Krontenianer - Rendezvous am Bogen (German Edition)
hatten das Schiff nach vier Stunden harter Arbeit zurück in den Status „einsatzbereit“ gebracht. Nun wurde die „ Beautiful Decision “ wieder vom kräftigen Schub des Vier-Komponenten-Antriebs durchs All geschoben, und seitdem flogen sie mit der maximalen Geschwindigkeit Richtung Segatar im Palaris-System. Die Decks meldeten nach und nach die Beendigung der Reparatur- und Aufräumarbeiten.
„Hier spricht der Captain“, begann Rati seinen Rundruf. „Es ist meine traurige Pflicht Ihnen mitzuteilen, dass der Unfall im Maschinenraum Manatec val’ Chaves und Waschquet val’ Ralla das Leben gekostet hat. Nutzen wir die letzte Chance, um mit einer Bestattungsfeier von unseren Kollegen und Freunden Abschied zu nehmen. Zwei Uhr – Lagerraum 18. Val’ men Porch – Ende.“
Nun saßen Bastian, Tom, Blade und Marla in der Kantine. Keiner hatte in der letzten Nacht wirklich gut geschlafen.
„Alles passierte so überraschend und unvorhersehbar“, erklärte Tom. ‚Na ja, unvorhersehbar nicht unbedingt’, dachte er.
„Man verabschiedet einen Kollegen, der die nachfolgende Schicht übernimmt und dann sieht man ihn nie wieder.“ Tom schnäuzte in sein Taschentuch. Er wollte sich nicht anmerken lassen, wie nah ihm der Verlust der Kameraden ging. Doch langsam realisierte er den Verlust. Tränen formten sich in seinen Augen und rannen an seinen Wangen entlang. „Shit!“
„Tom. Habt ihr denn vorher keine Anzeichen im Maschinenraum bemerkt?“, fragte Blade.
„Nein, erst als eine grünliche Flamme aus dem Antriebsaggregat züngelte.“ Tom schluckte. „Aber da war nichts mehr zu machen, die Energiegitter haben jeden Zugang versperrt.“
Marla fand keine Worte und schwieg. Bastian schien über Nacht viel geweint zu haben, die roten Augen und das für seine Verhältnisse legere Aussehen sprachen eine eindeutige Sprache. Blade rutschte näher an Bastian heran, um ihn in den Arm zu nehmen und ihm eine stützende Schulter zu bieten. Er versuchte sich ein Lächeln abzuringen und legte seinen Kopf auf Blades Schulter.
„Nutzen wir nachher die letzte Chance, um Abschied zu nehmen“, schlug Tom vor. „Danach wird das Leben an Bord irgendwie weitergehen müssen!“
Typischerweise wurden im vierundzwanzigsten Jahrhundert auf einem Raumschiff verstorbene Crewmitglieder im All bestattet, ähnlich der Beisetzung auf hoher See in früheren Jahrhunderten. Klassische Friedhöfe existierten nur noch auf abgelegenen Kolonien. Praktisch keine hochentwickelte Zivilisation führte noch Bestattungen unter der Erde oder in Grabkammern durch. Gewöhnlich übergab man die Reste der Verstorbenen nach einer Feuerbestattung den Weiten des Weltraums. Einige Lebensformen pressten die Asche zu Diamanten und trugen die Toten bei sich. Andere pflanzten die Setzlinge beeindruckender Baumsorten, wie beispielsweise des Arzeleibaums, in die Asche der Verstorbenen. Die hohe Lebenserwartung dieser atemberaubenden Pflanzen sollte durch die Symbiose mit der Asche für ein Weiterleben der Toten sorgen.
Es verblieben zehn Minuten bis zur Beisetzung. Frachtraum 18 füllte sich mit den Kondolenzgästen, die in großer Anzahl teilnahmen, um Abschied zu nehmen. Marla, Blade und Bastian hatten sich einen Platz auf der linken Seite gesucht. Bastian hielt Blades Hand, wirkte ansonsten aber gefasst. Marla schaute in die Runde. Sie konnte gut vierzig Personen zählen. Gegenüber entdeckte sie Jack und Richard. Auch Tom hatte sich zur Verabschiedung eingefunden. Er sah gut aus. Dunkel gekleidet und adrett wie immer. Äußerlich konnte Marla keine Blessuren mehr erkennen. Doch seine Körpersprache zeigte Trauer und Mitgefühl.
Der Captain hatte aus dem Frachtraum einen feierlichen und würdigen Ort für die Bestattung entstehen lassen. Die Lautsprecher spielten leise das ‚Air’ aus der Suite Nr. 3 für Orchester von Johann Sebastian Bach, aufgearbeitet vom krontenianischen Komponisten Marana val’ Pagaran. Dieser hatte es verstanden, aus einer vierminütigen Grundmelodie ein facettenreiches Musikstück mit vielschichtigen und anspruchsvollen Variationen zu erschaffen, was Bachs Meisterwerk weit über den Planeten Erde hinaus populär gemacht hatte. Für eine halbe Stunde hüllten die Klänge den umfunktionierten Lagerraum in teilweise melancholische und traurige, in Abschnitten auch beschwingte und fröhliche Töne.
,So viele Besatzungsmitglieder sind gekommen, um sich zu verabschieden‘, dachte Marla und sie erschauderte. Ihre Blicke schweiften
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