Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
meiner Rolle in der Gesellschaft schulde, von dem Aufwand einmal abgesehen. Mich wird noch nie jemand beobachtet haben, wie ich auf dem Vörösmarty-Platz dem Schwabenbuben ein Sträußchen abkaufe, um den süßen Duft der Veilchen zu genießen, und keine Rede davon, dass ich mir im Speisewagen ein Fläschchen Wein gegönnt hätte, denn dort wird er doppelt so teuer verkauft wie im Wirtshaus und drei Mal teurer als in der Weinhandlung. Ich darf nicht so leichtsinnig sein wie ein Armer, für mich bedeuten diese sechs Pengő so viel, als würde man aus der Mauer eines Gebäudes einen Ziegel herausbrechen. In deinen Augen, bester Kamerad, ist das vielleicht verabscheuungswürdiger Geiz, und gewiss müsste ich auch dann nicht im Armenhaus landen, wenn ich statt des Dreizehntelliter-Fläschchens Riesling im Speisewagen jede Nacht im Separee sechs Flaschen französischen Champagner servieren ließe. Doch für dergleichen Lumpereien bin ich auch schon etwas zu alt; außerdem waren Bescheidenheit und Sparsamkeit während meiner ganzen Laufbahn stets meine hehren Prinzipien, für mich wäre es geradezu eine Todsünde, mein Geld für etwas so Nutzloses wie dieses Gesöff zu verschwenden. Auch das wirst du, wie ich hoffe, verstehen. Du siehst, wie sehr ich mich jetzt dir gegenüber entblößt habe, doch unter Freunden … Und ich will dir auch nicht verheimlichen, dass ich vorhin im Lift einen kleinen, schwachen Stich im Herzen verspürt habe. Mir ist unsere gemeinsame Knabenzeit eingefallen, schließlich war ich damals genauso ein kleiner Habenichts wie du, und ich verstehe, dass du jetzt etwas von mir willst. Und dass es sich vielleicht doch schicken würde, dir ein wenig unter die Arme zu greifen. Aber nein, mein Sohn, ich gebe nichts; ich verspürte sie auch nicht zum ersten Mal, diese Herzensregung. Doch man muss widerstehen können, darf sich nicht von Gefühlen überwältigen lassen, und zum Glück ist mir das bis jetzt auch immer gelungen. Gott sei’s gedankt. Auch der frömmste Diener Gottes hat gelegentlich mit der Versuchung zu kämpfen. Ich gebe nichts, darf gar nichts geben. Hör mir noch einen Augenblick zu, mein Lieber, das folgende Motiv ist das zwingendste: Ich kann dir kein Geld geben, kann es vor allem aus einem moralischen Grund nicht tun. Konkret gesagt, aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit. Wenn dir jetzt vielleicht nach einem Lächeln zumute ist, solltest du besser nur hüsteln, um das Lächeln zu unterdrücken. Eben, mein Freund. Also, gesetzt den Fall, du bekämst ohne Gegenleistung Geld von mir, was würden deine hart arbeitenden Schicksalsgenossen dazu sagen? Was der schneeschaufelnde Hilfsarbeiter auf der Straße, dem die Finger steif frieren; was der Zeitungskolporteur, der sich die Stimmbänder heiser schreit, oder der Steine klopfende Straßenarbeiter, der auf dem regennassen Boden schläft und den sein Rheuma zum Krüppel macht? Du meinst vielleicht, sie würden von meiner Gefälligkeit nichts erfahren. Doch ich, mein Bester, ich kann mein Gewissen nicht einschläfern. Nie habe ich den Spatzen die Krümel meiner Frühstückssemmel hingestreut. Dem Spatz spendet schließlich die Vorsehung den Wurm, den Schmetterling. Er soll sich damit zufriedengeben. Ich bin nicht dazu da, seine Gefräßigkeit zu nähren und ihm einen, sagen wir, höheren Lebensstandard zu sichern, auf den der Spatz ja keinerlei Anspruch hat. Ach, mein lieber Freund, wenn ihr wüsstet. Das Hab und Gut, der Besitz, das Geld, ja, das ist unsere Welt, und sie bedeutet den Fortbestand der Menschheit: Ihr aber seid die Feuersbrunst, seid das Erdbeben, der feuerspeiende Vulkan, du und deinesgleichen, ihr würdet die Welt vernichten, wenn der Schöpfer sie euch anvertraut hätte. Zum Glück hat er das nicht getan. Bewundert uns und betet für uns. Welche Verantwortung tragen wir, was für eine Last nehmen wir auf unsere Schultern, ein lebenslanges Zittern für euch alle ist unser Schicksal. Wir sind eure Märtyrer und eure Erlöser. Nicht zu unserem persönlichen Wohl haben wir das Geld in unseren Taschen. Das habe ich dir nun wohl ausreichend klargemacht. Zu allen Zeiten gab es die Multimillionäre, die im ungeheizten Schlafzimmer schlafen und sich zum Abendessen mit Kürbiskernen begnügen. Sie sind unsere Ordensbrüder im Dienst am Geld. Diesem heiligen Sakrament muss man die Ehre geben. Ich, mein Sohn, bin nur ein ganz gewöhnlicher Kämpfer dieser, sagen wir, Heilsarmee. So viel wie ein Grashalm, eine Ameise. Bin nichts als ein
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