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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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daheim anfangen sollte.«
    Sie führte mich am Ufer entlang. Blieb dann vor einem kleinen Bootssteg stehen. Von der kurzen Brücke führten vier Stufen zum Wasser hinunter.
    »Kommen Sie«, sagte sie, »setzen wir uns auf die Stufen. Ich sitze hier so gern. Es ist schön, dem gleichmäßigen Geplätscher zu lauschen.«
    Wir setzten uns. Die Wellen leckten im Takt an der Uferbegrenzung, die festgemachten Ruderboote schaukelten ruhig hin und her, als begleiteten sie ein leises Schlaflied; ganz nah am Steg begann das Schilf, aus dem das schmachtende, geheimnisvolle Quaken der Frösche herübertönte.
    Das Mädchen umfasste ihre Knie, hob den Kopf und sah in die Ferne, zum anderen Ufer hinüber, nach Földvár. Ich wartete, dass sie etwas sagte. Es ist schwierig, mit einem Mädchen, mit dem man eigentlich nichts zu schaffen hat, so zu sitzen und zu schweigen. Ich sollte ein Gespräch anfangen.
    »Armer Ákos. Schade, dass er schon wieder abfahren musste.« Schweigen. Also sagte ich noch einmal:
    »Ein liebenswerter und sympathischer Bursche, dieser Ákos. Ein wertvoller Mensch. Ich mag ihn sehr gern.«
    Sie schwieg noch eine weitere Drittelminute; dann sagte sie, ohne den Kopf auch nur ein wenig zu bewegen:
    »Ich liebe ihn nicht.«
    Mir stockte der Atem. Ich wandte mich ihr zu. Das Mädchen sah mit starrem Blick zum jenseitigen Ufer hinüber, dort blinkten zögerlich wie kleine Sterne die Lichter von Földvár. Noch einmal sagte das Mädchen, diesmal mit kräftigerer Stimme:
    »Ich liebe Ákos nicht. Werde ihn heiraten, aber das ist etwas anderes. Ich bin nicht verliebt in ihn. Bin es nicht. Nein, nein, nein!«
    Das dritte Nein hat sie mit dieser zitternden Stimme so laut geschrien, als wollte sie es Földvár auf der anderen Seite des Sees kundtun und auch noch die Dörfer hinter Földvár wissen lassen.
    Ich riss den Kopf hoch. Niemand konnte uns sehen, das ganze Ufer war menschenleer.
    Mir stand der Mund offen, doch brachte ich keinen Laut heraus, musste mich zusammennehmen.
    Das Mädchen legte den Kopf in den Nacken und schaute zum Himmel hinauf:
    »Ein wunderschöner Abend!«
    Und sie seufzte tief, überwältigt von dem Anblick oder vielleicht auch vom Schmerz?
    Im nächsten Augenblick leuchtete das Gesicht des Mädchens auf. Und auch der Himmel, der See. Es blitzte, ihr Gesicht lächelte. Selbst das weiße Seidenband, das ihr Haar an die Stirn presste, lächelte. Das Mädchen ging den ganzen Tag mit diesem Seidenband im Haar, wie man es beim Tennisspielen trägt.
    Sie tat, als hätte sie das Wetterleuchten gar nicht wahrgenommen. Möglicherweise sah sie ihr eigenes Leuchten oben am Himmel, den der Blitz erhellte.
    »Gott!«, sagte das Mädchen und schloss die Augen. Und mit geschlossenen Augen, nach dem so leidenschaftlich gehauchten Gott, sagte sie wieder so leise, dass ich es kaum verstehen konnte:
    »Und wen lieben Sie?«
    Dann noch einmal, etwas gedämpft, aber fast zornig:
    »Sagen Sie doch, wen lieben Sie!«
    Weil ich ihr Gesicht beobachtete, registrierte ich gar nicht, wie sich ihre Hand auf die meine legte, die an meinem rechten Schenkel ruhte. Ich spürte nur diese feine, zarte Wärme und wie meine Hand, mein Knie und auch meine Schulter zitterten.
    Das Mädchen rückte ganz nah, legte die Stirn an meine Schulter und presste ihr Gesicht dagegen. Dann hob sie mit geschlossenen Augen den Kopf zu mir und flüsterte mit ersterbender Stimme:
    »Sagen Sie …«
    Was tut ein Mann von fünfundzwanzig in einem solchen Augenblick? An einem lauen Juliabend, allein mit einem so begehrenswerten Geschöpf, wenn ihm ihre vibrierenden Finger über den Handrücken streichen, sie ihm ihre Sehnsucht ins Ohr stöhnt und ihre Hitze ins Gesicht haucht, ihn den betörenden Duft ihres Nackens, ihres Haars atmen lässt?
    Ja, die glühend heiße Betäubung hatte meine Sinne schon erfasst, Hände und Kopf rührten sich bereits, um dieses Mädchen an mich zu reißen, es zu küssen und …
    »Ach!«, schrie da das Mädchen auf. Gleißende Helligkeit beleuchtete unsere Gesichter, die Kleider, das schwarz schimmernde Wasser, den Sternenhimmel. Es hatte geblitzt. Dieser Blitz fuhr im Zickzack über den See. Und etwa fünfzehn Sekunden lang konnte man nichts sehen, nur gleißendes Licht.
    Das Mädchen riss den Kopf von meiner Schulter, auch ich reckte mich im Sitzen hoch.
    Aus dem strahlenden Sommerabend war eine zwielichtige Dämmerung geworden, als das überraschend starke blendende Licht erlosch. Ihre Hand lag noch auf der meinen. Ich

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