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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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ich sie:
    »Sag, was zum Teufel findest du eigentlich an mir?«
    »Was?« Sie musste nachdenken, denn sie war müde.
    »Ihr Kopf riecht so angenehm.«
    Danke. So viel haben wir in diesem halben Jahr von der Liebe gesprochen.
    Ich weiß jetzt auch wieder, wie die Sache zu Ende ging. Nun weiß ich es. Eines Nachmittags stand sie auf und sagte:
    »Hören Sie, mir macht seit letzter Woche ein reicher Grundbesitzer den Hof. Jede Nacht sitzt er bei mir und gibt mir dann hundert Kronen.«
    »Bravo!«
    »Der würde mit mir nach Wien fahren, und danach nähme er mich mit auf sein Gut. Was sagen Sie, soll ich das machen?«
    »Natürlich, du Dummchen.«
    So ging es zu Ende mit uns. Das letzte Couplet, das sie verträumt beim Frisieren vor meinem Spiegel summte, fing so an:

    Wie geht es, Onkel Sami?
    Ja gut, gut, gut …

    Am nächsten Tag kam ich wieder erst gegen Morgen heim, hatte die Nacht am Kartentisch verbracht, das gehörte, wie du weißt, in jener Zeit dazu. Ich legte mich hin, begann noch etwas zu lesen. Wusste nicht, dass Summ-Summ nicht mehr kommen würde, denn Adieu gesagt hatte sie nicht. Ich knipste das Licht aus, fand aber überhaupt keinen Schlaf, obwohl ich schon in der Droschke die Augen kaum noch hatte offen halten können und ständig eingenickt war. So lag ich im abgedunkelten Zimmer auf dem Rücken, wie ich es gewohnt war. Doch ich dachte nicht an Summ-Summ, mir gingen mein letztes Blatt durch den Kopf und natürlich der nötig gewordene Vorschuss für den kommenden Tag. Auch macht einen das endlos lange Sitzen und Spielen so kaputt. Und schlafen geht dann nicht, ich lagere den Kopf mal nach rechts, mal nach links. Verdammt, was ist mit dir? Quälte mich so lange, bis ich merkte, dass ich irgendwie so oberflächlich leicht, zu leicht atmete, ich spürte Summ-Summs Kopf nicht auf der Brust. Das war’s! Das fehlte mir. Was sollte ich tun? Ich stand auf, nicht wahr, und sah zufällig die ›Ungarische Volkskunst‹ von Malonyai auf dem Tisch liegen, diesen großen Prachtband, den ich mir vor ein paar Tagen ausgeliehen hatte. Ich stieg wieder ins Bett und legte mir das Buch auf die Brust. Lag schön ruhig und schlief ganz allmählich ein. Drei, vier Tage lang brauchte ich morgens diese Volkskunst auf der Brust. Dann versuchte ich es mit Tolstoi, genau genommen mit ›Krieg und Frieden‹, ebenfalls ein ansehnlicher Wälzer. Auch damit funktionierte es. Doch mir war, als wöge er erheblich mehr als sein eigentliches Gewicht. Möglicherweise trug doch die Abwesenheit von Summ-Summ dazu bei, dass ich diese Gewichtsdifferenz spürte. Genau weiß ich es nicht mehr. Doch weiß ich noch, dass es nach sieben, acht Tagen auch mit einem weniger schweren Buch funktionierte, es war der Band ›Insel der Pinguine‹, ich erinnere mich deshalb noch so genau an den Titel, weil ich immer, wenn mein Blick auf das Buch fiel, an Summ-Summ denken musste. Ja, und in der dritten Woche ruhte dann nur noch ›Himfys Liebe‹ über meinem Herzen, diese schlankere Ausgabe, die man auch in die Brusttasche stecken kann.
    (1943)

Schauerlich-schöne Erinnerung

    An diese Abenddämmerung erinnere ich mich, als sähe ich jenes stumme Blutvergießen des Himmels vor mir, auch entsinne ich mich einer Stimmung, die manche Lektüre bei mir hervorgerufen hat. Ebenso kann ich noch heute auf der Stelle denselben ungewöhnlichen Schmerz empfinden, der mich einstmals beim Musikhören erfasste, wenn ich mir nur den einen oder anderen Satz eines Musikstücks ins Gedächtnis rufe. Aber ich erinnere mich auch an so nebensächliche Dinge wie eine geglückte Übung am Reck bei einem Schüler-Turnfest oder an das langsame Herabsegeln eines herbstlich verfärbten Ahornblatts von seinem Ast, das ich seinerzeit entzückt beobachtet habe. Die Erinnerungen stellen sich bei mir ein, als wären sie Bilder, die sich beispielsweise ein betuchter Sammler zusammengekauft, an seine Wände gehängt hat und nach Belieben jederzeit betrachten kann. Unsere Erlebnisse werden zu Erinnerungen. Und was ist das Leben? Heute harsche Wirklichkeit, morgen schon platt gepresste Erinnerung. Mehr als die Hälfte unseres Lebens ist bereits Erinnerung. So wird das Leben zu lauter getrockneten und gepressten Blumen, platt gewordenen Blättern. Das Leben – Erinnerung.
    Viele Erinnerungen sind mir leider, leider verloren gegangen, Namen, Gesichter, Stimmungen dem Bewusstsein entglitten. Wir neigen eben sehr zum Vergessen, wollen uns der peinlichen und nutzlosen Erinnerungen

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