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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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Treffen mit dir wäre wohl ziemlich unpassend. Ich wage gerade noch, durchs Fenster in den Fond deines Wagens zu grüßen, stumm, und auch nur, wenn du mich zufällig wahrgenommen hast. Dann lächle ich so behutsam, wie es die Etikette beim Grüßen erlaubt. Auch du lächelst, und dann schaust du sogleich ernst und gnädig (oder wohlgeboren) über den Kopf des Chauffeurs hinweg, und ich weiß nicht, woran du denkst und wohin du dich gerade fahren lässt.
    Wie merkwürdig ist doch das Leben, seltsam. Wir haben jetzt nichts mehr miteinander zu schaffen. Nun, da du dich vermählt hast, bedeuten wir uns nichts mehr, weil die Zeit vorbei ist … du das Feenreich verlassen, dich schweren Herzens in die Welt der Menschen begeben hast.
    Wie war das eigentlich, welche Farbe hatte damals der Tag, war es unter herbstlichen oder Frühlingsbäumen, als ich meine flache Hand zum letzten Mal über deinen warmen Seidenrücken gleiten ließ, als du dich eng an meine Brust schmiegtest und wir zum letzten Mal die Augen schlossen, um mit unseren fest aufeinandergepressten Lippen den Küssen zu lauschen, den süßesten Lauten, die je eine Nachtigall sang? In welchem Jahr, zu welcher Stunde ist das gewesen? Und warum damals zum letzten Mal? Ja.
    Ja, du warst die Elfe, die Fee meiner Jugend. Du hast mein Herz aus Trübsal und Traurigkeit geholt und dein Hoheitszeichen, die Veilchenblüte der Liebe, darin eingepflanzt.
    Erinnerst du dich noch an Smurglitsch?
    Weißt du noch, wie sehr du dich anfangs geängstigt hast, als wir uns zum Küssen in eine Hauseinfahrt verkrochen haben? Mein Gott, wenn uns jemand sieht! Natürlich. Du trugst Verantwortung, warst Eigentum eines fremden Herrn und einer fremden Dame, die behaupteten, du seist ihre Tochter. Dabei haben wir gar nicht verstanden, nicht wahr, dass man sich unter freiem Himmel nicht küssen darf. Man überzieht die Welt mit Straßen, und auf den Gassen tummeln sich massenhaft Menschen, doch sie erlauben nicht, dass ich dich vor ihnen umarme und küsse. Sie würden uns umstellen, verlachen, ja sogar beschimpfen, schließlich gewaltsam trennen und nach einem Schutzmann rufen.
    Erinnerst du dich, wir haben einmal überlegt, wie schön diese Prachtstraße wäre, eigentlich jede Gasse, wenn wir einfach auf dem Trottoir stehen bleiben und uns vor aller Welt küssen könnten. Die Menschen sollten lächeln, uns Beifall klatschen, weil wir ihnen eine Lektion des Glücks vorführen, einen Hauch von Seligkeit vermitteln. Eigentlich müsste man uns mit Musik durch die Pester Gassen geleiten, aus den Fenstern, von den Balkonen Blumen auf uns streuen. Nicht wahr? Erinnerst du dich?
    Stattdessen muss ich zittern, dass uns jemand gesehen haben könnte, wenn wir uns an der Ecke treffen und mein nur halb geöffneter Mund dich kaum hörbar grüßt: Teuerste … und deinen Handschuh, den der meine nur für Sekunden drücken darf, bis meine fünf Finger sich blind und schnell an den deinen entlanggetastet haben, wie umgekehrt auch deine, und fühlen, ob sie auch wirklich noch alle da sind. Gottlob, sie sind es. Die Begegnung ist natürlich rein zufällig. Du gehst zur Gesangsstunde, und ich begleite dich. Schön für den ewig vor sich hin summenden Gesangslehrer, so hat auch er eine halbe Stunde Zeit sich auszuruhen, weil du immer diese halbe Stunde zu spät kommst. Von halb fünf bis fünf küssen wir uns in den Toreinfahrten, und von fünf bis halb sechs stehst du dann am Klavier und singst ihm mit vom Küssen tauben Lippen vor: o,o,o,o,o,o,o,o. Und dann wieder o,o,o,o,o,o,o,o. Und dann atmest du tief ein, und dein Blick verweilt am Fenster, erinnerst du dich, und wieder vermisst du die davongeflogenen Küsse: o,o,o,o,o,o,o,o … Weißt du’s noch?
    Widerlich und gemein ist das Pester Volk, das zwischen halb fünf und fünf aber auch ständig bei den Toreinfahrten rein- und rauslaufen muss. Aus unserer ersten müssen wir flüchten, weil einer alten Frau aufgefallen ist, dass wir uns in einer Ecke im Halbdunkel gegenüberstehen und gar nichts reden. Sie hielt einfach auf der Treppe inne und glotzte zu uns herunter.
    »Kommen Sie …, wir gehen hier weg, warten nicht, bis der Alten das Spähen zu langweilig wird! Schauen wir beim nächsten Hauseingang. Ich schlage vor, hier hineinzugehen.«
    »Nein, da ist es zu hell.«
    Im dritten Eingang herrschte geschäftiges Kommen und Gehen. Da waren allerlei Büros. Oh, wir kannten uns aus in diesen Häusern! In der vierten Toreinfahrt trafen wir es am besten. Ein

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