gin.
Es gibt noch einiges zu beraten, sagt er zu den Damen, verspricht aber, zum Bridge zurück zu sein. Dann kommt er aus seinem Rollstuhl und hakt sich bei Barbara unter. Ein Stück durch den Park werde er schaffen; es gebe eine Grotte, dort seien sie ungestört, und Barbara lächelt zu den bezaubernden Worten der Damen. Willem küÃt zum Abschied die fleckigen Hände; Elfenbein und rhodesisches Glitzern, und als die Damen auf seine Virilität anspielen, antwortet er so schmeichelhaft, daà tatsächlich Röte durch die aufgeschminkten Gesichter dringt.
Im Park schlieÃt er zu Barbara und Roderick auf und bietet seinen Arm. Very well, doch bevor Willem den Stock nehmen kann, beginnt der Alte, damit zu fuchteln. Ist das nicht mein Sohn, sagt er, und tatsächlich erscheint zwischen den stattlichen Bäumen ein Mann. Ein schlaksiger Kerl mit schlotterigen Kleidern, der mit langen Schritten auf das Haus zuhält.
Gar kein Zweifel, sagt der Alte, und jede Wette, daà er glattweg vorbeimarschiert. Und tatsächlich zieht der Sohn vorüber.
Er ist ein herzensguter Kerl, und seine Physik bereitet ihm die seltsamsten Probleme. Und wenn er nicht in seinem Institut ist, zerstreut er sich mit Dingen, hinter denen sein Kopf an den Problemen feilen kann. Jake, ruft der Alte, Jake, mein Sohn. Doch erst als Roderick einen Pfiff ausstöÃt, bleibt der Physiker stehen. Rauft sich ungläubig die Haare und schaut noch einmal aufs Haus, als wäre er bereits sicher gewesen, den Vater dort entdeckt zu haben. Dann kommt er mit groÃen Schritten und umarmt den Alten herzlich.
Als er Barbara und Willem die Hand reicht, ist es ein kurzer, zerstreuter Druck. Und Roderick sagt: Very well. Und dann: Warum geht ihr beiden nicht ein wenig ins Labyrinth. Und danach trefft ihr uns in der Grotte. Und wie zur Bekräftigung stöÃt er seinen Stock in den Rasen und zieht mit Barbara davon.
Der Sohn heiÃt Stephen Jacob. Die meisten nennen ihn Jake; andere aber auch Jay oder Roddy, und manchmal kann ihn das verwirren, und er fühlt sich angesprochen und antwortet auf Fragen, die womöglich niemand gestellt hat. So schlendern sie, und sie quasseln über dies und das. Willem in seiner alten Kluft tatsächlich britischer als Jake in seinem schlotterigen Anzug, und er ahnt die Elektrostatik. Und hinter der Quasselei ahnt er auch, wie Jake an irgendeinem Problem feilt; manchmal lacht der Physiker, als hätte Willem einen Witz gemacht, manchmal bricht er mitten im Satz ab, nickt und fängt von etwas völlig anderem an. Und immer leuchten seine Augen, ein so helles Blau, als würde es von innen befeuert, und Willem stellt sich den Sohn als einen glücklichen Menschen vor. Der von Anfang an klargestellt hat, was er will â die entscheidende Metabolie, und für den seine Physik den gleichen Wert hat wie für den Vater das Geschäft.
Als sie ins Heckenlabyrinth einziehen, meint Willem, daà er nicht weiÃ, wie man Ligustrum auf Englisch sagt. Und er ist überrascht, daà Jake auf Anhieb bei der Sache ist. Oh, sagt er, it is not a privet, und dann macht er sogleich auf Form und Anordnung der Blätter aufmerksam und schlieÃt daraus in sauberem Latein auf Buxus sempervirens. Und Jake weiÃ, daà der Buchsbaum ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt und daà schon die Römer daraus Fabeltiere und Götter rausgestutzt haben; fabulous creatures or gods, sagt er, und solide Basis für eine Popularität, die fortan Zeit und Raum durchschritt. Bereits im frühen Mittelalter hätte Buxus England erreicht, seine gröÃte Dichte habe er allerdings auf dem Kontinent gehabt, als Rokoko und Barock auch die Gartenmeister zu enormer Schwülstigkeit antrieben.
So nehmen sie die Geraden und rechten Winkel, und nicht mal Jake ist lang genug, das Labyrinth zu überschauen.
Bald erscheint eine Richtung wie die andere, jede Wendung auf ein Ziel hin löst sich im nächsten Augenblick wieder auf, und die Sinne finden in dieser zurechtgestutzten Welt immer weniger Halt. Noch die weiÃen Wolken verlieren sich in seltsamer Gesetzlosigkeit, rings verdichten mathematische Brüche und ununterscheidbares Grün, und jedes
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