Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
erwärmen können.«
Aus seiner Scheu und Schüchternheit hat der Engländer längst einen Sport gemacht. Er ist der Meinung, dass jeder anständige Mensch schüchtern und zurückhaltend sein sollte. Ein leichtes Stottern gilt als Zeichen der Wohlerzogenheit. Es ziemt sich nicht, etwas ganz genau zu wissen und mit Entschiedenheit zu behaupten. Deshalb gibt es im englischen Sprachgebrauch ja so viele abschwächende Wendungen wie
: I should think, I suppose, I am afraid, sort of, in a way, somehow.
Am Anfang fast jedes Satzes steht
I think
.
Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass wir Ungarn beispielsweise immer ein bisschen mehr behaupten als die Wahrheit, der Engländer aber etwas weniger. Der Ungar sagt zur Dame seines Herzens: Ich bete dich an – anders der Brite:
I rather like you
. Das ist die in England übliche Liebeserklärung.
Wir bezeichnen unsere Hundehütte mit Zwischenwand als Villa, sie nennen ihr Schloss mit Park schlicht Landhaus. Unser Bötchen auf der Donau heißt Schiff, sie bezeichnen das seetüchtige Schiff, mit dem sie den Ärmelkanal überqueren, als Boot. Ein bemerkenswerter Unterschied.
Natürlich, das alles ist Geschmackssache. Doch
I think
, auch mir steht nun ein wenig englische Schweigsamkeit wohl an.
(1938)
Der Sonnenkönig
Zum dreihundertsten Mal jährt sich in diesem Herbst der Tag, an dem Ludwig XIV., der Sonnenkönig, das Licht der Welt erblickte. Seine Gestalt hat in unserer Vorstellung schärfere Konturen als die der meisten anderen bedeutenden Herrscher. Fällt sein Name, so denken wir unwillkürlich an die riesigen Parks mit in Form gestutzten Bäumen, weißen Götterfiguren, an galante Höflinge und Hofdamen, an Etikette und Perücken. Zudem war Ludwig, wie man weiß, sehr empfänglich für schöne Frauen. Mit seiner Person verbinden die meisten Menschen fälschlicherweise auch die berüchtigte Madame Pompadour, sogar einem seriösen Journalisten ist es dieser Tage passiert, dass er in seinem Artikel für eine große Tageszeitung die Pompadour zur Favoritin Ludwigs XIV. gemacht hat. Dabei war sie die Mätresse Ludwigs XV. Die Tragik Ludwigs XIV. liegt nicht zuletzt darin, dass ihn die Nachwelt häufig mit dem frivolen Müßiggänger Ludwig XV. in einen Topf wirft.
Überhaupt geht die Nachwelt mit Ludwig XIV. im Allgemeinen nicht sehr gerecht um, auch die Geschichtsschreibung lässt ihm keine Gerechtigkeit widerfahren und noch weniger die auf beinahe fanatische Weise republikanisch gesinnten französischen Historiker; ich kenne kein anderes Beispiel dafür, dass eine Nation so pietätlos mit einer ihrer glorreichsten Persönlichkeiten umgeht. Die Franzosen unserer Tage sind bestrebt, diesen Fehler wiedergutzumachen. Allmählich erkennen sie, dass Ludwig XIV. die glanzvollste Figur ihrer Geschichte, ja einer der größten Herrscher der Welt gewesen ist.
Ludwig XIV. hat nämlich sein Amt, oder das Metier des Königs, wie er es nannte, wichtiger genommen als all seine Vorfahren. Schon in der Kindheit, als er immer wieder das Wort von den französischen
rois fainéants
, den gekrönten Faulpelzen, hören musste, schwor er sich, nicht so zu werden wie diese. Seit er selbst König war, arbeitete er unermüdlich. Zweimal täglich hielt er Ministerrat, in allen wichtigen Angelegenheiten entschied er persönlich, er war der erste Beamte des Landes. Ihm stand auch nicht, wie seinem Vater Ludwig XIII. in der Person des berühmten Kardinals Richelieu, ein allmächtiger Minister zur Seite. Er verabscheute es, sich von jemandem lenken zu lassen, galt als ein Fanatiker der selbstständigen Entscheidungen; vielmehr war er sein eigener Ministerpräsident und lud sich die ungeheure Arbeitslast, die damit verbunden war, selbst auf. Dieser König fühlte sich in höchstem Maße und mit religiöser Inbrunst für das Schicksal Frankreichs verantwortlich. Wenn er wirklich gesagt hätte (vermutlich hat er es nie gesagt): »L’état c’est moi«, dann wäre dies aus seinem Mund vermutlich so zu verstehen gewesen, dass er mit Haut und Haar dem Staat gehörte, nicht umgekehrt. Das Folgende aber hat er in der Tat gemeint und damit die Wahrheit gesagt: »Je suis seul à aimer l’État«, ich allein liebe den Staat. Denn die kleinen Leute dachten an ihren eigenen Nutzen; Liebe zur Heimat und Gemeinsinn waren zu jener Zeit noch nicht sehr ausgeprägt. Auftrag und Schicksal des Königs aber war es, die Belange des Staates, also Frankreichs, über alles zu stellen.
Im Allgemeinen gehen wir davon
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